WHITE BOY RICK – Bundesstart 07.03.2019
Es ist, wie sollte es auch anders sein, eine Geschichte nach einer wahren Begebenheit. Rick Wershe Jr. ist bis dato der jüngste verdeckte Informant für das FBI gewesen. Noch kein richtiger Gauner, aber einer, der im Windschatten seines Vaters sehr schnell dazu lernt. Es folgt Waffenhandel, schließlich das Geschäft mit Drogen. Es ist der Beginn der hohen Phase von Drogenmissbrauch und der Kampf um die Territorien. Ricks Geschichte beginnt 1984, da ist er vierzehn. 1987 wird er wegen Besitzes von 8 Kilo Kokain verhaftet und verurteilt. In der Zeit träumt der ebenfalls kriminelle Richard Wershe Sr. von der Eröffnung einer Videothek. Vater und Sohn leben also in einer Welt ohne Zukunft.
Yann Demange hat sich vier Jahre Zeit gelassen, bis er seinen zweiten Kinofilm folgen ließ. Und man kann nicht unbedingt behaupten, dass sich diese Spanne gelohnt hat. Sehr viel Neues kann er nicht aus dem Milieu der Kleinkriminellen offerieren. Selbst die ausgewaschenen Farben von Tat Radcliffes Kamera sind schon so etwas wie Standard. Dafür ist die Bildführung angenehm unaufgeregt, aber dennoch den jeweiligen Sequenzen angepasst. Die wirklichen Emotionen holt Regisseur Demange vordringlich aus Matthew McConaugheys Spiel, der mit seiner zurückhaltenden Mimik sehr viel mehr erzielt, als es die Dialoge vermögen. Ihm wird auch die Aufgabe zuteil, dies für die anderen Figuren zu kompensieren. Außer dem fantastischen Bruce Dern als Ricks Großvater, der in seinen ganz wenigen und kurzen Auftritten brilliert, ohne Rückendeckung zu benötigen.
Da ist allerdings Richie Merrit, der in seinem Filmdebut und in der zentralen Rolle, nicht wirklich überzeugt. Von seiner Physis her, ist Merritt tatsächlich das unbekannte und realistische Gesicht für die Rolle. Aber er macht stets den Eindruck, als würde er im Süßwarenladen stehen, und nicht der harte Gangster sein wollen. Hier lässt auch das Drehbuch die Geschichte etwas im Stich. Das Trio Andy Weiss, Logan und Noah Miller machen einfach nicht deutlich, welchen Narren die ausschließlich schwarze Gang letztendlich an White Boy Rick gefressen hat. Es bleiben Vermutungen, was grundsätzlich in Filmen nie verkehrt ist, wenn man das Publikum auch ein bisschen fordert. Hier wirkt es ein wenig unangemessen. Es ist ja eine Geschichte nach einer wahren Begebenheit, und da sind Fakten angebrachter als Spekulation.
Was man beim Drehbuch und in Demange Inszenierung ebenfalls vermisst, sind die erklärenden Übergänge, wie Rick seine kriminellen Profession immer wieder neu ausrichtet. Wirklich gute getan hätten hier dem Film zusätzliche fünf Minuten. Am Ende hat Yann Demange ein solides Krimi-Drama inszeniert, das allerdings mit seinen Schwächen leben muss. Kein verschwendeter Zeitvertreib, dafür sorgt schon Matthew McConaughey, aber selbst eine Geschichte nach wahren Begebenheiten, kann man originell und mit Überraschungen erzählen.
Nur die Sache mit dem Davidsstern. Da wäre interessant, ob es sich auch so zugetragen hat, oder eine dramaturgische Freiheit seitens der Schreiber war. Witzig war es auf alle Fälle.
Darsteller: Matthew McConaughey, Richie Merritt, Bel Powley, Jennifer Jason Leigh, Rory Cochrane, Eddie Marsan, Piper Laurie, Bruce Dern, Brian Tyree Henry u.a.
Regie: Yann Demange
Drehbuch: Andy Weiss, Logan Miller, Noah Miller
Kamera: Tat Radcliffe
Bildschnitt: Chris Wyatt
Musik: Max Richter
Produktionsdesign: Stefania Cella
USA / 2018
111 Minuten