– Bundesstart 25.04.2025
– Release 26.03.2024 (GB)
Warum wurde Nikolai Leon von Scott Chambers für die Rolle des Christopher Robin ersetzt? Weil sich Filmemacher Rhys Frake-Waterfield als sehr cleverer Filmbeobachter beweisen will, und vorgibt verstanden zu haben, dass Film-in-Film oder Metaebenen sehr populär sind. Und beide Erzählformen eröffnen starke Möglichkeiten. Möglichkeiten, die BLOOD AND HONEY Teil 1 dringend gebraucht hätte. Waterfield hat jetzt diese Möglichkeiten, versucht sie zu nutzen, und heraus kommt ein anderer Film. Anders, aber nicht besser. Waterfield zeigt Teil 1 lediglich als filmische Adaption von ‚realen‘ Ereignissen, welche zur Handlung dieser Fortsetzung führen. Regisseur und Autor hat also Film-in-Film und Metaebene vereint. Somit wird Nikolai Leon zur Trash-Version des Christopher Robin, den Scott Chambers in der übergeordneten Ebene verkörpert. Clever. Scheinbar.
Bei allem Respekt den selbst die kritischsten unter den Kritikern einem Film, seinen Produzenten, und dem gesamten Team entgegen bringen sollten, macht es ihnen WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY II sehr schwer. Christopher Robin versucht als Doktor in einer anderen Stadt ein neues Leben zu beginnen, nachdem er einen Film vorher den mörderischen Attacken seiner ehemaligen Stofftiere und imaginären Freunde Pooh und Piglet entkommen konnte. Doch hier in Ashwood macht man Christopher für die Massaker im 100-Morgen-Wald verantwortlich, die eigentlich Pooh und Piglet begangen haben. Aber tatsächlich plagen den jungen Doktor ganz andere Probleme.
Nach reichlich Blutvergießen zur Einstimmung in den Film, tauchen noch die imaginären Spielgefährten Owl und Tigger im 100-Morgen-Wald auf. Owl stachelt Pooh und Piglet an, die blutigen Gemetzel auf die Stadt auszuweiten, denn auch sie möchten ihre Portion Rache an Christopher. Währenddessen fragt sich das Publikum, was mit dem immensen Budget passiert ist, dass die Produzenten so großzügig aufgestockt haben. Die Masken sind aufwendiger, detaillierter, und lassen diesmal auch Augen- und Mundbewegungen zu, dennoch bleiben Christophers ehemalige Stofftiere immer noch Redneck-mäßig gekleidete Männer mit immer noch schlechten, und nicht überzeugenden Masken.
Was die Produzenten bewogen hat, dass Budget nicht wie anfangs angedacht zu verfünffachen, sondern gleich auf die hier zehnfachen 5 Millionen Dollar zu heben, liegt auf der Hand. Die gewohnt süßen Zeichentrickfiguren adäquat als Splatter-Bestien zu adaptieren, scheiterte am kaum vorhandenen Budget. Weil seinerzeit wider Erwarten wildgewordene Horror-Gesellen die Kinosäle heimsuchten, hieß die schlichte Rechnung der Geldgeber: Mehr Geld, mehr Zuschauer. Die schlichte Rechnung des Filmemachers Rhys Frake-Waterfield hieß: Das bekomme ich hin. Aber das hat er nicht, selbst wenn sich Kameraführung, Spannungsbögen, und Schnitt massiv verbessert haben.
Zwischen den unspannend inszenierten Massakern, hat Waterfield noch versucht eine Geschichte hinein zu basteln, die endgültig von der ohnehin gnadenlos missbrauchten Welt des A.A. Milne wegführt. Christopher Robin hat sich in Hypnotherapie begeben, um ein noch nicht greifbares Kindheitstrauma zu lösen. Das zeigt der Regisseur in langen, sehr zähen und nicht unterbrochenen Sitzungen, die spannungsarm vorhersehbare Abgründe auftun. Das währenddessen Menschen sterben, ist für Christopher weniger von Belang. Es fehlt einfach Struktur, die den Film nicht nur eine klare, sondern überhaupt eine Linie gibt. Da helfen all die technischen Besserungen wenig.
Wobei es aber letztendlich auch die Montage von Dan Allen und Rhys Frake-Waterfield selbst ist, welche all zu offensichtlich die massiven Schwächen in der Umsetzung der Practical Effects, also den handgemachten Spezialeffekten entlarvt. Die überwiegende Zahl von Verstümmelungen, Enthauptungen, Deformationen und vieles, vieles mehr nimmt man über die Tonebene wahr. Zu sehen ist in den geschickten Umschnitt lediglich das Endresultat, mit merklich angeschminkten Latex-Hautfetzen oder nachträglich drapierten Mordutensilien. Sollte Pooh doch einmal im Vollbild seinen Stiefel auf das Haupt des Opfers niederlassen, hat das sichtlich Melonen-Charakter anstelle eines Kopfes.
In einem Film, der das grotesk wahllose Töten um des Tötens willen mit eigenartiger Freude zelebriert, sollten die Splatter-Effekte eigentlich schon überzeugen. Auf eine persönliche Ebene heruntergebrochen, schmerzt es einen derart motivierten und bemühten Filmemacher wie Rhys Frake-Waterfield erleben zu müssen, der an den eigenen Ansprüchen scheitert. Sein Kalkül ist das bereits vielfach beschworene ‚Poohniverse‘, zu dem sich bald Bambi und später Pinocchio als muntere Mordgesellen einfinden werden. Sollte Waterfield selbstherrliche Ambitionen haben, ein Jason Blum im Trash-Sektor zu werden, sollte ihn schleunigst jemand von diesem Sockel herunterholen.
SHARKNADO war ein Phänomen das sich nicht wiederholen lässt, und an dessen Formel der billigen Simplizität schon andere Projekte brachial gescheitert sind. Waterfield wird bei seinem augenblicklichen Stand als Filmemacher keine weiterreichende Bedeutung erlangen. Weder in der Industrie, noch bei Kritikern, und erst Recht nicht bei cinephilen Trash-Fans. So sehr Teil 2 gegenüber dem Vorgänger an Produktionsaufwand zugelegt hat, fehlt Waterfield nach wie vor das Gespür für dramaturgische Inszenierung, und nach wie vor das Talent ein stimmiges Narrativ zu kreieren. Auch dieser Film hat keine innere Logik, die über die Charakternamen hinausgeht, und sich somit auch nicht mit dem Ursprungsmaterial vereinbaren lässt. Die Prämisse macht sich selbst obsolet.
Darsteller: Scott Chambers, Tallulah Evans, Ryan Oliva, Lewis Santer, Eddy MacKenzie, Marcus Massey, Nicola Wright u.a.
Regie: Rhys Frake-Waterfield
Drehbuch: Rhys Frake-Waterfield, Matt Leslie
Kamera: Vince Knight
Bildschnitt: Dan Allen, Rhys Frake-Waterfield
Musik: Andrew Scott Bell
Produktionsdesign: Jamie Sneddon
Großbritannien / 2024
100 Minuten