THE KITCHEN – Bundesstart 19.09.2019
Drei Frauen, deren Männer tief im Geflecht der Bandenkriminalität eingebunden sind. Bis ein verpatzter Überfall besagte drei Männer aus dem Weg räumt. Unvermittelt sind die sonst gut versorgten Frauen auf sich allein gestellt. Um sich über Wasser halten zu können, müssen sie anwenden, was sie von ihren Ehemännern gelernt haben. Und das bedeutet Ärger im Viertel von Hell’s Kitchen.
Das ist ein Plot, der sich verdächtig nach Steve McQueens hervorragenden WIDOWS anhört. Doch selbst in den geringen Annäherungen, die sich lediglich auf allein gelassene Gangsterfrauen beschränken, haben beide Filme nicht das mindeste gemein. Andrea Berloff versucht in ihrem Regiedebut eine viel breitere Palette von dramaturgischen Aspekten und emotionaler Dichte.
Am Anfang war ein Comic-Buch von Ollie Masters und Ming Doyle, welches bei DC Vertigo erschienen war. Und die Geschichte schien förmlich nach einer unterhaltsamen Verfilmung zu rufen. Doch schon die ersten Minuten, welche tatsächlich genau nach der gezeichneten Buchvorlage inszeniert sind, lassen Zweifel aufkommen, wie ernst man das Setting nehmen soll. Der harte Gangster-Thriller wird es jedenfalls nicht, und witzig sieht es nicht aus. Es hat eher was von unfreiwillig komisch. Von da an schwankt der Film zwischen Drama, beschwingtem Humor, brutalem Rachefeldzug, und gewitzter Cleverness. Aber keinen dieser Punkte kann THE KITCHEN in voller Konsequenz ausspielen, oder mit dem gut gemeinten Mix überzeugen.
Da ist Ruby, die einzige Schwarze im gesamten Klüngel der irischen Familien. Und dann gibt es Kathy, liebevolle Mutter und treusorgende Hausfrau, die mit ihrem Mann eine harmonische Einheit bildet. Als letztes kommt dann Claire, das verängstigte Häslein, ständig von ihrem Mann verprügelt, und die einzige die froh ist, dass er endlich aus dem Haus ist. Jetzt müssen die drei sehr unterschiedliche Typen von Frauen gewisse Dinge selbst in die Hand nehmen, was dann schon den zweiten Stolperstein in der Geschichte und für den Verlauf der Handlung bildet. Denn was die Frauen letztendlich in diese Situation bringt, sind Umstände die vollkommen einem Kodex widersprechen, wie er in so einem Geflecht von organisierten Familien hoch gehalten wird.
Immer wieder hat der Zuschauer das Gefühl, einem missglückten Versuch beizuwohnen, der die absurden Geschichten der Coen-Brüder kopieren soll. Dazu ist der Humor allerdings viel zu oberflächlich, die Thriller Elemente leiden an fehlender Spannung, dem Drama geht die Emotion abhanden, die Raffinesse ist absehbar. Und dann gibt es eine überraschende Wendung, die den geübten Krimifreund umgehend rätseln lässt, ob das alles tatsächlich so zusammen passen kann. THE KITCHEN möchte viel, kann aber nur wenig davon umsetzen. Das der Film dennoch zu unterhalten versteht, ist seiner straffen Inszenierung zu verdanken. Hier beweist Andrea Beloff ein sicheres Gespür für Timing und Szenenabfolge.
Als wirklicher Glücksgriff erweisen sich Elisabeth Moss und Domnhall Gleeson, die in ihren Professionen und Absichten entschlossen und gefestigt sind, aber nur sehr zögerlich und fast verängstigt ihren Gefühlen nachgeben. Ebenfalls der Comic-Vorlage nachkommend, spielt THE KITCHEN in den ausklingenden Siebzigern. Vom Produktionsdesign her, ist davon allerdings wenig zu spüren, weil eindeutig diese kleinen, aber auffälligen Elemente fehlen, welche diese Zeit markant gemacht haben. Auch die Musikauswahl hätte mehr Originalität vertragen, orientiert sie sich für ein angemessenes Zeitkolorit leider zu sehr an eigentlich längst ausgedienten Rock- und Pop-Klassikern.
THE KITCHEN hätte sehr viel mehr sein können, gibt sich aber mit weit weniger zufrieden. Er beinhaltet kein Alleinstellungsmerkmal und hebt sich nicht von allen anderen locker erzählten Krimistoffen ab. Langweilen wird sich niemand bei diesem Film, sich sogar angenehm unterhalten. Bei einem wundervollen Kinoabend mit anschließendem Abendessen, wird allerdings das Abendessen länger in Erinnerung bleiben.
Darsteller: Tiffany Haddish, Elisabeth Moss, Melissa McCarthy, Domhnall Gleeson, James Badge Dale u.a.
Regie & Drehbuch: Andrea Berloff, nach den Comics von Ollie Masters & Ming Doyle
Kamera: Maryse Alberti
Bildschnitt: Christopher Tellefsen
Musik: Bryce Dessner
Produktionsdesign: Shane Valentino
USA / 2019
102 Minuten