THE LAST SHOWGIRL

Last Showgirl - (c) CONSTANTIN FILM– Bundesstart 20.03.2025
– Release 10.01.2024 (US)

In Las Vegas brechen in einem Casino die letzten zwei Wochen der Show ‚Le Razzle Dazzle‘ an. Nach Jahrzehnten wird der „letzte Nachkomme der Pariser Lido-Kultur“, wie es Tänzerin Shelly ausdrückt, wegen sinkender Besucherzahlen abgesetzt. Einst waren diese Tänzerinnen auch Botschafter für Las Vegas. Eine Kultur, eine Vergangenheit, eine Institution, und ein Leben von dem Shelly nicht ablassen kann. Von Anfang an war sie dabei, und ist mittlerweile die Älteste in der Truppe von eingeschworenen Revue-Damen. Shelly hat ihr ganzes Leben nach der Show ausgerichtet, eine entfremdete Tochter mehr oder weniger erfolgreich großgezogen. Für sie bricht eine Welt zusammen. Eine Welt, in der ihr keine neue Chance geboten werden wird. Gia Coppolas Film zeigt diese letzten zwei Wochen von ‚Le Razzle Dazzle‘, und sie zeigt was es für Menschen bedeutet, denen nie etwas geschenkt wurde.

Neben einigen Musikvideos ist dies Gia Coppolas vierter Spielfilm. Aufmerksamkeit gewann sie aber tatsächlich erst mit ihrem Coup für THE LAST SHOWGIRL Ihr Name ist Programm – die Nichte der bekannten Regisseurin, Enkelin des Großen – und so ist auch bei Gia nicht die Geschichte die Essenz des Films, sondern die Schicksale dahinter. Der Coup war die Besetzung von Pamela Anderson. Die Legende will es, Pamelas Agent hätte abgelehnt ohne ihr das Buch zu zeigen. Andersons Sohn hingegen legte ihr nahe den Film zu machen, dem zufällig das Buch in die Hände gefallen war. Woraufhin Pamela Anderson das Script las, die Rolle der Shelly annahm, und ihren Agenten feuerte.

Manche Anektoden sind zu schön, dass sie einfach wahr sein müssen. In einem Film über das Leben von Pamela Anderson, wäre diese das Grand Finale. Anders als in Gia Coppolas Film, in dem Shelly am Ende einen anderen Weg geht. Aber die emotionalen und physischen Überschneidungen in den Welten der Schauspielerin und dem Charakter sind eminent. Es ist kaum möglich die Privatperson von ihrer Filmrolle und dem Erfolg des Films zu trennen. Pamela Andersons Leben und Karriere umhüllen die Erzählung wie eine Metabene. Die Melancholie des einfachen Lebens als Revue-Tänzerin, aller Figuren im Film, wird zum Triumph der stets unterschätzten Schauspielerin.

Last Showgirl b - (c) CONSTANTIN FILM

Die Geschichte ist keine ausgeklügelte, raffiniert konstruierte Fantasie. Ihre Figuren sind schmerzlich greifbar. Der zuversichtliche Blick in die Zukunft der jungen Jodie – die subtil einnehmende Kiernan Shipka. Die unerfüllte Sehnsucht des Bühnenmanagers Eddie – grandios in seiner Einsamkeit Dave Bautista. In ihrer Härte, die nicht verzeihende Tochter Hannah – ungewohnt erschreckend kaltschnäuzig Billie Lourd. Der verlogene Optimismus der strauchelnden Cocktail-Bedienung Annette – Jamie Lee Curtis gewohnt extrovertiert, aber mit tiefer Traurigkeit. Die Autorin Kate Gersten nimmt ihre Figuren ernst, und zeigt sie unerbittlich in deren Welt. Immer wieder Sätze fließen Sätze über Kranken- und Arbeitslosenversicherung ganz natürlich in den Dialog ein. An sich kein großes Ding, aber ein Thema das in anderen Milieustudien kaum Aufmerksamkeit findet.

Gia Coppola hat daraus aber kein depressives Drama inszeniert. Doch sie erzählt ehrlich, dem Publikum und vor allem ihren Figuren gegenüber. Wenn man lacht, lacht man mit einer der Charaktere. Ist einem zum schluchzen, dann, weil jemanden auf der Leinwand zum heulen ist. Kamera und Bildgestalterin Autumn Durald Arkapaw zeichnet die Bilder mit starken Kontrasten. Bei den Außenaufnahmen wirkt das überzeichnete Blau schon fast Türkis, im Inneren dominieren ausgeblichene Rottöne. Die Welt ist selten einladend oder freundlich. Nur Shellys privates Reich und ihre vielversprechende Verabredung zeigen eine natürliche Farbpalette, die Geborgenheit vermittelt. Arkapaw ist nicht subtil, sondern setzt optisch für jede Szene klar die Stimmung. In markanten Szenen hält sie den Fokus in der Mitte, und lässt die Ränder provokant in die Unschärfe fallen.

Weder Shelly noch Annette, weder Jodie oder die unsichere Mary-Anne bedauern ihr Leben als solches. Sie bedauern die Ignoranz die ihnen entgegengebracht wird. Coppola versteht worauf es dabei ankommt, und deswegen überrascht der Film immer wieder an unerwarteten Eckpunkten, die für gewöhnlich eine typische Erzählung ausmachen. Doch zur kleinen Sensation wird THE LAST SHOWGIRL letztendlich durch eine Frau, die sich vollkommen neu ausgerichtet hat, um eine Frau zu spielen, die vom Alten einfach nicht loslassen kann. Es ist das Gesamtpaket. Metaphysisch betrachtet.

Last Showgirl a - (c) CONSTANTIN FILM


Darsteller: Pamela Anderson, Brenda Song, Kiernan Shipka, Dave Bautista, Jamie Lee Curtis, Billie Lourd u.a.

Regie: Gia Coppola
Drehbuch: Kate Gersten
Kamera: Autumn Durald Arkapaw
Bildschnitt: Blair McClendon, Cam MacLauchlin
Musik: Andrew Wyatt
Produktionsdesign: Natalie Ziering
USA / 2024
88 Minuten

Bildrechte: CONSTANTIN FILM
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar