Nick lässt sich alle Erpressungen von seinem Boss gefallen, weil eine Beförderung ansteht. Dale muss sich von seinem weiblichen Boss alle sexuellen Übergriffe gefallen lassen, weil er selbst aus Versehen auf die Liste von Sexualstraftätern kam, und somit eine Klage sehr wirkungslos wäre. Dale hingegen liebt seinen Chef, und er liebt seinen Job genauso wie seine Firma. Bis der Chef stirbt und dessen Sohn die Firma übernimmt, nur um sie so schnell wie möglich zu veräußern.
Es kommt, was kommen muss, und die Geschichte erinnert gleich an „Der Fremde im Zug“. Und weil es mit „Schmeiß die Mama aus dem Zug“ schon eine lustige Variante des Plots gab, schien man die Zahl der zu einem Mord bereiten Geplagten von zwei auf drei erhöht zu haben. Aber weit gefehlt hat, wer tatsächlich glaubt, dass Markowitz, Daley und Goldstein als Autoren einen platten Verschnitt des „Fremden im Zug“ geschrieben haben. Denn „Kill the Boss“ entpuppt sich wider Erwarten als sehr eigen- und bodenständige Lachnummer, die in Seth Gordon den perfekten Regisseur gefunden hat.
Im Sommer der „vulgären Komödien“, der bei uns erst im Oktober mit „Wie ausgewechselt“ ein Ende haben wird, hat „Kill the Boss“ gegenüber „Bad Teacher“, „Brautalarm“, Hangover II“ und „Paul“ etwas ganz Besonderes zu bieten. Dies hier ist ein durchweg lustiger Film, der genauso durchweg sein Niveau hält und ebenso durchweg kurzweilig inszeniert ist. Dass im Tempo und in der Geschichte alles auf den Punkt stimmt, ist natürlich keine Selbstverständlichkeit. Gerade die rein auf das schlüpfrige Überraschungsmoment ausgerichteten Komödien vernachlässigen gerne einmal gewisse Aspekte der Erzählung zu Gunsten des Effekts. Hier wird der geneigte Zuschauer eine Überraschung erleben, weil bei „Kill the Boss“ in erster Linie der Charakter zählt und dazu jede Figur bis ins kleinste Detail perfekt geschrieben ist. Die Charaktere erdrücken aber nicht die Geschichte und den temporeichen Fluss der Erzählung, sondern verweben sich erfrischend stimmig mit der Handlung.
Dass diese Figuren aber auch so perfekt funktionieren, ist natürlich einem Ensemble zu verdanken, das den Eindruck erweckt, die Rollen wären den Schauspielern speziell auf den Leib geschrieben. Keiner der Darsteller bedient im Spiel irgendwelche Klischees. Trotz der fortlaufenden Lacher ist dies auch sehr spannend zu verfolgen, weil bestimmte Aktionen und Reaktionen schließlich doch unerwartet geschehen. Ohne jemanden voranstellen zu können, muss man den Darstellern einhellig zu diesem Vergnügen der besonderen Art gratulieren. Nun, vielleicht sollte man Jennifer Aniston gesondert erwähnen. Denn nach diesem Film wird es schwer fallen, sie noch in romantischen Komödien sehen zu wollen. Sehr schwer. Bei ihrer gegen das eigene Image gebürsteten Figur wird manchem die Kinnlade offen stehen bleiben.
Zumindest in diesem Jahr ist „Kill the Boss“ das stimmigste Stück Kino, das seinem Ton und seiner Prämisse von der ersten bis zur letzten Minute treu bleibt, und von Seth Gordon herausragend inszeniert wurde. Und es ist zugleich das überraschendste Stück, weil es tatsächlich noch etwas Neues zu zeigen und zu erzählen gibt, in einem Genre, das man oft als ausgebrannt bezeichnen möchte, wenn man andere Beispiele in dieser Kategorie sieht. Nur die deutsche Abteilung von Warner Bros. sollte man in den Arsch treten, bis der Stiefel darin verschwindet, für diese grandiose Übersetzung des Titels „Horrible Bosses“.
Darsteller: Jason Bateman, Charlie Day, Jason Sudeikis, Jennifer Aniston, Colin Farrell, Kevin Spacey, Jamie Foxx und Donald Sutherland
Regie: Seth Gordon – Drehbuch: Michael Markowitz, John Francis Daley, Jonathan Goldstein – Kamera: David Hennings – Bildschnitt: Peter Teschner – Musik: Christopher Lennertz
USA / 2011 – zirka 98 Minuten