– Bundesstart 05.09.2024
– Release 22.03.2024 (IND)
– 03.05.2024 USA Internet
Gerade als Sie dachten, es wäre wieder sicher ins Kino zu gehen… Kaum eine Schlagzeile könnte treffender sein, als die abgewandelte Variante von DER WEISSE HAI 2. Zwischen MEGALODON und SHARKNADO müsste man annehmen alle geistigen Ergüsse zum Thema erlebt zu haben. Drehbuchautorin Cat Clarke überrascht dann aber doch mit einer neuen Variante. Das lesbische Pärchen Meg und Kayla treffen im nächtlichen London auf eine homophobe Frauengruppe. Meg wird brutal zusammengeschlagen, während Kayla wenig tut um ihr zu helfen. Abblende zu einem Jahr später – was Fragen aufwirft. Schließlich weiß man als Zuschauender genau weswegen man gekommen ist. Und damit ist bestimmt kein psychologisches Drama gemeint. SOMETHING IN THE WATER ist zwei Filme die ineinandergreifen, und für die Erklärung warum das nicht gut geht, muss nachfolgend gespoilert werden.
Ein Jahr später kommen die besten Freundinnen Meg, Kayla, Lizzie, Cam und Ruth zu Lizzies Hochzeit wieder zusammen. Das erste Mal das Meg und Kayle nach der Attacke aufeinandertreffen. Die große Feier findet auf einer beliebigen, westindischen Insel statt. Trauzeugin Cam hat sich zum letzten freien Mädelstag einen Ausflug mit einem kleinen Motorboot zu einer winzigen, weit abgelegenen Insel ausgedacht. Ziel ist es aber auch, Meg und Kayla dazu zu bringen, sich auszusprechen. Aber nichts will so richtig funktionieren, und auf der überhasteten Rückfahrt passiert, was passieren muss. Bis zum dramaturgischen Wechsel sind gerade erst 25 Minuten vergangen.
Bei erstaunlich kurzen 86 Minuten, sollte man glauben, dass Regiedebütantin Hayley Easton Street im Tempo richtig anzieht. Das weibliche Ensemble ist gut, etwas zu sehr nach genretypischen Äußerlichkeiten ausgewählt, aber durchaus überzeugend im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Schade nur, dass es kaum Möglichkeiten gibt. Durch die Oberflächlichkeit der Handlung reduziert sich auch die Dramaturgie. Und Megs durchaus realistische Grenzerfahrung sträubt sich immer wieder mit der Trash-Fantasie des Tierhorrors eine überzeugende Beziehung einzugehen. Denn die Haie kommen, wie versprochen. Und dafür lässt der Film auch keine Unwahrscheinlichkeit aus.
Auf der einen Seite stellt man sich die Frage nach den unbeleuchteten Facetten der Beziehungen unter den Frauen. Megs Trauma und Kaylas Schuldgefühle finden keine nachvollziehbare Assoziationen bei den Zuschauenden, weil die genrebedingte Trivialität der Inszenierung keinen Raum lässt. Auf der anderen Seite möchte man die Hände über den Kopf zusammenschlagen, wie man eine derartige Anhäufung von dummen Zufällen ernsthaft als Spannungsmomente verkaufen will. Ein absurdes Element greift ins nächste, oder initiiert dieses. Auch hier ist der Auslöser die seit DER WEISSE HAI widerlegte Vorstellung, dass Haie auf menschliches Blut reagieren würden.
In der Bildgestaltung zeigt Niels Reedtz Johansen was man von paradiesischen Szenarien auch erwartet. Alles ist traumhaft, dementsprechend sind die Bilder Standard. Es soll die aufkommende, fleischfressende Situation konterkarieren, was nur leidlich gelingt, weil alles absehbar ist. Bei den Hai-Attacken enstehen einige sehr eindringliche Bilder, die tatsächlich die gruselige Gegebenheit unterstreichen. Besonders die Perspektive von oben, welche die Frau im Wasser und die Haie nur schemenhaft unter der Oberfläche zeigen, sind äußerst intensiv. Man kann Hayley Easton Street nicht vorhalten, uninteressant oder dilettantisch zu inszenieren, sie verliert nur die Gewichtung aus den Augen.
Die Regisseurin versucht zwischen den Attacken immer wieder den psychologischen Seelenschmerz der Figuren weiter aufzuarbeiten. Und das beißt sich fürchterlich mit den zwischen Leben und Tod entscheidenden Hai-Momenten. Der ohnehin zweifelhafte Mix zweier unterschiedlicher Themen will nicht funktionieren. Auch wenn die Situation als Katharsis für Megs Trauma konzipiert ist. Die erstaunlich kurze Laufzeit, kommt einen erstaunlich lang vor. Aber als Gewissheit nimmt man mit auf den Weg, dass Hayley Easton Street mit dem richtigen Material auch einen guten Film machen könnte. Einen bei dem man nicht sieht, dass Darsteller im Wasser stehen, obwohl sie schwimmen sollten. Oder in dem ein Happy End nicht von Menschenopfern abhängig gemacht wird.
Darsteller: Hiftu Quasem, Natalie Mitson, Nicole Rieko Setsuko, Lauren Lyle, Ellouise Shakespeare-Hart u.a.
Regie: Hayley Easton Street
Drehbuch: Cat Clarke
Kamera: Niels Reedtz Johansen
Bildschnitt: Pani Scott
Musik: Nainite Desai, Harry Peat
Produktionsdesign: Claire Fleming
USA, Frankreich, Großbritannien / 2024
86 Minuten