SPIRIT IN THE BLOOD

Spirit in the Blood 1 - Copyright WELTKINO FILMVERLEIH– Bundesstart 07.11.2024

Es ist eine tiefreligiöse Gemeinde, in welche die 15-jährige Emerson Grimm mit ihrer Familie kommt. Für ihren Vater ist es eine Rückkehr, was ihn aber dazu bewogen hat, wird man nicht erfahren. Hier inmitten der kanadischen Wälder, wurde erst vor kurzem ein Mädchen von einem Raubtier getötet. So nimmt man an. Aber Filmemacherin und Regie-Debütantin Carly May Borgstrom macht unmissverständlich klar, dass sie nicht daran denkt tatsächlich ein Raubtier auf die junge Hauptfigur und ihre neuen Freundinnen zu hetzen. Als sich Emerson nach einem Streit mit ihrem Vater, alleine ihren Weg nachhause suchen muss, wird sie auf einer Waldlichtung von einem Wesen verfolgt, welches sie als Mischung zwischen Bär und Baum beschreibt. Was natürlich auf große Skepsis bei den Erwachsenen stößt. Nicht aber bei ihrer neuen Freundin Delilah, dem charakterlich und äußerem Gegenteil von Emerson. Später stoßen noch Rachel und Abby zu dem Duo. Und sie allesamt sind überzeugt, dass für den Tod des Mädchens kein Raubtier, sondern das Monster im Wald verantwortlich ist.

Geboren und aufgewachsen in Kanada, trieb es Borgstrom nach Thailand, dann nach Indien und schließlich in deutsche Gefilde, wo sie in Hamburg ihren Master in Film absolvierte. Ihr erster Spielfilm sollte auch ein für sie wichtiges Thema behandeln, was sie demnach zurück nach Kanada brachte, dem Ort ihrer Jugend. Dadurch ist anzunehmen, dass die Stadt St. Belvedere nicht nur fiktive Züge trägt. Dort stürzen sich Emerson und Delilah in ihre jugendliche Selbstfindung und Emanzipation. Dabei ersinnen sie ihr eigenes, blutiges Ritual, um gegen das mädchenmordende Monster zu bestehen.

Borgstrom spielt immer wieder mit der Wahrnehmung, was real oder Einbildung sein könnte. Das geht in beide Richtungen. Nicht nur aus der Sicht der Teenager, sondern in Bezug darauf, wie die Zuschauenden glauben das Gesehene einordnen zu können. An der Kamera bedient sich Zamarin Wahdat dabei der üblichen Tricks von Reißschwenks, vornehmlich viel Schatten, und schräg verkanteten, handgeführten Einstellungen. Das Mysterium wird zur Geduldsprobe, denn von Anfang an lässt die Geschichte keinen Zweifel daran, worum es gehen soll. Und spätestens bei dem Ritual der jungen Mädchen, die über ihr Blut böse Geister aus ihrem Körper waschen wollen, steht die Thematik des heiklen Übergangs vom Heranwachsen zum Erwachsenwerden außer Frage.

Spirit in the Blood 3 - Copyright WELTKINO FILMVERLEIH

Für Carly May Borgstrom ist es ein wichtiges Thema, für die Zuschauenden ein uninteressantes. Dazu hätte die Filmemacherin viel tiefer in die filmtechnische Trickkiste greifen müssen, oder zumindest eigenständige Ideen entwickeln müssen. Aber gefühlt, vielleicht sogar wirklich, dient jeder zweite Horrorfilm als Allegorie für die Unschuld, oder Referenz für die Weiblichkeit, oder Ähnliches. Die strenge Religiosität von St. Belvedere, die weitläufige Wildnis als das große Ungewisse, das widersprüchliche Verhältnis zum eigenen Vater, die selbst zugefügten, blutenden Hände der Mädchen, oder auch deren gegensätzlichen Charakterzüge. Es fehlt schlichtweg an Originalität.

In ihrer gesamten Inszenierung wagt Carly May Borgstrom selbst nicht, aus dem Gefüge der pragmatischen Lehren von Filmhochschulen auszubrechen. Zwar hat Borgstrom mit Summer Howell und Sarah-Maxine Racicot zwei sympathische Hauptdarstellerinnen gefunden. Aber – es mangelt ihnen in letzter Instanz an den entscheidenden Nuancen, etwas Schauerliche zu transportieren, welches letztendlich doch nichts Übernatürliches hat. Sehr zum Leidwesen für die Atmosphäre des Films, trägt auch Zamarin Wahdat mit einer sehr uninspirierten, höchstens zweckmäßigen Kameraführung kaum etwas für eine interessante, oder gar einnehmende Stimmung bei. SPIRIT IN THE BLOOD fehlt künstlerisch leider genau das, was er vollmundig im Titel trägt.

Spirit in the Blood 2 - Copyright WELTKINO FILMVERLEIH

 

Darsteller: Summer H. Howell, Sarah-Maxine Racicot, Sarah Annott, Lyla Elliott, AriSNW Deibert; Greg Bryk, Michael Wittenborn u.a.

Regie & Drehbuch: Carly May Borgstrom

Kamera: Zamarin Wahdat
Bildschnitt: Julia Kovalenko, Silke Olthoff
Musik: Dorian Behner, Paul Timmich
Produktionsdesign: Eva Kozlova
Deutschland, Kanada / 2024
98 Minuten

Bildrechte: WELTKINO FILMVERLEIH
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