THE GENTLEMEN

Gentlemen 1, Copyright LEONINE DistributionTHE GENTLEMEN – Bundesstart 27.02.2020

Darauf hat man einige Zeit warten müssen. Guy Ritchie meldet sich in seinem ganz persönlichen Terrain zurück. Nach drei wirklich mittelmäßigen Filmen, CODENAME U.N.C.L.E, KING ARTHUR und ALADDIN, beruft er sich wieder auf seine Kernkompetenz von konterkarierenden Dialogen, unscheinbar harten Männern und absurden Todesszenen. Alles gepaart mit grandiosen Schnittfolgen und einer erzählenden Kamera, welche die jeweilige Situation noch einmal um eine Ebene erweitert. Diese Stilmittel zusammengefasst wurden schon des Öfteren mehr oder weniger erfolgreich kopiert, aber kaum auf diesem stimmungsvoll unterhaltsamen Niveau. Seine verschrobene Erzähltechnik für absonderlich verschachtelte Geschichten konnte Ritchie noch phantastisch auf die zwei Teile SHERLOCK HOLMES übertragen, und nach einer schöpferisch erfolglosen Ruhepause ist er in alter, und geliebter Form zurück.


Guy Ritchie ist nach dem desaströsen ALADDIN einfach einmal 150 Millionen Dollar zurückgetreten, und hat mit schlappen 22 Millionen einen kleinen feinen Gangsterfilm gemacht. Klein aber fein heißt bei THE GENTLEMEN, dass er schon in der ganz großen Gangsterwelt vererdet ist, aber sich in einem fast intimen Miteinander zwischen den Köpfen der einzelnen kriminellen Gruppen abspielt. Da ist Mickey, der sein riesiges Marihuana Imperium abstoßen möchte, mit gigantischen Plantagen, die so genial verborgen und überwacht sind, das Neider umgehend Schlange stehen. Der Coach trainiert ehemals kriminelle Jugendliche, der höhere Zweck dessen ist aber nicht zu durchschauen. Matthew ist hingegen der potentielle Käufer, scheint aber auch ganz andere Wege gehen zu wollen. Lord George hingegen ist offener Konkurrent mit unverhohlener Agenta gegenüber Mickey. Tom Wu als Lord George, mit seinen undurchsichtigen Lakaien, bildet die Gruppe des ganz bewusst als Quotenasiaten inszenierten verschlagenen Ausländers. Kaum ein Filmemacher wagt es und schafft es auch, so unverhohlen das Klischee zu bedienen ohne Anstoß zu erregen.

Dazwischen tummelt sich der verschlagene Fletcher im Dialog mit Mickeys rechter Hand Ray. Und hier webt sich der große Knackpunkt von THE GENTLEMEN ins Geflecht des ganz normalen Wahnsinns. Hugh Grant spielt diesen Fletcher, der sich großspurig und überlegen gibt, dabei vorgibt einer der ganz coolen und besonders raffinierten Typen zu sein. Das Problem ist nur, dass man Hugh Grant diese Rolle einfach nicht abkauft. Es hatte seinen Grund warum Grant stets als der charmante und zurückhaltende Schwiegermutter-Typ besetzt wurde. Und leider kann er sich auch mit dieser Rolle nicht daraus befreien. Von 115 Minuten bestreitet Grant immerhin 40 Drehbuchseiten an Text, und das ist gewaltig.

Gentlemen 2, Copyright LEONINE Distribution
Was über die Figur Fletcher hinweg hilft, ist seine signifikante Rolle in der komplexen Struktur der Erzählung. Und da hat sich der Autor Ritchie etwas Geniales einfallen lassen, das dennoch so einfach weil naheliegend ist. Geschichten erzählen ist nicht so schwer. Geschichten interessant und spannend erzählen zu lassen, über eine zweite Ebene hinweg die Handlung gewitzt zu erklären, dass ist eine hohe Kunst. Eine hohe Kunst, die einen für alle Schandtaten bereiten Cineasten schlichtweg erfreut. Vielleicht war es dringend notwendig, dass Guy Ritchie mit Disneys ALADDIN zumindest finanziell so gescheitert ist, die Qualität kann man dabei durchaus einfach außen vor lassen. So ein Ensemble bekommt man nicht durch einen dicken Gehaltscheck, geschweige denn für ein Gesamtbudget von 22 Millionen Dollar. Hier liegen Schenkelklopfer, hintersinnige Sprüche, Farce und Satire, Gewalt und Spannungsmomente so nahe beieinander, dass es einen fast schon schwindelig werden lässt. Filme dieser Art mögen nicht jedermanns Sache sein, das steht außer Frage, versprochen ist auf alle Fälle dass diese 115 Minuten sehr schnell vorbei gehen. Hierbei ist von extremer Kurzweil die Rede, und nicht dem Schlaf.

Als Referenz sollte man durchaus die Filme BUB DAME KÖNIG grAS oder SNATCH nehmen, um gewahr zu werden, auf was man sich im Ungefähren einlässt. Anderseits kann man als Kinogänger gerne mal auch einen neugierigen Blick darauf werfen. Ja, THE GENTLEMEN ist auch mit einem nicht unerheblichen Gewaltpotential bestückt. Aber es ist erstaunlich wie unblutig und ohne wirklich etwas zu sehen, die für dieses Genre unvermeidliche Brutalität inszeniert werden kann, ohne seine brutale Wirkung zu verfehlen. In Zeiten wo Blut und Gedärm schon bei herkömmlichen Fernsehserien zum guten Ton gehören, ist auch hier THE GENTLEMEN ein wirklich gutes Beispiel, wie effektiv eine durchdachte und essenzielle Inszenierung sein kann.

Gentlemen 3, Copyright LEONINE Distribution

Darsteller: Matthew McConaughey, Charlie Hunnam, Michelle Dockery, Colin Farrell, Eddie Marsan, Jeremy Strong, Hugh Grant Lyne Renee u.a.
Drehbuch & Regie: Guy Ritchie
Kamera: Alan Stewart
Bildschnitt: James Herbert
Musik: Christopher Benstead
Produktionsdesign: Gemma Jackson
USA / 2019
113 Minuten

Bildrechte: LEONINE Distribution
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