MARIA

Maria - Copyright NETFLIX– Bundesstart 06.02.2025
– Release 27.11.2024 (US)
– Netflix 11.12.2024 (CDN)

Ich lerne zwei bemerkenswerte Dinge in MARIA. Zum einen, dass La Divina eine extrem verbitterte Egoistin war. Zum anderen, dass Regisseur und Filmemacher Pablo Larrain wahnsinnig gerne sämtliche Filmformate in seinen Filmen simuliert. Zum ersten, kann ich mir nicht vorstellen, dass es wirklich so war. Zum zweiten, kann es ein schönes Stilmittel sein, dramaturgisch abgesetzte Szenen auch optisch zu trennen. 16mm Farbfilm mit verwackelten Bildführung steht für private Aufnahmen, 16mm Schwarzweiß sind meist Nachrichten-Auszüge, und so fort… Das hat Pablo Larrain schon bei SPENCER ausreichend zelebriert, seinem zweiten Film der sogenannten Ladys-with-Heels-Trilogie, die mit JACKIE begann und jetzt mit MARIA abgeschlossen sein soll. Aber zurück zum optischen Stilmittel, welches der Filmemacher bei diesem Film exzessiv, aber wahllos auskostet, ohne das einen wirklich Sinn ergibt.

Ist die technisch künstlerische Spielerei mit Formaten und Kameraführung tatsächlich von Bedeutung, wenn es doch um die strahlende Persönlichkeit also solche geht? Ach ja, ich habe Maria Callas in diesem Film ja gar nicht als strahlende Persönlichkeit kennengelernt, sondern nur als verhärmte Diva. Mit wechselnder Optik hätte Larrain mit seinem EL CONDE-Kameramann Edward Lachmann in den Rückblenden durchaus sich verändernde Befindlichkeiten in unterschiedlichen Lebensphasen von Maria symbolisieren können. Sollten sie das am Ende auch beabsichtigt haben, dann ist es bei mir überhaupt nicht angekommen. So steht hier die Form einfach nur weit über der Aussage.

Aber kann mich MARIA dennoch begeistern? Absolut. Ein gutes Ensemble, natürlich angeführt von einer wie immer anziehend charismatischen Angelina Jolie, und ein ausladendes Produktionsdesign, durch das sich Lachmans Kamera mit getragenen Fahrten bewegt, und die Opulenz der Räumlichkeiten wirken lässt. Hier werden die letzten sieben Tage im Leben der bekanntesten und auch besten aller Sopranistinnen erzählt, bevor sie am 16. September 1979, in ihrer Wohnung in Paris verstirbt. Aber Larrain definiert die Sängerin nicht allein über diese letzten Tage, sondern skizziert mit Rückblenden einige Lebensstationen. Den größten Anteil nimmt dabei Marias Beziehung zu Aristotle Onassis in Beschlag, eine glückliche Phase, obwohl beide noch anderweitig verheiratet sind. Oder die Zeit in Athen, wenn Mutter die junge Maria und ihre Schwester Yakynthy gegen Bezahlung an deutsche Soldaten vermittelt.

Maria a - Copyright NETFLIX

Die Rückblenden sind lediglich Abrisse, welche auf die Assoziationen des Publikums vertrauen. Bildlich berufen sich diese Zeitsprünge auf hinlänglich bekannte, zeitgenössische Fotos, ohne sie aber plump zu kopieren, sondern diese inhaltlich weiterführen. Für das Heute im Jahr 1979, ist Larrain ein Kamerateam eingefallen, von dem sich La Divina interviewen lässt. Es ist aber ein imaginäres Team, bei dem der Reporter denselben Namen trägt wie Marias halluzinogenes Schmerzmittel. Ihre Umwelt reagiert verstört auf die Selbstgespräche, wobei sich La Divina aber immer geschickt zu erklären versteht. Mit der Einbindung des Publikums hat sich der Regisseur aber auch Möglichkeiten genommen, seine unspektakuläre Maria mysteriöser zu gestalten.

La Callas ist bei Pablo Larrain nicht mysteriös. Sie macht auch selten den Eindruck vielschichtig zu sein, und wird nicht einmal nahbar. Ja, MARIA kann begeistern. Mit seiner starken Bildführung, mit seiner Musikauswahl, mit seiner Ausstattung (man beachte die genial manipulative Lichtstimmung in der Küche), und mit der Natürlichkeit seines Darsteller-Ensembles. Immer wieder begeistert die bewegenden Subtilität im Spiel von Alba Rohrwacher uns Pierfrancesco Favino (2010 ein Paar in WAS WILL ICH MEHR). Als Haushälterin und Butler sehen sie sich ständig den Fantastereien und Launen der Diva ausgesetzt, aber wie sie damit umgehen, entlockt ständig ein befriedigendes Lächeln. Etwas mehr von Rohrwacher und Favinos Figuren hätte gut getan.

Aber es ist Angelina Jolies Film. Mehr als es ein Film über die menschlichen Facetten der Callas ist. Und das ist leider auffallend, und dadurch auch inhaltlich etwas oberflächlich. Pablo Larrain stellt sehr konsequent die Unzulänglichkeit der Maria Callas zur Schau, und konzentriert sich viel zu stark darauf das Jolie auch selbst singen kann, worauf die Schauspielerin bestanden hat. Dafür bemerkt man leider auch manche Asynchronität wenn die Film-Maria doch einmal zu Aufnahmen der Original-Maria singt. Aber auch das ist durchaus zu verschmerzen, denn dafür ist Angelina Jolie einfach viel zu beindruckend anzuschauen. Ja, da kann MARIA wirklich begeistern. Doch eine gelungene Biografie, mit interessanten Aspekten oder komplexen Einsichten, ist es wahrlich nicht.

Maria b - Copyright NETFLIX


Darsteller: Angelina Jolie, Pierfrancesco Favino, Alba Rohrwacher, Haluk Bilginer, Kodi Smit-McPhee, Valeria Golino, Vincent Papadopoulou u.a.

Regie: Pablo Larrain
Drehbuch: Steven Knight
Kamera: Edward Lachman
Bildschnitt: Sofia Subercaseaux
Produktionsdesign: Guy Hendrix Dyas
Chile, Italien, USA, Deutschland / 2024
123 Minuten

Bildrechte: NETFLIX
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