TOY STORY 4 – Bundesstart 15.08.2019
Eigentlich möchte man jemanden bei Disney-Deutschland knutschen, die wieder einmal einen Titel anders ins Deutsche übertragen haben. Aber dieses mal zurecht. Lässt man den Zusatz weg, hat man mit A TOY STORY die Batterien genau richtig eingesetzt. Und Zuschauer welche glauben, die Reihe wäre längst beendet gewesen, die haben nicht unrecht. TOY STORY 3 war der perfekte Abschluss einer perfekten Trilogie. Zweifel waren daher durchaus angebracht. Durch die Abstinenz der Nummer 4, eröffnen sich aber auch neue Möglichkeiten. Und mit seinen enormen Abständen zwischen den einzelnen Filmen, konnte Woody, Buzz und der Rest der Spielzeugkiste, mehr Kinder ins Erwachsenenalter begleiten, als HARRY POTTER. Der Zauberlehrling brachte es zwar in zehn Jahren auf acht Filme, doch TOY STORY tobt nun schon 24 Jahre durch die Herzen aller Altersschichten. Das ist eben die Kunst von Pixar-Filmen, sie ziehen die Jungen von damals nicht nur mit, sondern gewinnen heutzutage durch ihre nun zu Eltern gewordenen Fans, eine neue Gemeinschaft hinzu.
Die Cowboy-Puppe Woody muss erkennen, dass sein Umzug von Andys Zimmer in das der kleinen Schwester Bonnie, doch nicht von Vorteil war. Immer öfter bleibt er im Schrank, wenn sich Bonnie mit dem anderen Spielzeug vergnügt. Doch wie schon des Öfteren, sieht Woody eine Chance, für die Kleine der perfekte Kamerad zu sein. Und wie schon des Öfteren, löst er damit eine Kettenreaktion von kaum überwindbaren Problemen aus. Das fängt schon einmal damit an, dass sich Forky, von Bonnie aus Müll gebastelt, nicht als Spielzeug fühlt. Forky fühlt sich nach wie vor als Müll und sucht jede Möglichkeit, um sich in einen Abfalleimer zu stürzen. Da sieht sich nun Woody in der Pflicht, schließlich würde Bonnie über das Verschwinden von Forky sehr traurig werden. Damit steht Woody, samt seiner Freunde, erst ganz am Anfang eines chaotischen Abenteuers.
Es geht auch in diesem Teil um die existenziellen Fragen. Oder wie Dinsosaurier-Figur Trixie meint, „ich habe eine Frage. Nein warte, ich habe ‚alle‘ Fragen“. In 24 Jahren Charakter-Entwicklung ging es um Selbstachtung, Selbstfindung, Akzeptanz, Freundschaft, die eigene Bestimmung und Veränderung. Bleib dir stehts treu, war das durchgehende Motto aller Filme, das aber immer mit einer Weiterentwicklung verbunden war. Die Figuren und die Inhalte der Filme traten nie auf der Stelle. Aber diese moralischen, empathischen und Auseinandersetzungen wurde nie in einer bunten, schreienden Plastikbox ins Regal gestellt, sondern sorgsam unaufdringlich in das wilde Treiben des Spielzeugs hineingebastelt. Das machte bisher alle TOY STORY Teile zu etwas Besonderem, weil andere ähnlich konzipierte Filme meist um die moralische Holzhammermethode nicht herum kommen.
Bei aller Sinnfindung kommt dieses mal die Selbstbestimmung hinzu. Als ständiger Anführer sieht sich Woody gezwungen, seine klare Linie immerzu aufrecht zu erhalten, während seine Spielzeug-Freunde unbedarft mit jeder Art von Veränderung gut umgehen können. Doch hier kommt Forky dazwischen, dem Woody langwierig beibringen muss, was er für sich selbst bisher nicht richtig wahrhaben wollte. Forky ist eben kein Müll mehr, er ist nun Spielzeug, eine klare Veränderung in der Bestimmung. Eine der beindruckendsten Szenen, optisch wie emotional, ist Woodys und Forkys nächtlicher Weg auf einer Landstraße. Ein atemberaubender Moment, der die Einzigartigkeit von TOY STORY unterstreicht, und das einmalige Zusammenspiel von Autoren, Sprechern, Set-Designern und Animationskünstlern demonstriert. Zudem der Beweis, das anspruchsvolle Dialoge alle Altersgruppen gleichermaßen bewegen können.
Die Skepsis gegenüber eines vierten Kinofilmes war berechtigt. Nun aber wäre die Möglichkeit eines fünften Teils sogar willkommen. Wie man anhand der tadellosen Computerbilder, den vielen neuen, sehr originellen Figuren und schier endlosen Einfälle an Handlungselementen sehen kann, werden die kreativen Köpfe (und Hände) bei Pixar scheinbar nicht müde. Wer weiß, was es bei Woody noch alles zu ergründen gibt. Oder wie Porzellinchen sagt, „öffne deine Augen, Woody. Da sind eine Menge Kinder dort draußen. Manchmal kann Veränderung sehr gut sein“.
Charaktere:
Woody: Tom Hanks / Michael „Bully“ Herbig
Buzz: Tim Allen / Walter von Hauff
Porzellinchen: Annie Potts / Alexandra Ludwig
Forky: Tony Hale
Jessie: Joan Cusack / Carin C. Tietze
Charlie Naseweis: Don Rickles
Slinky Dog: Blake Clark / Tobias Lelle
Rex: Wallace Shawn / Rick Kavanian
Specki: John Ratzenberger
Charlotte Naseweis: Estelle Harris / Inge Solbrig
Bunny: Jordan Peele / Karim El Kammouchi
Ducky: Keegan-Michael Key / Julian Manuel
Duke Caboom: Keanu Reeves / Michi Beck
Barbie: Jodi Benson
Giggle McDimples: Ally Maki / Sonja Gerhardt
Andy: Jack McGraw
Andys Mutter: Laurie Metcalf
Regie: Josh Cooley
Drehbuch: Andrew Stanton, Stephany Folsom
Animation-Supervisor: Scott Clark
Kamera: Jean-Claude Kalache, Patrick Lin
Bildschnitt: Axel Geddes
Musik: Randy Newman
Produktionsdesign: Bob Pauley
USA / 2019
100 Minuten