FFF20: DANIEL ISN’T REAL (Der Killer In Mir)

Daniel isnt real 2 - Copyright ASCOT ELITE - SAMUEL GOLDWYN FilmsFFF20-klein, Copyright ROSEBUD ENTERTAINMENTDANIEL ISN’T REAL
– DVD / Blu-ray 20.10.2020

Man kann Adam Egypt Mortimers zweiten Langfilm durchaus als kurzweiligen Zeitvertreib ansehen. Spannung, Horror, Gänsehaut, Psychothriller. Soviel kann da niemand falsch machen, wo doch das Kino nur mit Vorbildern so prall gefüllt ist. Und die Ausgangssituation ist hinlänglich bekannt und bietet immer Ansätze, das Thema zu variieren und neue Facetten zu kreieren. Es gibt einen Moment, da wird es dem kleinen Luke einfach zu viel. Zuhause prügelt der Vater die Mutter, und dann liegt da eine durch Schusswunden mit Blut überströmte Leiche an der Straße. Da kommt der gleichaltrige Daniel gerade recht. Doch Daniels Einfluss auf den labilen Luke ist nicht der gesündeste, und endet in einer beinahe Katastrophe. Da nötigt Mutter Claire den einsamen Jungen, seinen imaginären Freund Daniel für alle Zeit in ein Puppenhaus zu sperren.

Das ist sicherlich nicht das neueste Motiv das sich da Mortimer und sein Co-Autor Brian DeLeeuw mit dem Puppenhaus ausgedacht haben. Aber darüber kann man hinweg sehen. Wichtig ist nur die Gewissheit, das die von Claire angedachte Ewigkeit nur bis zu einem gewissen Alter von Luke anhalten wird. Und auch da wird es nicht überraschen, dass dies in einem Film für Jugendliche auch das Alter für den Protagonisten sein wird, bis sich Daniel wieder ins schizophrene Spiel bringt. Die Zeit zum Erwachsenwerden. Und wenn man sich Stück für Stück an der Handlung von DANIEL ISN’T REAL abarbeitet, wird es mit den ewig gleichen Versatzstücken auch weitergehen.

Irgendwo müssen mit Mortimer und DeLeeuw die Synapsen durchgegangen sein. Man erkennt an pulsierenden Ader des Films, aus welcher Ecke die Vorbilder kommen. Natürlich ist förmlich danach schreiend FIGHT CLUB das hervorstechendste Beispiel. Ein bisschen gepaart mit dem unfreiwilligen Serienmörder MISTER BROOKS, oder den traumatischen Entwicklungen aus COME TO DADDY. Und natürlich der Schizo-Klassiker für Spätpubertierende, DONNY DARKO. Allesamt herausragende Filme, von denen sich jeder aufstrebende Filmemacher wünscht, dass er sie gedreht hätte. So verwundern hier die Ansätze natürlich nicht, aber wie Mortimer das alles zusammensetzt, ist es einfach nicht originell. Viel schlimmer allerdings, dass DANIEL ISN’T REAL sich auch überhaupt nicht inspiriert ausnimmt.

Vereinzelt kann DANIEL immer wieder einmal die Nerven kitzeln. Da zuckt man durchaus verängstigt, oder ist versucht an die Fingernägeln zu kauen. Aber auch dem wird man mit der Zeit überdrüssig. Die stärkste Szene ist gleich die Erste, da bleibt einem vor Überraschung tatsächlich der Mund offen, und fürchtet sogar ein klein wenig, was bei so einem Auftakt folgen mag. Es folgt viel was man bemängeln muss, aber nicht müsste. Allein die Musikuntermalung wechselt ständig ihren Stil, was eine einheitliche Atmosphäre zunichte macht. Am Ende geht Clarks Musik in Chorale Klänge über als müssten die Figuren in sakrale Höhen gehoben werden.

Zu diesem Zeitpunkt ist dann mit seinen verzerrten Visionen und verschobenen Bildausschnitten auch Adrian Lynes JACOB’S LADDER im Kanon angekommen. Da ist man aber längst damit überfordert heraus zu finden, was Daniel eigentlich ist. Denn die Inszenierung wechselt immer wieder seine Personifizierung, wie es den Spannungsmomenten am ehesten Recht ist. Eigentlich zweite Hälfte einer gespaltenen Persönlichkeit, dann wieder eigenständiger Dämon. Manchmal unterliegt er Lukes geistiger Kontrolle, oder zeigt sich als losgelöste Inkarnation. Mal Trugbild, mal reale Gestalt. Das bringt die atmosphärische Spannung immer wieder ins Wanken.

Was auf alle Fälle überspringt, dass ist die Spielfreude der Jungdarsteller Robbins und Schwarzenegger. Ja, Miles und Patrick sind die Söhne derer, dessen bekannte Namen sie tragen. Doch als ernst zu nehmende Schauspieler haben sie noch einen langen Weg zu gehen. Das große Aber muss folgen, denn im Rahmen ihrer ihnen gegebenen Möglichkeiten leisten sie für den Unterhaltungswert von DANIEL ISN’T REAL weit mehr als es Regisseur und Autoren vermögen. Fast schon liebenswert, wie sich Patrick Schwarzenegger mit ungebrochenen Selbstvertrauen an Brad Pitts FIGHT CLUB Tyler Durden abmüht. Aber auch das macht einen gewissen Charme aus, der den Film nicht rettet, dafür aber den Unterhaltungswert steigert. Die Horrorelemente, welche hauptsächlich auf der Interkation der beiden Hauptfiguren beruhen, schwanken unausgegoren zwischen Thriller, Drama und Psychogram. Es macht die Figuren absolut unberechenbar, damit nicht greifbar, und verspielt jede notwendige Identifikation für den Zuschauer.

Vollgestopft mit Metaphern die nicht funktionieren, oder vielleicht auch gar keine sein wollen, schleppt sich der Film von einem Setting zum nächsten ohne kohärente Struktur. Als netter Zeitvertreib für einen anspruchslosen Kinoabend ist DANIEL ISN’T REAL durchaus unterhaltsam genug. Viele gute Ansätze lassen ja auch erkennen, dass sich hinter dieser Erzählung einiges mehr verborgen hält. Die Macher haben nur nicht viel damit anfangen können. So kann man sich gruseln, die Spannungsmomente genießen, und des Öfteren auch mal die Verabredung schützend in den Arm nehmen. Und wenn man sich selbst davon überzeugt hat, gut unterhalten worden zu sein, geht man zur Tagesordnung über.

Daniel isnt real 1 - Copyright ASCOT ELITE - SAMUEL GOLDWYN Films

 

Darsteller: Miles Robbins, Patrick Schwarzenegger, Sasah Lane, Mary Stuart Masterson, Chukwudi Iwuji, Peter McRobbie, Hannah Marks, Andrew Bridges u.a.
Regie: Adam Egypt Mortimer
Drehbuch: Adam Egypt Mortimer, Brian DeLeeuw
Kamera: Lyle Vincent
Bildschnitt: Brett W. Bachman
Musik: Clark
Produktionsdesign: Kaet McAnneny
USA  / 2019
100 Minuten

Bildrechte: ASCOT ELITE / SAMUEL GOLDWYN FILMS
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar