PADDINGTON IN PERU

Paddington Peru - Copyright SUDIOCANAL– Bundesstart 30.01.2025
– Release 08.11.2024 (UK)

Familien-Preview, 26.01.25, Fürth
Eigentlich ist es eine unverzeihlich lange Zeit. Zehn Jahre nach seinem grandiosen Live-Action-Debüt, und sieben Jahre nach seinem sensationellen, zweiten Auftritt, kommt endlich und lange erwartet ein neues, sehr unterhaltsames Abenteuer. Man erkennt, das letzte Adjektiv ist nicht ganz so enthusiastisch. Aber das liegt vor allem, und ganz klar an den unglaublich starken Vorgaben die Regisseur und Co-Autor Paul King seinem Erben Dougal Wilson hinterlassen hat. Music-Video- und Kurzfilm-Regisseur Wilson feiert mit diesem Film nicht nur sein Spielfilm-Debüt, sondern muss sich auch auf neue Autoren verlassen. Allerdings mit dem Vorteil, dass sich die Herren Jon Foster und James Lamont schon bei der, an die Filme angelehnten Animationsserie ziemlich erfolgreich ihre Lorbeeren verdient haben.  Somit gibt es kein Halten: Paddington ist zurück, und geht gleich weiter nach Peru. Das bringt nicht so viele urkomische Brüller, aber doch viel mehr an emotionaler Tiefe.

Ein Brief von Mutter Oberin des ‚Heimes für Bären im Ruhestand‘ in Peru, bringt Unruhe in die Familie Brown. Tante Lucy sei ziemlich in sich zurückgezogen, wirkt traurig, und benehme sich auch sehr merkwürdig. Just zu dem Zeitpunkt erhält Paddington seinen Pass, und somit ist der Bär aus Peru jetzt offiziell Brite. Dieses Szenario hat Regisseur Wilson durchaus gut inszeniert, doch in Anbetracht des Kontextes mit Paddingtons Leidenschaft fürs britische, hätte die Sequenz absolut mehr Bombast und Tränendrüse vertragen. Doch Wilson, dass muss man absolut zu Gute halten, verschwendet auch keine Zeit. Er peitscht nicht voran, aber es gibt dennoch keinerlei Leerlauf.

Es tut sich einiges in der Familie Brown. Vater Henry muss sich in der Firma neu orientieren. Mutter Mary versucht die Nestflucht der Kinder zu verarbeiten. Judy will auf eine weiterführende Schule so weit weg von zuhause wie möglich. Während Jonathan alles tut, um überhaupt nicht mehr aus seinem Zimmer zu müssen. Somit erklärt sich der Plan von selbst, die Browns begleiten das bärige Familienmitglied nach Peru. Schon allein wegen des Gemeinschaftsgefühls. In Peru angekommen, müssen die Browns allerdings erfahren, dass Tante Lucy verschwunden ist. Doch es gibt eine Spur, und die führt den Amazonas hinauf durch den Dschungel. Mit einer überaus seltsamen Mutter Oberin, und einem Bootsführer, der sich ständig mit unsichtbaren Vorfahren zankt.

Es sind große Themen die der Film anspricht. Die Abnabelung der Kinder. Mister Browns Stellung in der Firma. Aber vor allem geht es um Integration und Identität. Und der Film beantwortet, zumindest für seine Welt, die schwierige Frage von Zugehörigkeit und Familie. Die Macher haben jedoch nicht vergessen, dass PADDINGTON nach wie vor Familienvergnügen sein soll. Entsprechend werden auch seine Themen feinfühlig und unaufdringlich behandelt, womit die Kleinen im Publikum auch nicht überfordert werden. Eher werden die Erwachsenen unterfordert. Denn die Inszenierung legt sehr viel Wert auf die Verständlichkeit diverser Witze, und szenischer Zusammenhänge.

Paddington Peru a- Copyright SUDIOCANAL

Es nimmt immer wieder ein klein wenig vom eigentlich treibenden Fluss der Handlung, wenn humorige Höhepunkte ausgespielt werden, bis sie auch in der letzten Reihe angekommen sind. Ob angebrachter Vergleich, oder nicht – dass war bei den beiden Vorgängern harmonischer und ausgewogener. Aber PADDINGTON hat auch IN PERU soviel Action, turbulente Sequenzen, und prekäre Situationen, dass er damit seine immer wieder in Erscheinung tretenden Schwächen von selbst verschwimmen lässt. Und des Bären stets gut gemeinten, aber im Chaos endenden Unterfangen sind und bleiben einfach hinreißend komisch. Da fügt sich ein zu allen Schandtaten bereiter Antonio Banderas ganz hervorragend ein. Als überreizter und unberechenbarer Kapitän mit Hang zum Irrsinn, läuft Banderas mit ansteckender Spielfreude zu sehenswerter Hochform auf.

Und dann springt noch Olivia Colman mit unbändiger Energie als Mischung von Julie Andrews SOUND OF MUSIC und Debbie Reynolds SINGENDER NONNE durch den peruanischen Dschungel, als hätte sie schon ewig auf diese Rolle gewartet. Rollen am Rande des Wahnsinns sind Colman wahrlich nicht fremd, aber hier spürt man ihr Vergnügen, vom Druck des Anspruchs im Arthouse-Kino befreit zu sein. Dafür nimmt Regisseur Wilson selbst Anleihen beim anspruchsvollen Kino, wenn er mehr als einmal Werner Herzog zitiert. Oder dem Abenteuer-Bruder Indiana Jones Tribut zollt, sowie dem Technicolor-Klassiker DIE SCHWARZE NARZISSE.  Kameramann Eric Wilson scheut sich auch nicht, ganz offensichtlich Vittorio Storaros Bilder von APOCALYPSE NOW zu zitieren. Obwohl die Produktion tatsächlich in Peru und Kolumbien gedreht hat, haben die meisten Dschungelszenen die Anmutung altbackener Studiokulissen. 

Das produktionsbedingt einfach mal im Studio gedreht werden muss, ist aber nur bedingt bedauerlich. Im Kontrast hebt es dafür den ergreifenden Charme des Hauptdarsteller hervor, worauf es letztendlich auch ankommt. Denn man kann es drehen und wenden wie man will – die Effekteschmieden haben vor zehn Jahren einen Figur errechnet, der mit seiner bis heute nicht zu übertreffenden Animation, zu einem unglaublich ansprechenden Charakter wurde. Zusammen mit dem liebevollen Wesen, welches ihm Schöpfer Michael Bond bereits 1958 gegeben hat, seiner absurd höflichen Art und Ausdrucksweise, wird Paddington auf surreale Weise real. PADDINGTON IN PERU ist ein kurzweiliger Spaß, der seinen Unzulänglichkeiten trotzt, und damit die Reihe durchaus sehenswert weiterführt. Und wenn es noch einmal ein paar Schritte weiter gehen soll, müssen sich die Produzenten wirklich sehr genau überlegen was sie tun. Denn dieser dritte Teil bietet Vorlagen, die schnell ins Auge gehen, oder das Fell stumpf machen können.

Paddington Peru b- Copyright SUDIOCANA


Darsteller: Paddington: Ben Wishaw / Elyas M’Barek
Hugh Bonneville, Emily Mortimer, Madeleine Harris, Samuel Joslin, Julie Wlaters, Antonio Banderas, Jim Broadbent, Olivia Colman u.a.

Regie: Dougal Wilson
Drehbuch: Mark Burton, Jon Foster, James Lamont
Kamera: Eric Wilson
Bildschnitt: Una Ni Dhonghaile
Musik: Dario Marianelli
Produktionsdesign: Andy Kelly
Großbritannien, Frankreich, Japan, USA
2024
106 Minuten

Bildrechte: STUDIOCANAL SAS
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