Editorial: VON BING ZU BOND

VON BING ZU BOND

unsachliches und subjektives von Mainstream

MainstreamEs begab sich um 1940, als Bing Crosby, Bob Hope und Dorothy Lamour zusammen DER WEG NACH SINGAPUR drehten. Es war einfache, nette Unterhaltung mit einem funktionierenden Dreiergespann. Eigentlich waren es Sechs. Regisseur Victor Schertzinger und die Autoren Don Hartman sowie Frank Butler müssen dazu gezählt werden. Also ein erfolgreiches Sextett, welches sich nicht auf diesen einen Streifen ausruhen wollte. Sehr schnell folgte ebenso erfolgreich DER WEG NACH SANSIBAR, und so weiter und so weiter. Insgesamt umfasste die Der-Weg-nach-…-Reihe sieben Filme. Im Laufe wechselten mal die Regisseure und die Drehbuchschreiber, was für die Serie aber kein Schaden war. Sieben Filme, und keine war empört, niemand beschwerte sich. Es war auch Bing Crosby, der seine Rolle des Priesters Chuck O’Malley 1944 und 1945 mit nur einem Jahr Abstand in zwei Filmen wiederholte. Erlosch der Ideenschmiede Hollywood schon so früh die Glut?


Es gibt Erhebungen, wie viele Filme im heutigen Verleih Fortsetzungen, Neuauflagen und / oder Genre bezogene Inhalte sind. Der Prozentsatz ist nicht niedrig, aber vollkommen irrelevant. Das Publikum ist da, und das Publikum zahlt. Und Studios werden nicht müde zu sagen, dass sie an den Film glauben. Dieser Glaube bezieht sich aber nicht auf die kreativen Ideen, oder künstlerischen Umsetzungen. Sie glauben an das Geld, es geht immer ums Geld. Kein Produzent finanziert einen Film, weil er seinen Geldbeutel ausdünnen möchte, oder vereinsamten Nerds einen Gefallen schuldig ist. Warum auch? Hat der Obsthändler etwa seinen Laden eröffnet, um Passanten kostenlos Kiwis in den Beutel zu stecken? Und jetzt stellt man sich obendrein noch vor, dass der vier Jahre alte Flachbildschirm den Geist aufgibt, und im Laden gibt es einzig und allein exakt nur dieses vier Jahre alte Modell.

Natürlich muss das eine mit dem anderen nichts zu tun haben. Und das die Vergleiche an den Haaren herbei gezogen sind, wird das an erster Stelle stehende Argument sein. Also, zurück zum Thema. Jemand geht in den Laden und will die DVD von KÖNIG DER LÖWEN erwerben, welchen er schon einige Male gesehen hat. Jetzt steht direkt daneben die brandaktuelle BluRay der photorealistischen Neufassung. Man hat die Wahl. Einer möchte dabei mit Sicherheit Geld verdienen, und ein anderer könnte vielleicht Interesse an etwas Neuem haben. Und nichts davon ist verwerflich.

Zum einen gibt es die Phrase, „… ich kann diese Art von Filmen nicht mehr sehen“. Verständlich, wenn man ins Multiplex geht, um den neuen Jim Jarmusch zu sehen, und mit Gewalt in das neueste Superhelden-Werk gezerrt wird. Oder schlaue Sätze wie, „denen fällt überhaupt nichts Neues ein“. Wie denn auch, es heißt doch seit Jahrzehnten, das alle Geschichten schon erzählt wären. Ganz reizend ist aber, „der gehört endlich weg“. Besonders gerne argumentiert bei einem bestimmten britischen Agenten, erdreistet sich eine einzelne Person, mit ihrer Meinung über 80 Millionen zufriedener Zuschauer entscheiden zu können. Und dann gibt es ja noch die Fraktion, „das tu ich mir nicht an, da warte ich auf die DVD“. Warum das denn? Man kann es doch ganz bleiben lassen. Das Schlimmste daran ist, dass solche unsinnigen, selbstherrlichen Aussagen von Menschen kommen, die behaupten sich Cineasten zu nennen. Filmkenner, Filmversteher, wie auch immer. Und das tun sie selbstredend im Schutz der Anonymität, weil sie sich bei einer direkten Konfrontation nur lächerlich machen würden.

Ja, die Cineasten, deren größte Furcht ist, dass man CASABLANCA neu verfilmen würde. Der beginnende Untergang der Zivilisation. Und auf der anderen Seite, die Mehrzahl, das ignorante Pack, die Freunde von Brutus, welche ein Remake von CASABLANCA wegen Desinteresse ohne ein Wort zu verlieren einfach nicht beachten. Es gibt tatsächlich Menschen, die noch nie einen erzkommerziellen Marvel-Film gesehen haben, und dennoch eine Sommergrippe bekamen. 2013 kam eine aufwendig restaurierte Fassung von DAS ZAUBERHAFTE LAND – THE WIZARD OF OZ in die Kinos. Atemberaubende Farben, mitreißender Ton, eine perfekt 3D- Konvertierung. Der Film ist ein siebzig Jahre altes Juwel der Kinogeschichte, zweifelsfrei. Aber er ist nicht in Würde gereift. Die Dialoge schrecken heute jeden Sechsjährigen. Die Inszenierung ist seit Jahrzehnten nicht mehr zeitgemäß. Die Darsteller sind kaum noch zu ertragen.

Ich darf das sagen, auch im Schutz der Anonymität, denn ich bin Cineast. Und als Cineast wünsche ich mir konstruktive Auseinandersetzungen. Keine polemischen Verwünschungen die ohne Grundlage getroffen werden, nur weil es schick ist und einen so erhaben über den Dingen dastehen lassen sollen. 2017 waren von den 100 Topverdienern an den Kinokassen 30% Sequels oder Prequels, nur 4% Reboots und Remakes, 50 % waren Adaptionen, und fast 20 % basierend auf wahren Begebenheiten. Ehrlich, und bei dem ganzen Rest soll kein Film dabei sein, bei dem sich Kulturwächter wohl fühlen? Ohne überhebliche Kommentare, bevor sie den Film überhaupt gesehen haben. Und damit kommen wir zur letzten dummen Phrase: „Wieso? Mir reicht schon, was ich darüber gelesen habe.“

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