BLACK AND BLUE – Bundesstart 14.11.2019
Sie ist Anfängerin und noch voller Ideale. Mit der Bemerkung, sie wäre Blau, ist nicht ihr Zustand, sondern die Zugehörigkeit gemeint. Aber als Polizist hat man es selbst in seiner alten Nachbarschaft nicht einfach, nicht in diesem Teil von New Orleans, nicht einmal als Schwarze in einem Schwarzen Viertel. Als Alicia West auch noch erleben muss, wie eine Gruppe ihrer Kollegen den unbewaffneten Neffen des örtlichen Bandenoberhauptes regelrecht exekutieren, ist es vorbei mit der Hoffnung etwas bewirken zu können. Jetzt geht es die restlichen 90 Minuten nur noch darum, eine mörderische Hatz zu überleben. Was für Alicia als Cop selbst im eigenen Territorium unmöglich scheint. Regisseur Deon Taylor peitscht das Drehbuch von Peter Dowling förmlich über seine Distanz von wilden Schießereien, interkollegialem Verrat, tödlichen Fallen, Misstrauen und einem ausufernden Showdown.
Sehr viel mitreißende Action und einem Szenario wo alles erdenkliche schief geht, was noch so an den Haaren herbei gezogen schief gehen kann, ist auch alles, was Deon Taylor von Dowlings uninspirierter Geschichte übrig blieb. Es beginnt mit einer Szene aus dem Lehrbuch für Blaupausen. Eine junge Schwarze mit Kapuzenpulli wird beim joggen in einem Vorstadtviertel von einer Streife angehalten und schikaniert. Racial Profiling heißt das politisch korrekt, bevor die Situation eskaliert, kann sich Alicia als Polizistin ausweisen. Von den weißen Streifenbeamten gibt es keine Entschuldigung, sondern nur ein lapidares ’sie wisse ja wie das ist‘. Und damit ist der Ton gesetzt. Und so intensiv und schnell Taylor auch seinen vornehmlichen Action-Thriller inszeniert hat, umso peinlicher bemüht der Film tatsächlich auch jedes denkbare Klischee. Angefangen bei den hinlänglich bekannten Charakterzeichnungen, über zweckdienlich überraschende Wendungen, die absolut aufgesetzte Rassenproblematik, hin zu den absehbarsten Spannungsmomenten.
Dabei sind es nicht einmal die einzelnen abgedroschenen Versatzstücke selbst, sondern wie sie allesamt ineinandergreifen, und auf ungelenke Weise vorgeben, ein großes komplexes Ganzes zu ergeben. Dabei gerät auch Deon Taylor immer wieder in die Falle von nicht nachvollziehbaren Unsinnigkeiten. Oder kann zum Beispiel irgendjemand ernsthaft annehmen, der Killer könnte die Heldin mit salbungsvollen Worten aus dem Versteck locken, sie solle herauskommen, das man in Ruhe über alles reden könne. Und das nachdem er sie über 80 Minuten lang unbarmherzig gejagt hat. Unwahrscheinlich, wie so viele andere Dialoge und Situationen, die einem versierten Publikum nur Kopfschütteln bereiten.
BLACK AND BLUE ist ein Film mit zweierlei Gesichtern. Zum einen zelebriert er gekonnt seine dynamischen Actionsequenzen, auf der anderen Seite offenbart er sehr aufdringlich, was man dazwischen alles falsch machen kann. Naomi Harris kann sich mit ihrem Potential für Hauptrollen durchaus beweisen. Allerdings leidet ihre Alicia unter dem Geheimnis aus ihrer Vergangenheit, welches viel erklären soll, dies aber kaum realistisch umgesetzt wird. Doch am stärksten trifft es Frank Grillo und Tyrese Gibson, wo der eine versucht mit Over-Acting das beste aus seiner Rolle zu machen, und der andere sichtlich unterfordert, nicht zu wissen scheint, was er hier soll. BLACK AND BLUE behandelt weder die Rassenproblematik realistisch, noch erlaubt er seinen Figuren den Zuschauer bindenden Tiefgang. Was bleibt sind 1o8 Minuten gut gemeinter Unterhaltung, von der nicht viel, und erst recht nicht lange, etwas hängen bleibt.
Darsteller: Naomi Harris, Frank Grillo, Mike Colter, Reid Scott, Tyrese Gibson, Nafessa Williams u.a.
Regie: Deon Taylor
Drehbuch: Peter A. Dowling
Kamera: Dante Spinotti
Bildschnitt: Peck Prior
Musik: Geoff Zanelli
Produktionsdesign: Frank Zito
USA / 2019
108 Minuten