RAMBO: Last Blood

Rambo Last Blood a, Copyright UNIVERSUM FILM (UFA)RAMBO: LAST BLOOD – Bundesstart 19.09.2019

Als John Rambo nachhause kam, hatte er bereits alles Schlechte dieser Welt gesehen. Er wollte einfach nur zurück in ein ganz normales Leben. Wie viele andere Veteranen des Vietnam-Konfliktes, war auch John Rambo nach Beendigung des Krieges kein gern gesehenes Individuum. Kein patriotischer Amerikaner wollte durch Veteranen an die Schmach erinnert werden, die viele Jahre vorher als Polizeieinsatz begonnen hatte. Als einige Präsidenten noch die Durchhalteparolen herauf beschworen, da wurden sie gefeiert und geehrt. Und dann verlor die Weltmacht einen Krieg in einem Land, von dem die meisten Amerikaner nicht einmal wussten, wo es sich auf der Karte befand. Das ‚erste Blutvergießen‘ war seinerzeit in erster Linie ein Actionfilm. Doch er war gleichsam auch Drama, in gewisser Weise wahr und ehrlich. Eine Mischung die passte und nachvollziehbar war. Männer wie John Rambo haben für ein Land die Kastanien aus dem Feuer geholt, welches sie anschließend nicht mehr wollte. In so einem Charakter, da steckt viel mehr Potential, als nur ein Film.


Eines muss man Mister Stallone lassen. So unverschämt billig die Ausreden für eine Rechtfertigung des Charakters Rambo waren, warfen sie immer einen, wenngleich sehr vereinfachten Blick auf aktuelle Gegebenheiten. Jetzt im Jahr 2019, Vorproduktion begann selbstverständlich früher, sind es Mädchenhändler aus einem Mexiko, wie es das Bilderbuch des Bösen nicht besser ausmalen könnte. Und hätten sie nicht Gabrielle in ihrer Gewalt, die Nicht von John Rambos mexikanischer Haushaltshilfe, dann könnten diese unbehelligt mit ihrem perversen Geschäft weiter machen. Aber zur Freude eines erwartungsvollen Publikums, haben sie Gabrielle in ihrer Gewalt. So verspricht dann auch der Pressetext vollmundig einen Rambo, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Es kann allerdings gar nicht anders sein, als dass das Marketing wieder einmal mehr verspricht, als Regisseur Adrian Grunberg halten kann.

Sensible Gemüter sollten sich deswegen nicht in Sicherheit wiegen. LAST BLOOD erreicht nicht den Blutzoll von RAMBO 2008, aber er hat ausreichend Bilder, die schon allein im Gedanken daran, dem Zuschauer selbst sehr weh tun. Gerade wenn Rambo seinen finalen Feldzug vorbereitet und man erahnen kann, was er für die bösen Buben bereit hält, ist das Publikum verzückt da angelangt, wo es elf Jahre lang hin gefiebert hat. Ohne zu wissen, dass dieser Film wirklich bevorstehen würde.

Der Romanautor David Morrell, der für RAMBO – FIRST BLOOD die Vorlage zu Papier brachte, zeigte sich mit dem Filmcharakter erst 2008 bei JOHN RAMBO zufrieden. Kalt, finster, zynisch, jeder Emotion beraubt, ohne Empathie, so sah er die Figur. Zehn Jahre später sind Sylvester Stallone und Co-Autor Matthew Curilnick wieder etwas zurück gerudert. Seine Pferde und Ersatztochter Gabrielle sind ihm wichtig geworden, und scheinen ihn aus seiner inneren Festung der Einsamkeit heraus geholt zu haben. Das tut dem Spaßfaktor keinen Abbruch, auch wenn niemand wegen der Emotionen das Kino aufsucht. Zu Herzen geht ein Film mit John Rambo erst dann, wenn am Ende die Kamera langsam zurückfährt und Jerry Goldsmith‘ fast schon ikonische Musik lautstark im Surround-Sound von allen Seiten auf einen einwirkt. Brian Tyler erweist sich aber als sehr würdiger Nachfolger der 2004 verstorbenen Komponistenlegende. Bei seinen selbst geschriebenen Themen orientiert sich Tyler stark an Goldsmith, aber mit eigenem Profil. Was zur Freude aller Kinofans unverändert blieb, ist Rambos ‚It’s a Long Road‘ Thema.

