– Release 19.02.2024 (world)
Für jede Weltenbildung gibt es Regeln und Gesetze. Sonst funktioniert diese Welt nicht, weil man kein Verständnis dafür entwickeln kann. Ob Fantasy, Horror, Science Fiction, und selbst die absehbarste Romanze. Diese in sich geschlossenen Welten haben gewisse Regeln, um in ihrer Realitätsferne nachvollziehbar zu werden. Das muss für Osgood Perkins, gerne auch mal Oz genannt, der Anlass gewesen sein, genau diese metaphysische Regel vollkommen aufzulösen. Vielleicht um daraus wiederum eine ganz eigene Blase von Form und Inhalt zu kreieren. Anders ist die katastrophale Beliebigkeit in seiner Inszenierung von THE MONKEY nicht zu erklären, in der nichts stimmig ist, und kaum eine Szene in sich einen Sinn ergibt. Die einzige Konsistenz ist der beharrliche Bezug auf Stephen King. Dessen schon mehrfach verfilmte Kurzgeschichte hat zu Osgoods aufgeblasenem Script so marginale Bezugspunkte, dass Vergleiche schon irrelevant werden. Im Grunde ist Kings Name arglistige Täuschung.
Hal und Bill sind Zwillinge. Hal, ein verängstigter und gemobbter Verlierer. Bill, ein überheblicher und missbräuchlicher Kotzbrocken. Nach einem spektakulär blutigen Prolog verschwindet deren Vater auf Nimmerwiedersehen, gespielt von Adam Scott. Das ausgerechnet Adam Scott dieses Cameo spielt ist erfreulich, bleibt aber ein Mysterium, wie auch der spätere Kurzauftritt von Elijah Wood. Beide Rollen erfreuen höchstens Kinofreunde, aber der Regisseur weiß nichts mit ihnen anzufangen, was die Figuren beliebig werden lässt. Beim Ausmisten von Vaters Habseligkeiten, finden die Zwillinge einen überdimensionierten, aufziehbaren Trommel-Affen. Und jedes Mal, wenn die Jungs den Affen aufziehen und trommeln lassen, stirbt auf bizarre Weise ein Mensch.
Von der ersten, überzogenen Blut-Groteske an, steht fest, dass die unangefochtenen Stars des Films seine bizarren Todesarten sind. Vielleicht mag es nicht beabsichtigt gewesen sein, aber die raffiniert choreografierten Sterbeszenen wecken starke Erinnerungen an FINAL DESTINATION. Mit dem feinen Unterschied von Osgood Perkins‘ immer wieder übereiltem, viel zu schnellen Aufbau und der Auflösung dieser Splatter-Sequenzen. Tatsächlich läuft man extrem leicht Gefahr, den Kill zu versäumen. Die Geschwindigkeit in der Inszenierung birgt durchaus viel Satire, und gewinnt manchmal sogar etwas Slapstick-haftes. In diesem Sinne könnte das mörderische Spielzeug (es ist kein Spielzeug, wird in Bezug auf die Situation ständig betont) durchaus ein vergnüglich ungezügelter Splatter-Spaß sein. Doch hier beißt sich der Affe immer wieder selbst in den Schwanz.
Hal und Bill versenken den Affen in einem Brunnen, nachdem sie seine fiesen, und noch dazu wahllosen Fähigkeiten erkannt haben. Zeitsprung 25 Jahre ins Heute, die Zwillinge sind ungebrochen eine duckmäuserischer Pfeife und ein psychopathischer Egomane. Da taucht der Trommel-Affe wieder auf, und mordet munter vor sich hin. Es liegt ausgerechnet an Verlierer Hal, mit seinem entfremdeten Sohn das mechanische Monster zu zerstören. Das erzeugt keine Spannung, sondern treibt unentwegt die Frage vor sich her, wie Hal überhaupt Vater werden konnte. Aber das ist nicht etwa eines der Probleme, sondern Teil des ganzheitlichen Problems, und das ist Osgood Perkins.
Nicht das der Filmemacher phantasielos wäre, oder keine Ideen haben würde. Ganz im Gegenteil. THE MONKEY sprüht vor Einfällen, inhaltlich und inszenatorisch. Nur passt dabei nichts zusammen, und ergibt auch selten Sinn. Besonderes Merkmal sind die hanebüchenen Dialoge, die wie von Terry Gilliam beginnen, und sich wie bei Monty Python auflösen. Glaubt man endlich einmal eine vernünftige, sinnstiftende Unterhaltung zwischen den Protagonisten zu erfahren, zerstört sie Perkins mit einer absurden Grätsche ins Groteske. Die Beziehungen unter den Figuren sind kein bisschen nachvollziehbar. Nicht einmal im Sinne der Satire, oder gar einer Farce, kann man ein Verständnis für deren Verhältnisse und für die Charakterstrukturen entwickeln.
Niemand möchte eine Mutter wie Tatiana Meslanys Lois, die wirklich ausgezeichnet spielt, aber nicht einmal im gegebenen Rahmen real oder greifbar wird. In einer undankbar stereotypen Doppelrolle, stolpert Theo James unbeholfen hinterher, die weder lustig noch tragisch ist. Man ist sich nur sicher, dass so eine Type die ersten zehn Minuten des Films eigentlich nicht überleben dürfte. Aber wenn es ums Morden geht, ist die Motivation des Affen ohnehin beliebig nach Bedarf, und über die Handlung hinweg nicht stimmig. Während Stephen King, auf den das Marketing vehement setzt, den Affen als Metapher beschrieben hat, macht Perkins aus dem Trommler ein williges Werkzeug. Die letzte Hoffnung auf eine technisch raffinierte Umsetzung ist da vergeblich. Denn selbst hier erweisen sich Nico Aguilars Bildgestaltung und Graham Fortin mit Greg Ng im Schnitt als bloße Handwerker, die zweckmäßig, aber nicht künstlerisch arbeiten.
Und so beißt sich der Affe eben selbst in den Schwanz. Denn die einzig interessanten Momente des Films sind viel zu überhastet abgefeiert, während das was man anderorts Handlung nennen würde, hier von uninteressant bis nervtötend aufgebläht und uninspiriert inszeniert ist. Perkins hat wiederholt von gewissen Aspekten im Film gesprochen, die er seinem eigenen Leben entnommen hat. Diese vereinzelten Momente sind dann erkennbar, wenn man davon im Presseheft gelesen hat. So verschwimmen sie aber unbemerkt in der Kakophonie von inkohärenten Einfällen. Es gibt wirklich gute, urkomische und herrlich bösartige Splatter-Orgien im Kino. THE MONKEY, aber nicht der von Stephen King, sondern von Osgood Perkins, gehört leider nicht dazu.
Darsteller: Theo James, Tatiana Maslany, Christian Convry, Colin O’Brien, Elijah Wood, Sarah Levy, Tess Degenstein u.a.
Regie & Drehbuch: Osgood Perkins
nach der Kurzgeschichte von Stephen King
Kamera: Nico Aguilar
Bildschnitt: Graham Fortin, Greg Ng
Musik: Edo Van Breemen
Produktionsdesign: Danny Vermette
Großbritannien, USA / 2025
98 Minuten