TAROT – Tödliche Prophezeiung

Tarot 1 - Copyright SONY PICTURESTAROT
– Bundesstart 16.05.2024
– Release 01.05.2024 (Bel)

Es gibt viele Low-Budget-Produktionen die ihr finanziellen Defizite nicht verleugnen können, aber durch ihre Hingabe an die Geschichte überzeugen. Und es gibt in dieser Folge auch Filme, die durch ihre starke, unfreiwillige Komik ein unglaubliches Unterhaltungspotential bekommen. TAROT gehört zu keinem dieser Filme. Der Regie-Erstling von Spenser Cohen und Anna Halberg ist eine endlose Abfolge von uninspirierten und absehbaren Jump Scares, die mit fehlenden Ambitionen umhüllt sind. Halberg und Cohen haben vorher als Autoren-Duo gearbeitet, und auch den Stoff für ihre erste Regie verfasst, adaptiert von Nicholas Adams 1991 veröffentlichten Roman ‚Horrorscope‘. Sieben Freunde finden in ihrem Ferienhaus ein selbstgefertigtes Tarot-Set, und beschließen den Mangel an Alkohol mit dem lesen von Karten zu kompensieren. Die Tarot-erfahrene Harriet übernimmt, obwohl sie es besser wissen müsste.

Man könnte TAROT zugute halten, dass er keine Zeit verschwendet. Das Regie-Duo treibt den Film ohne Zeitverlust voran. Was auf der Strecke bleibt ist Logik und Plausibilität, die es innerhalb jedes versponnen Szenarios geben muss. Harriet weiß als erfahrene Tarot-Leserin, dass man niemals ein fremdes Set benutzt, und welche Konsequenzen es hätte. Aber selbst wenn man diese inhaltliche Inkonsequenz dem Mangel an Zeit oder der Ideenlosigkeit zuschreibt, offeriert der Film grundsätzlich und unablässig inszenatorische und narrative Mängel. Der Ablauf ist einfach – nach und nach holen sich die manifestierten Kartenfiguren ihre Opfer, wie es die Karten vorhergesagt haben.

Ganz klare Anleihen nehmen die Filmemacher bei dem Artifakten-Zimmer der Warrens aus CONJURING, wenn die Freunde das Tarot-Set finden. Und kopiert wird der Handlungsaufbau von FINAL DESTINATION, wobei sogar eine Todesart daraus übernommen wurde. Nur folgt TAROT im Ablauf keiner inneren Logik, baut die absehbar fatalen Schicksale der Figuren auch nicht spannend auf, denn Halberg und Cohen verwechseln grundsätzlich Schock mit Spannung. Aber die Jump Scares haben einen eher ermüdenden Effekt. Die Figuren werden einfach in die tödlichen Szenarien geworfen. Es ist Tom Elkins, der versucht im Schnitt zu retten, was zu retten ist.

Tarot 3 - Copyright SONY PICTURES

Aber es ist eigentlich nichts zu retten. An den Protagonisten liegt es nicht, denn die Dynamik zwischen den Charakteren stimmt. Nur zeigen die Filmemacher keinerlei Interesse an den Figuren. Halberg und Cohen sind lediglich an der Effizienz ihres Gimmick interessiert, ohne die Prinzipien einer stringenten Erzählung zu beachten. Nach jedem Todesfall führt der einfallsloseste Weg direkt zum nächsten Mordszenario, ungeachtet der Sinnhaftigkeit. Die sowieso ohne substanzielle Individualität geprägten Charaktere handeln realitätsfern ausschließlich nach Bedarf der sparsamen Handlung. Und in den Außenaufnahmen gibt es kein Anzeichen anderer Menschen.

Steven Ticknor hat mit seinen Sound Editing die mühevollste Arbeit geleistet. Unablässig kreischen Toneffekte, selbst ohne wirklichen Schockmoment. Es gibt Augenblicke von schrecklichem Unvermögen, wie die schlampig geschriebenen Sequenzen zwischen den vermeintlichen Spannungsmoment. Und es gibt Szenen mit merklichen Bemühungen, wie Elie Smolkins effiziente Kameraführung, die aber nie angemessen genutzt wird. Halberg und Cohen verweigern sich jeder innovativen Eigenständigkeit. Inszenatorisch ist TAROT eine filmtechnische Tragödie, weil die Macher nicht einmal mit den wenigen, einigermaßen funktionierenden Komponenten etwas anzufangen wissen.

Tarot 2 - Copyright SONY PICTURES

 

Darsteller: Harriet Slater, Jacob Batalon, Avantika Vandanapu, Adain Bradley, Humberly González, Wolfgang Novogratz, Larsen Thompson und Olwen Fouéré
Regie & Drehbuch: Spenser Cohen & Anna Halberg
Kamera: Elie Smolkin
Bildschnitt: Tom Elkins
Musik: Joseph Bishara
Produktionsdesign: Felicity Abbott
USA / 2024
92 Minuten

Bildrechte: SONY PICTURES
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