Eine Preview hat den sehr schönen Aspekt des Exklusiven. Eine Preview hat auch den Nutzen, einen Film schon mit positiven Stimmen ins Gespräch zu bringen, bevor auf die Allgemeinheit darauf losgelassen wird. Es sei denn, Studio und Verleih haben Vertrauen in ihr Produkt. DreamWorks hat sehr viel Vertrauen in seine Produkte. Und so stopft ein Verleiher jeden bereitwilligen Journalisten in einen großen Saal. Und da die Zahl bereitwilliger Journalisten geringer ausfallen dürfte als die vorhandene Platzzahl, füllt man den Rest mit ebenso bereitwilligem Zielpublikum. Also nicht schwer zu raten, welcher Altersdurchschnitt bei KUNG FU PANDA 2 das Stimmungsbarometer bestimmt. Der übergewichtige und keiner Mahlzeit abgeneigte Panda Po ist zurück, und er hat immer noch Hunger. Der Drachen-Krieger und sein knurrender Magen. Ein Dauerbrenner, ein Running Gag, das Zielpublikum johlt und ist begeistert. Der gesetzte Journalist freut sich ob der vielen Freude um ihn herum.
Die Story atmet schon etwas biblischen Stoff, wenn erklärt wird, dass der böse Lord Shen alle Pandas ausrotten wollte, weil die Prophezeiung einen Retter in schwarz und weiß bringen wird. Das ist lange her. Po, der Panda, ist mittlerweile auf Identitätssuche, weil ihm düngt, dass die Gans doch nicht sein leiblicher Vater sein könnte. Zwischendurch wird Po mit seinen fünf Freunden ein Rudel diebischer Wölfe verprügeln. Die Kampfszenen sind leider viel zu frenetisch inszeniert, und der optische Beobachtungspunkt wechselt ständig so schnell die Perspektive, dass die Orientierung schnell verloren geht. Man muss den Ausgang der Action eben als gegeben hinnehmen.
Doch da kehrt Lord Shen zurück, ein Pfau der übelsten Sorte, dessen Pfauenclan einst die Stadt Gongmen beherrschte, welche Shen sofort wieder unterwirft. Schließlich hat er außer Kung-Fu noch eine viel fiesere Waffe im Gepäck. Und diese Waffe würde das Ende von Kung-Fu bedeuten. Das wird nicht richtig erklärt, und der Sinn will sich einem nicht wirklich erschließen, aber so ist es. Der Drachenkrieger muss mit Tigerin, Gottesanbeter, Kranich, Affe und Schlange nach Gongmen, um die Unterjochung Chinas oder sogar der ganzen Welt zu verhindern.
Jennifer Yuh Nelson hat eine flippige, sehr kurzweilige Variante um den dicken, trotteligen Bären inszeniert. Anders als Pixars konzentriert sich DreamWorks wesentlich mehr auf sein kindliches bis jugendliches Publikum. Der Erwachsene findet hier und da schon kleine Anleihen, die auf Eltern zugeschnitten sind, doch die Gewichtung ist eindeutig gelegt. Das hat sich bei DRACHEN ZÄHMEN schon ausgezahlt und wirkt letztlich nicht so aufgezwungen und unbeholfen bemüht, wie es schon den letzten zwei SHREKs das Genick brach. Ein Schenkelklopfer ist sicherlich die Pac-Man-Sequenz mit einem chinesischen Drachen, bleibt aber auch für die Kleinen eine sehr witzige Einstellung. Und der Versuch von Po, im Tarnkappen-Modus die Stadt zu infiltrieren, verdeutlicht, dass Familienspaß sehr ausgewogen sein kann.
Was man dem Film allerdings vorwerfen könnte, ist der vollkommene Verzicht, auf die Ästhetik des Kung-Fu einzugehen. War Regisseurin Yuh Nelson bei Teil eins noch für die Ausarbeitung der Martial-Arts-Szenen zuständig, verkommen die Kämpfe bei Nummer zwei zu einem unübersichtlichen Durcheinander von bunten Bildern. Es wäre eine gute Möglichkeit gewesen, die Philosophie hinter dem Kung-Fu etwas hervorzuheben und gegen die verlogene KARATE-KID-Mentalität anzugehen. Die Ästhetik von Bewegung, Koordination und Kraft sowie die Philosophie der inneren Einstellung von sich selbst zu seiner Umwelt hätte einen sehr interessanten Lebensaspekt gerade für Heranwachsende zeigen können, der nicht belehrend daherkommt und auch nicht überfordert.
So ist KUNG FU PANDA 2, was er eben ist. Ein Film, der viel Spaß macht, mit tollen 3-D-Einstellungen überrascht und Lust auf den unvermeidlichen dritten Teil macht. Vielleicht ist der Film am Ende doch ein fehlerhaftes Produkt, aber dem gesetzten Journalist bleibt wenig Raum zur Eigenbetrachtung. Zu viel Gelächter beherrscht den Saal, und so viel gute, ansteckende Stimmung dominiert die Besucher. Und eventuell zu bemängelnde Kritikpunkte verfliegen ob der vielen Freude um einen herum. Auch das ist einer der unzähligen Vorzüge des Kinos. Es ist ansteckend, es ist Leben, es eröffnet neue Sichtweisen, und die müssen dabei nicht unbedingt von der Leinwand herunter gepredigt werden.
Sprecher:
Po = Hape Kerkeling / Jack Black
Tigress = Bettina Zimmermann / Angelina Jolie
Shen = Gary Oldman / Hans-Jurgen Dittberner
Mantis = Tobias Kluckert / Seth Rogen
Shifu = Gottfried John / Dustin Hoffmann
Monkey = Stefan Gossler / Jackie Chan
Krocko = Lutz Schnell / Jean-Claude Van Damme
Regie: Jennifer Yuh Nelson – Drehbuch: Jonathan Aibel, Glenn Berger mit Ryan Crego, Ed Gombert, Robert Koo, Simon Wells – Kamera: Bildschnitt: Maryann Brandon, Clare Knight – Musik: John Powell, Hans Zimmer
USA / 2011 – zirka 90 Minuten