– Bundesstart 16.05.2024
– Release 13.10.2023 (CAN)
In Zeiten von anzüglichen Komödien, mit Filmen bei denen die Demütigung von bloßgestellten Darstellern die größten Lacher bringt, ist WHAT HAPPENS LATER eine durchaus willkommene Rückbesinnung. Und das mit einem Schuss von Nostalgie, wenn Meg Ryan zweiundzwanzig Jahre nach KATE & LEOPOLD wieder einmal im Kino die Krone der Rom-Com-Queen aufsetzt. Und in dieser Beziehung enttäuscht sie nicht. Acht Jahre nach ihrem leidlich aufgenommenen Regiedebüt ITHACA, wirkt Meg Ryans zweite Regiearbeit wie eine Flucht in die Sicherheit des heimischen Terrains. Wobei ‚Flucht‘ spekulativ wäre, aber auch niemanden geschadet hätte. Es ist die Adaption des von Steven Dietz geschriebenen Bühnenstücks ‚Shooting Star‘. Ryan hat mit Dietz und Kirk Lynn das Buch verfasst, dass auf zwei Personen und einen Mitwirkenden ausgelegt ist.
Wilhelmina Davis trifft in einem kleinen Flughafen im Mittleren Westen ihren ehemaligen Freund, und damals fast Ehemann, William Davis. Ihre Namen werden ein launiger Running Gag der durchaus nicht alt wird, obwohl nie verheiratet, heißen beide W. Davis. ‚Willa‘ ist eine flippige, oft orientierungslose Esoterikerin, die gerne offen mit allem umgeht. ‚Bill‘ ist ein eher selbstbezogener Geschäftsmann, der sich gerne, wenngleich unnötig, um alles und jeden Sorgen macht. Fünfundzwanzig Jahre haben sie sich nicht gesehen, und so sollte es auch bleiben. Aber ein Schneesturm hat alle Flüge bis auf Weiteres gestrichen. Sich aus dem Weg zu gehen wird da sehr schwierig.
Anders als bei üblichen Theateradaptionen, bleibt der Film beim Bühnenkonzept von zwei Personen und einem Mitwirkenden. Letzterer ist der Flughafen selbst, als Ort und verbal über die Lautsprecherdurchsagen. Der Aufbau ist klassisch, um das Wort ‚vorhersehbar‘ zu vermeiden. Von Smalltalk, Sticheleien, Vorwürfe, offenes Gespräch, Gemeinsamkeiten, und letztendlich die erlösenden Geständnisse. Man kann erkennen, was Meg Ryan an dem Stoff interessiert hat, wozu die Dialoge allerdings bestimmt nicht zählen. Sonderlich tiefgründig ist keine von den unablässigen Auseinandersetzungen. Manchmal sogar enttäuschend oberflächlich. Der Film funktioniert nur über seine Darsteller.
Die künstlerischen Absichten der Regisseurin/Autorin/Produzentin bleiben eher dunkel als vage. Schon allein für den Filmtitel findet sich keine Erklärung. Die Lautsprecherdurchsagen werden von einem Schauspieler gesprochen den es gar nicht gibt (Das es sich um Eddie Vedder handeln soll, ist nirgendwo bestätigt). Und die Fantastik-Elemente sind viel zu diffus und unausgereift umgesetzt, um tatsächlich magische Momente zu generieren. Meist schafft es nur Verwirrung. Der Flughafen wird aus unerfindlichen Gründen immer leerer, und die Lautsprecherdurchsagen wenden sich manchmal direkt an die W. Davis‘, und antworten auch auf rhetorische Flüche.
Das Szenario erinnert stark an die sprechenden Hinweisschilder in Steve Martins L.A. STORY. Nur fehlt hier, was man bei solchen Filmen gerne magischer Realismus nennt, in dem sich die fantastischen Elemente auf selbstverständliche und gegebene Weise einfügen. Das sich der Flughafen als dritte Partei zum isolierten Mikrokosmos von Willa und Bills Beziehung verselbstständigt, ist eine grandiose Idee. Aber Ryan entgleitet immer wieder die beständige Linie in der Umsetzung. Was wunderbar innerhalb einzelner Szenen funktioniert, ergibt schließlich im Gesamten ein sprunghaftes Durcheinander. Mit jeder neuen Sequenz muss man sich auch in W. Davis‘ Gefühlswelten neu orientieren.
In der Bildgestaltung lässt sich Bartosz Nalazek erstaunlich wenig einfallen, um aus den eingeschränkten Örtlichkeiten das besondere Etwas zu zaubern. In einer Sequenz sieht man die beiden Protagonisten von außen durch die ausladende Fensterfront tanzen. Es fehlt unentwegt an solchen Momenten, welche die Zuschauenden aus der wirklichen Welt herausnehmen, und in den Kosmos der W. Davis‘ integrieren. Das Team von Ausstattern und Set-Designern verärgert mit einem nur minimalistischen Anspruch in die künstlerische Integration des Flughafens und seiner essenziellen Bedeutung für die Erzählung. Hier zeigt sich das Produktionsdesign im besten Falle zweckmäßig.
WHAT HAPPENS LATER ist ein Film der allein von seinen Darstellern lebt. Wie Meg Ryan und David Duchovny mit den eigentlich nur mittelmäßigen Dialogen jonglieren ist dann schon wieder jeden Cent des Eintritts wert. Sie schaffen es tatsächlich, Sätze ohne wirkliche Tiefe mit soviel Bedeutung zu füllen, dass ihre innige Beziehung für die Betrachtenden Wirklichkeit wird. Die Chemie stimmt, auf den Punkt. Obwohl sich Ryan mit ihrer altbekannten, überdrehten Verschrobenheit, und Duchovny mit seiner üblichen Masche des knochentrockenen Rationalisten hier gewiss nicht neu erfinden. Meg Ryan und David Duchovny sind der Film, dass kann durchaus genug sein, unterhaltsam ist es auf alle Fälle. Aber mehr sollte man nicht erwarten. Die Krone der Rom-Com-Königin ist eben etwas verrutscht. WHAT HAPPENS LATER ist Nora Ephron gewidmet, welcher Ryan im Grunde ihre Karriere verdankt. Ein großartige Autorin und Regisseurin, von der man mehr noch einiges lernen könnte.
Darsteller: Meg Ryan, David Duchovny und Hal Liggett
Regie: Meg Ryan
Drehbuch: Meg Ryan, Steven Dietz, Kirk Lynn
nach dem Bühnenstück ‚Shooting Star‘ von Steven Dietz
Kamera: Bartosz Nalazek
Bildschnitt: Jason Crockett
Musik: David Boman
Produktionsdesign: Jordan Gourson
USA / 2023
103 Minuten