Sue Ann ist eine ganz Nette. Sie war ja auch einmal jung. Schweren Herzens, aber doch mit einigem Verständnis, besorgt sie den fünf Minderjährigen vor dem Getränkeladen einige Flaschen Alkohol. Eine von diesen Fünf, ist die frisch zugezogene Maggie, die sofort Anschluss bei der beliebtesten Clique der Schule fand. In so einem trostlosen Kaff, weiß Sue Ann, dass Jugendliche ihren persönlichen Freiraum ungestört genießen wollen. Also bietet sie den heruntergekommenen Keller in ihrem abgeschiedenen Haus an. Ein Platz, wo die jungen Leute ungehemmt Party machen können. Nur das vormalige Stadtkind Maggie, findet die Situation etwas befremdlich. Aber bald ist Sue Anns Keller das Zentrum für die Jugend der ganzen Stadt. Und mittendrin die Gastgeberin, die sich erfreut zeigt, über soviel Aufmerksamkeit und Respekt. Wäre da nicht Maggies Misstrauen, welches sich allmählich bestätigt. Und Regisseur Tate Taylor findet merklich Vergnügen mit dem Spiel von Klischees und Vorhersehbarkeiten, und dem schleichend herannahenden Horror.
Drehbuchautor Scotty Landes hat bisher viele Episoden für stets schräge Serien geschrieben. Warum sich also nicht an einem typischen Horrorfilm versuchen. Wobei man ‚typisch‘ im eigentlichen Sinne des Wortes verstehen sollte. Sowie Tate Taylor sich scheinbar für eine weitere Regiearbeit das selbe gedacht haben könnte. Seine Beziehung zu Oktavia Spencer dürfte den Weg der Entscheidungsfindung gut beeinflusst haben. Mit ihr hat er THE HELP gedreht, wofür Spencer einen Oscar gewann. Und das ist für einen ‚typischen‘ Horrorfilm natürlich ein fast schon unschlagbares Gütesiegel. Letztendlich wird Okatavia Spencer für MA nicht einmal in die Nähe eines weiteren Goldjungen kommen. Aber dafür ist nicht allein ihr absehbares, übertriebenes und wenig überzeugendes Spiel verantwortlich.
Grundsätzlich hat MA viel Potential, und Gänsehautmomente sind durchaus gesichert. Einige Schockmomente sind dabei so gut gesetzt, dass sie einen wirklich eiskalt erwischen und reflexartig die Augen schließen lassen. Aber mit den Genre-Klischees zu spielen bedeutet etwas mehr, als sich nur auf die üblichen Szenarien zu verlassen. Das macht MA auch zu einem gerade einmal durchschnittlichen Horrorthriller. Gerade bei der Grundidee müsste der Film schon scheitern. Bei jeder amerikanischen Durchschnittsfamilie, selbst in der unteren Mittelschicht, würde Mutter oder Vater dem Film nach nur 50 Minuten ein jähes, weil logisches Ende bereiten. Aber grundsätzlich handeln alle erwachsenen Charaktere nicht nach Vernunft oder Logik, sondern nach dem Willen eines möglichst effektiven Showdowns. Eine gnadenlos unterforderte und vergeudete Allison Janney, als Sue Anns Chefin, steht nur herum, wirft ihrer Mitarbeiterin böse Blicke zu und wiederholt immer nur einen einzigen Satz.
Es ist im Horrorfilm schon alles erzählt, jede Geschichte verarbeitet. Das bringt die Historie des Kinos in ihrer langen Lebenszeit einfach mit sich. Was bleibt, sind die unzähligen Variationen, wie man Altbekanntes mit neuem Anstrich versehen kann. Sehr oft misslingt das, und manchmal erwächst daraus eine echte Perle. MA ist auch keine Perle, im Gegenteil, im fehlen sogar die notwendigen Variationen. Scotty Landes hat einfach Versatzstücke neu zusammen gesetzt und Tate Taylor sich nicht einmal die Mühe gemacht, diese interessant zu gestalten. Es wird dadurch noch schlimmer, dass man die Möglichkeiten und die Ambitionen von Seiten einiger Beteiligter durchaus wahrnimmt, welche unter der Oberfläche des fertigen Films verborgen bleiben. MA ist ein Film für die erste Verabredung Freitag abends, wo man von der weiblichen Begleitung mehr erhofft, als von der filmischen Unterhaltung selbst. Tatsächlich muss man sich davor hüten, auf den lockenden Namen von Oktavia Spencer herein zu fallen.
Darsteller: Octavia Spencer, Diana Silvers, Juliette Lewis, McKaley Miller, Corey Fogelmanis, Gianni Paolo, Dante Brown, Allison Janney, Luke Evans u.a.
Regie: Tate Taylor
Drehbuch: Scotty Landes
Kamera: Christina Voros
Bildschnitt: Lucy Donaldson, Jin Lee
Musik: Gregory Tipi
Produktionsdesign: Marc Fisichella
USA / 2019
99 Minuten