YUMMY
– Fantasy Filmfest 11.07. 2020
– Bundesstart 23.07.2020
Ständig von der Männerwelt wegen ihrer ausladenden Oberweite belästigt, will sich die junge Alison in einer Schönheitsklinik irgendwo in Osteuropa ihre Brüste verkleinern lassen. Wenn die Ausgangssituation die immensen sekundären Geschlechtsmerkmale der Frau sind, bei einem Film, der eine Zombie-Komödie sein will, dann erwartet man zu Recht, das besagten Objekte der männlichen Begierde gerade im Showdown eine ‚gewichtige‘ Rolle einnehmen sollten. Und das tun sie eben nicht. Das ist natürlich viel gespoilert, aber genau diese Ignoranz gegenüber des eigentlich unabdingbaren Elementes, spiegelt das komplette Dilemma von YUMMY wieder. Auch wenn er der erste große belgische Zombiefilm ist, macht ihn das nicht unbedingt zu einem guten Film. Und unter einer Komödie, verstehen viele Menschen auch etwas anderes.
Schon kurz nach der Ankunft in der dubiosen Klinik, mehren sie die Merkwürdigkeiten. Hygienestandards scheint es nicht zu geben, niemand verhält sich wie professionelles Klinikpersonal, und Alisons Freund Michael findet in einem verlassenen Trakt ein sehr beißwütiges Frau, die er besser nicht befreit hätte. Was nun folgt, erfordert kein großes Rätselraten. Nur viel seltsamer wie die Klinik selbst, verhalten sich von da an alle Patienten, Schwestern und Ärzte. Die Zahl der Zombies steigt rasant an, so wie die Dummheit der Gejagten. YUMMY will unbedingt auch Komödie sein, und so benehmen sich alle noch Lebenden als wären sie noch im Schulalter. Anstatt einfach ins Freie zu gehen, weil eigentlich unbehelligt, rennt man planlos durch die nie enden wollenden Gänge der Klinik. Bei jeder Gelegenheit verursachen komisch gemeinte Slapstick Einlagen immer mehr Untote, bis nur noch eine Handvoll Menschen weiter und weiter durch die weitverzweigten Flure rennt, damit sie sich von einer Gefahrensituation in die nächste bringen können.
Die Kalauer wirken abgestanden und alt, man kann auch nie abschätzen ob der Humor gewollt oder unbeabsichtigt ist. Das liegt aber in erster Linie durchweg an dem gesamten Ensemble, das sich durch jede Szene spielt, als wären es halbherzig geprobte Schulaufführungen. Kameramann Daan Nieuwenhuijs hat versucht einen eigenen Stil zu finden, der leider nur darin besteht, wirklich jedes Setting mit Blau oder/und Orange auszuleuchten. Und Regisseur Lars Damoiseaux steht mittendrin und findet keinen wirklichen Rhythmus. Sind die Zombies erst einmal auf den Weg gebracht, hangelt sich der Film von einer Situation in die nächste, routiniert immer wiederholend. Eine Steigerung im Splatter-Gehalt ist genauso wenig auszumachen, wie ein ansteigen der Spannungskurve. Selbst wenn YUMMY in der zweiten Hälfte dem vermeintlichen Humor fast vollkommen abschwört, und leider vergeblich versucht richtiges Thriller-Kino zu sein.
Natürlich gibt es auch den ein oder anderen Witz der wirklich ankommt. Da ist der in Formaldehyd eingelegte Lurch, der wegen ein paar infizierten Blutstropfen wieder aktiv wird. Oder die groteske Situation mit dem Resultat einer Penisvergrößerung. Gerade bei der stößt der Film an seine geschmacklichen Grenzen, die leider nur allzu deutlich macht, dass den Machern nur der Mut fehlte, wirklich provokant und originell zu sein. Auch der absurde Mix an Sprache zeigt einiges an Potential. Die verschiedenen Protagonisten sprechen unsynchronisiert in niederländisch, englisch und einer extra für den Film erfundenen Sprache, welche diversen osteuropäische Sprachen nachempfunden ist.
Dafür werden sich die Splatter- und Gorehounds richtig freuen. Das blutige Spektakel ist immens, und verwöhnt den Horrorfreund mit exzellenten handgefertigten Effekten. Aber so mächtig und auch brillant sich die Trickspezialisten ins Gekröse legen, die von Anfang an hochtourige Inszenierung fordert schon heraus, dass man sich schnell satt gesehen hat. Wirkliche Überraschungen oder Übersteigerungen bleiben im weiteren Verlauf aus. Grundsätzlich kann man YUMMY seinen Unterhaltungswert nicht absprechen, nicht in seinem sich selbst gesetzten Rahmen. Aber es gibt weit spannendere Zombiefilme, und es gibt viel bessere Zombiekomödien. Bleibt die Frage offen, was Alisons Oberweite noch originelles dazu beigetragen hätte.
Darsteller: Maaike Neuville, Bart Hollanders, Benjamin Ramon, Clara Cleymans, Annick Christiaens, Eric Godon, Joshua Rubin u.a.
Regie: Lars Damoiseaux
Drehbuch: Lars Damoiseaux, Eveline Hagenbeek
Kamera: Daan Nieuwenhuijs
Bildschnitt: Pieter Smet
Musik: Nico Renson
Produktionsdesign: Silke De Rycke
Belgien / 2019
88 Minuten