– Bundesstart 09.01.2025
– Release 10.10.2024 (PRT)
Preview 08.01.25, Cineplex, Fürth
Die ist die Geschichte von Almut und Tobias. Almut ist Chefköchin, spezialisiert auf bayerisch-basierender Küche. Tobias ist Handelsvertreter für Weetabix Frühstücksprodukte. Almut und Tobias lernen sich bei einem Unfall kennen, und verlieben sich. Almut will keine Kinder. Tobias kann sich eine Beziehung ohne Kinder nicht vorstellen. Almut erkrankt an Krebs. Tobias kann sich ein Leben ohne Almut nicht vorstellen. Als Zuschauer kann man sich nicht vorstellen, dass dies keine Adaption eines Romans von Nicholas Sparks ist, oder eine Neuverfilmung von DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER. Das Script zu WE LIVE IN TIME ist aber originär, und von Nick Payne geschrieben. Und wie schon dessen vorheriges Drehbuch THE LAST LETTER FROM YOUR LOVER, ist auch dieser Film nicht linear erzählt. Aber in diesem Fall sind die gut gemeinten Zeitsprünge dramaturgisch nicht sehr vorteilhaft.
Der irische Regisseur John Crowley ist durch die Nick Hornby Verfilmung BROOKLYN einem breiteren Publikum bekannt geworden. Aber bereits davor hat er mit Andrew Garfield BOY A gedreht. Crowley wusste also genau, was er bekommen würde, seinen Tobias mit Garfield zu besetzen. Andrew Garfield ist einer der zwei Gründe, sich WE LIVE IN TIME wirklich anzusehen. Der zweite Grund ist Florence Pugh, die ihren Filmpartner dann schon wieder dominiert, aber im positiven Sinne. Es ist nämlich nicht einfach, eine so einfache Geschichte wirklich interessant zu gestalten. Aber es ist die Strahlkraft und die Chemie von Pugh und Garfield, die den Film letztendlich sehenswert machen.
Es sind die Liebesbeziehungen die keine Chance haben, die den größten Effekt im Melodram erreichen. Wer erinnert sich nicht an Douglas Sirks WAS DER HIMMEL ERLAUBT, oder LOVE STORY irgendjemand? John Crowley nimmt bei seinem Film das große Melodram etwas heraus, was dank seiner bemerkenswerten Darsteller emotional immer noch gut funktioniert. Almut und Tobias manövrieren sich durch bekannte Höhen und Tiefen des Lebens. Sie sind ein Paar, dem man selbst in ihrem Alltagstrott einfach gerne beobachtet. Allerdings ist auch bei ihnen „das Schicksal ein mieser Verräter“.
Der Krebs kommt zurück. Der Kinderwunsch wird erfüllt. Und Almut fällt eine Entscheidung, die Tobias mitträgt. Nicht weil er ein guter Kerl ist, sondern seine Frau innig liebt. Florence Pugh und Andrew Garfield haben auch sehr viele lockere, manchmal auch ironische Dialoge, womit die Erzählung immer wieder raffiniert die reine Tragödie hinten anstellt, und viel konzentrierter auf der eigentlichen Beziehung bleibt. Das ist insofern wichtig, weil sich Autor Nick Payne keine sonderlich intellektuell ansprechende Geschichte ersonnen hat. Seine Absicht ist klar, mitten aus dem ganz normalen Leben zu schöpfen, jedefrau und jedermann zu demonstrieren. Und bei vielen Problemen und jeder Auseinandersetzungen kann man sich selbst, oder Freunde erkennen. Aber insgesamt ist es zu wenig, um neue Sichtweisen auf die eigene Partnerschaft zu erlangen.
Was die Geschichte selbst nicht schafft, erreichen in gewisser Weise seine überaus ansprechenden Darsteller. Das WE LIVE IN TIME mit Zeitsprüngen konzipiert ist, zeigt sich als interessanter Ansatz, der aber nicht wirklich aufgeht. Schon der Titel lässt darauf schließen, dass die Erzählung wie eine lose Kette von Rückblicken funktionieren soll. Niemand blickt auf ein Leben in chronologischer Reihenfolge zurück. Eigentlich springt man wild von Gedanke zu Gedanke, von Erinnerung zu Erinnerung. So erfährt man als erstes, was das Ende von Tobias und Almuts Geschichte sein wird. Man lernt vorher ihre gemeinsame Tochter kennen, und sieht erst später Almuts Schwangerschaft.
John Crowley setzt die einzelnen Episoden ohne zeitliche Hinweise zusammen. Das lenkt ab, weil man sich immer erst orientieren muss, wo und wann man sich befindet. Es ist verwirrend, wenn nicht richtig klar wird, ob Almut den Krebs nun besiegt hat, erneut erkrankt ist, oder noch gar nichts von dem Unheil ahnt. Dennoch spricht der Film durchaus interessante Fragen, Probleme und Gedankengänge an, die es wert sind, gehört und gesehen zu werden. Nicht weil John Crowley das überzeugend inszeniert hat, sondern weil Florence Pugh und Andrew Garfield das so authentisch werden lassen.
Darsteller: Florence Pugh, Andrew Garfield, Grace Delaney, Lee Braithwaite, Adam James u.a.
Regie: John Crowley
Drehbuch: Nick Payne
Kamera: Stuart Bentley
Bildschnitt: Justine Wright
Musik: Bryce Dessner
Produktionsdesign: Alice Normington
Frankreich, Großbritannien / 2024
108 Minuten