– Bundesstart 16.10.2024
– Release 19.09.2024 (KWT)
John Lawlor ist Agent der Drogenfahndung, ein sehr unkonventioneller und unangepasster Artgenosse. Joey ist die verwöhnte Frau eines Großindustriellen, und liebt verkehrstechnische Regelverstöße mehr, als man hinter ihrem blendenden Aussehen vermuten möchte. Kwang ist der anerkannte, geschätzte Großindustrielle, der in Wirklichkeit mit Drogen richtig viel Geld macht. Raymond ist Joeys Sohn und Kwangs Stiefsohn, ein dreizehnjähriger, frühreifer Neunmalklug. Ach, nicht zu vergessen Bolo, rechte Hand und Ausputzer von Kwang. Trash-Kino-mäßig läuft er nicht im feinen Zwirn neben dem Chef, sondern mit viel zu enger, ärmelloser Weste, um die übertriebenen Muskelmaßen zeigen zu können. Bolo ist sozusagen das i-Tüpfelchen auf einer Europacorp Produktion, wie sie Luc Besson gefühlt jeden Monaten in kaum nennenswerten Variationen auf den Markt wirft. Dabei müsste WEEKEND IN TAIPEI aber gar nicht so schlecht sein.
Natürlich hat Besson die üblichen, und lange abgedroschenen Standards seiner Actionfilme mit ins Drehbuch geschrieben, dass er sich in den Credits mit George Huang teilt. Der bisher wenig erfolgreiche Huang ist auch Regisseur, ein typisches Opfer von Produzenten, die einen Film im Grunde exakt nach ihren Vorstellungen sehen möchten. Aber die ersten zwanzig Minuten sind dabei sogar sehr unterhaltsam und extrem originell, wenn John in Interaktion mit seiner Vorgesetzten gezeigt wird, was immer wieder von einer sehr ausladenden, und grandios choreographierten Prügelsequenz in einer Küche unterbrochen wird. Danach geht es aber leider sehr beständig abwärts.
Der nach dem anfänglichen Chaos befohlene Urlaub führt John ganz zufällig nach Taipei. Dort gerät der Drogenfahnder ganz zufällig in die Machenschaften des Drogenhändlers Kwang. Die Überraschung ist groß, als sich ganz zufällig Kwangs Frau Joey als die alte, aber einzig wahre Liebe von John herausstellt. Ihr Sohn Raymond ist Dreizehn, und ganz zufällig haben sich auch kurz davor die Wege von Joey und John getrennt. Hoffentlich hat niemand ernsthaft eine Spoiler Warnung erwartet.
George Huang hat hier einen Film zu verantworten, der wirklich keine Überraschung bietet. Nicht nur das, die Chance der etwas anderen Familienzusammenführung wird nie wirklich genutzt. Buch und Regie hangeln sich lieber durch das Regelbuch für Action-Standards und Beziehungsklischees. Von den durchaus attraktiven Darstellern hätte man sich da schon einiges mehr erwartet, und wäre auch wesentlich mehr möglich gewesen. Besonders Luke Evans wird dem überambitionierten, und doch irgendwie abgehalfterten Agenten herrlich gerecht. Aber dem gegenüber steht dann Sung Kang als fast schon unerträgliche Blaupause des Bösewichts. Und das ist der Mann, wegen dem nach heftigen Protesten, die ganze FAST & FURIOUS-Reihe neu konzipieren werden musste.
Nach der beeindruckenden Küchensequenz, gibt es keine überzeugende Actionszene mehr. Eine wirkliche Choreographie kommt nicht mehr vor, und der Schnitt springt unkontrolliert, ohne Rhythmus oder logistischer Orientierung hin und her. Joeys sportliche Fahrten mit mehr als 150 Mph durch Taipei sind entweder am Schneidetisch beschleunigt, oder sichtbare GCI-Konstrukte. Der oftmals skurrile Humor und die schlagfertigen Dialoge können dabei kaum etwas auffangen. Obwohl auf Geheiß des Produzenten Besson anstatt in Hongkong in Taipeh gedreht wurde, weiß die Bildgestaltung von Colin Wandersman nichts mit der eigentlich beeindruckenden Stadt anzufangen. Bis auf wenige Aufnahmen in denen der markante Turm des World Financial Center zu sehen ist, bleiben die Straßenbilder beliebig und zudem unspektakulär. WEEKEND IN TAIPEI ist eine weitere Produktion, die leider erneut Luc Bessons rasant schwindende Kreativität demonstriert.
Darsteller: Luke Evans, Gwei Lun-Mei, Sung Kang, Wyatt Yang, Pernell Walker u.a.
Regie: George Huang
Drehbuch: George Huang, Luc Besson
Kamera: Colin Wandersman
Musik: Matteo Locasciulli
Produktionsdesign: Hwarng Wern-ying
Frankreich, Taiwan, USA / 2024
100 Minuten