DORA UND DIE GOLDENE STADT

Dora and the lost City, Copyright PARAMOUNT PICTURESDORA AND THE LOST CITY OF GOLD
–  Bundesstart 10.10.2019

Auf 176 Folgen hat es die Zeichentrickserie DORA THE EXPLORER auf dem Sender Nickelodeon gebracht. Sie stellte ein kleines Novum in der Fernsehlandschaft dar, weil die Hauptfiguren in der Serie, die von 2000 bis 2019 produziert wurde, allesamt Lateinamerikaner verkörperten und von solchen auch gesprochen wurden. Nebenher verfolgten die Episoden natürlich auch lehrreiche Ziele. Im Original war es zum Beispiel der Umgang mit Zahlen und die spanische Sprache, in Deutschland konzentrierte man sich auf englische Worte und Begrifflichkeiten. Die Animationsabenteuer um das siebenjährige Kind eines Forscher- und Archäologenpärchens, dass in Sachen Wissensdurst und Draufgängertum seinen Eltern in nichts nachstehen wollte, wurde mit der Kinopremiere der Live-Action-Filmadaption eingestellt.

Zwischen 2011 und 2014 gab es auch eine vierzig Folgen umfassende Auskopplung, die unter dem Titel DORA AND FRIENDS: INTO THE CITY eine zehnjährige Dora präsentierte. Auch wenn dem Zuschauer jetzt im Kino eine bereits sechzehnjährige Dora in DORA UND DIE GOLDENE STADT vorgestellt wird, ist es keine Fortsetzung der Serie. Die Live-Action-Version von Matthew Robinson und Nicholas Stoller geschrieben, fungiert als Übergang von THE EXPLORER zu INTO THE CITY. Und auch wenn sich Regisseur James Bobin wirklich große Mühe gibt, ein spannendes Abenteuer im unverkennbaren Jäger-Des-Verlorenen-Schatzes-Stil zu zeigen, bleibt der Film ein Rätsel.

Noch immer nicht an die Großstadt gewöhnt, verschlägt es Dora mit drei sehr unterschiedlichen Mitschülern schon wieder in den Dschungel. In einer Kette von unglücklichen Umständen, müssen die ungleichen Jugendlichen mit Hilfe von Doras Affen Boots, eine verborgene Inka-Stadt finden, und nebenher Doras verschollene Eltern retten. Der Film reiht dabei ohne Pause, alle bekannten Klischees des neuzeitlichen Abenteuerfilms aneinander. Eine dramaturgische Bindung an die Figuren sucht man vergeblich, zudem lässt Drehbuch und Regie jede Art von erzählerischen Tiefe vermissen. Ziemlich schnell wirft DORA UND DIE GOLDENE STADT die Frage auf, für wen dieser Film eigentlich konzipiert sein soll. Welche Altersgruppe könnte sich von diesem Film tatsächlich angesprochen fühlen?

Technisch ist DORA auf hohem Niveau. Kameramann Javier Aguirresarobe hat schon für jeden Film in seiner Vita die passende Bildsprache gefunden. So auch hier, wo er eher die klassischen Motive und Einstellungen gefunden hat, um den großen Vorbildern im Abenteuerfilm zu huldigen. Dazu liefern John Debney und Germaine Franco einen Soundtrack, der sich ganz unverhohlen nach John Williams anhört, was aber in diesem Fall ziemlich in Ordnung ist. Nur bei den visuellen Effekten zeigt sich, dass ein großes Budget auch die besseren Resultate liefert, und mit knapp 50 Millionen Dollar liegt das DORA weit unter dem Durchschnitt aufwendigerer Großproduktionen. Einen mittelmäßig animierten Affen finden Kinder vielleicht noch ganz putzig, aber was sich an die Schwelle zur Jugend hinbewegt, wird davon überhaupt nicht beeindruckt sein. Es bleibt also die Frage offen, wen die Macher eigentlich als Zielpublikum angesehen haben.

DoryLost City of Gold, Copyright PARAMOUNT PICTURESDORA fällt vor allem durch einige Merkwürdigkeiten auf. So scheint niemand wirklich den verschwundenen Kinder nach zu spüren, noch neigen die Kinder dazu, die Geborgenheit des trauten Heimes zu vermissen. Nach jeder überstandenen Action-Sequenz erschallt ein vor Überwältigung geprägtes ‚Wow‘ über die neu eröffnete Szenerie. Und nach jeder bewältigten Gefahr erklingt immerzu der erleichternde Satz, „wir haben es geschafft“. Und der Film besteht ja nur aus einer Aneinanderreihung von Action-Sequenzen, also sehr vielen „wir haben es geschafft“ und Wows. Damit aber nicht genug, weil konsequent jede neue Situation von Dora erklärt wird, selbst das offensichtlichste Szenario. Weder der Zuschauer, noch die Figuren selbst werden gefordert, selbst Rückschlüsse oder Vermutungen anzustellen. Wo die Serie noch einen Anspruch mit ihrem Lehrcharakter hatte, zeigt sich der Film sehr unbeeindruckt von der oftmals unterschätzten Mündigkeit seines Publikums.

Dafür versucht man den Kinogänger mit fragwürdigem Humor zu entschädigen. Das dringende Bedürfnis eines Charakters im Dschungel sein Geschäft verrichten zu müssen wird nicht spielerisch umschrieben, sondern von allen Beistehenden lautstark und ganz gerade heraus kommentiert. Jemand schlägt dann zu allem Überfluss noch vor, daraus einen Song zu machen. Entsprechend beinhaltet der Soundtrack auch den ‚Poo Hole Song‘. DORA UND DIE GOLDENE STADT bleibt also durch und durch ein Film aus dem man nicht wirklich schlau wird. Seine Bemühungen, ein solider Abenteuerfilm zu sein, sind nicht zu übersehen. Doch über allem schwebt immer noch die große Frage, wer sich denn nun dafür begeistern soll.

Dora City of Gold, Copyright PARAMOUNT PICTURES

Darsteller: Isabela Moner, Eugenio Derbez, Jeff Wahlberg, Nicholas Coombe, Madeleine Madden, Michael Peña, Eva Langoria u.a.
Regie: James Bobin
Drehbuch: Matthew Robinson, Nicholas Stoller
Kamera: Javier Aguirresarobe
Bildschnitt: Mark Everson
Musik: John Debney, Germaine Franco
Produktionsdesign: Dan Hennah
USA – Australien – Mexiko / 2019
102 Minuten

Bildrechte: PARAMOUNT PICTURES
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