Rambo Last Blood c, Copyright UNIVERSUM FILM (UFA)Stallone und seine 24 (!) Produzenten und ausführenden Produzenten haben es sich nicht leicht gemacht. Dreißig Jahre nach RAMBO III, zehn Jahre nach JOHN RAMBO und einem Hauptdarsteller über Siebzig, muss das Publikum überzeugt sein, dass die Kampfmaschine noch immer erwartungsgemäß funktioniert. Etliche Testvorführungen, Nachdrehs und Umschnitte, sowie Kürzungen waren von vornherein angedacht und umgesetzt worden. Grundsätzlich hat sich dieses Konzept als sinnvoll erwiesen. Auch wenn die Figur Rambo dabei etwas geschwätziger geworden ist als gewohnt. Schneller sollte der Film dabei ebenfalls werden, was allerdings schwer ist, weil sich die einzelnen Handlungsteile doch in dramaturgischen Plattitüden ergehen. Als negativer Kritikpunkt kann dies allerdings kaum gewertet werden, denn auch dieser Film, wie seine Vorgänger auch, bleibt stets bei seiner Kernkompetenz.

Wo LAST BLOOD tatsächlich stolpert, sind die Schnittfolgen. Die hätten Carsten Kurpanek und Todd Miller ausgerechnet im Showdown ruhig stark reduzieren können. Das hat bereits bei JOHN RAMBO ein wenig vom Spaßfaktor genommen. Nicht das man sich an Blut und Gedärm, Schmerz und Agonie, Brutalität und Gemetzel laben möchte. Wer würde denn so etwas annehmen? Vier oder fünf Bilder bei jedem Effekt mehr, und ein, zwei kurze Szenen zusätzlich zwischen den einzelnen Tributen wären allerdings nicht nur optisch verträglicher gewesen, sondern dramaturgisch auch um einiges intensiver geworden. Es hätte eine konstruktive Wechselwirkung haben können. Was der Charakter dem geneigten Zuschauer und Fan schuldig ist, und dieser dem vermeintlichen Helden an geschuldeter Aufmerksamkeit entgegen bringen muss. Schließlich ist John Rambo nicht irgend ein austauschbarer Einzelkämpfer.

Den mürrisch, stoischen Einzelgänger hat es im Kino ja schon immer gegeben. Aber kaum einen so desillusionierten Charakter, der nur sich selbst gegenüber verpflichtet ist, und der sein Schicksal längst nicht mehr reflektiert. Wie viele Filmfiguren haben sich seit 1982 ihre stark blutenden Wunden selbst mit Nadel und Faden genäht? Das verpflichtet. Auch RAMBO: LAST BLOOD ist keine cineastisches Wunderwerk, sogar weit davon entfernt. Aber seinen nicht in Frage zu stellenden Ansprüchen wird er mehr als gerecht. Und den selbstherrlichen Kritikern welche den Mangel an Kreativität und eine stete Wiederholung durch ständige Fortsetzungen anprangern, denen sei gesagt: Einfach mal ruhig sein, ins Kino gehen, und Spaß haben.

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 Darsteller: Sylvester Stallone, Paz Vega, Yvette Monreal, Louis Mandylor, Joaquín Cosio, Sheila Shah u.a.
Regie: Adrian Grunberg
Drehbuch: Matthew Cirulnick, Sylvester Stallone
Kamera: Brendan Galvin
Bildschnitt: Carsten Kurpanek, Todd E. Miller
Musik: Brian Tyler
Produktionsdesign: Franco-Giacomo Carbone
USA / 2019
89 Minuten

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