WAS WILL DER LAMA MIT DEM GEWEHR?

Monk and Gun - Copyright MFA+ FilmDistributionTHE MONK AND THE GUN
– Bundesstart 01.08.2024
– Release 01.04.2024 (It)

Sehr einfach ausgedrückt, wollte der König von Bhutan nicht mehr selbst regieren und rief für 2008 die ersten freien Wahlen für eine demokratisch-konstitutionelle Monarchie aus. Der Film von Pawo Choyning Dorji beginnt 2006 in Ura. Beauftragte der Regierung sollen den Menschen auf dem Land beibringen, was Wahlen überhaupt sind, und wie diese funktionieren. In seiner unbeschwerten Art, erinnert LAMA an Khyentse Norbus Festivalliebling PHÖRBA – SPIEL DER GÖTTER von 1999, in dem junge Mönche in Bhutan anstatt zu meditieren, lieber die Live-Übertragungen der Fußball-WM sehen möchten. Dorjis Film vom Mönch mit dem Gewehr ist da weniger schlitzohrig, aber mit seiner sehr dezenten Anleihe an die Verwechslungskomödie, etwas verspielter und vielschichtiger in der Erzählung.

Als Lernprozess werden im Land Testwahlen ausgerichtet, wie auch in Ura. Hier laufen sich immer wieder Menschen mit verschiedenen Berufungen über den Weg. Mönch Tshomo soll zum Beispiel für seinen Lama eine Schußwaffe besorgen. Die kryptische Erklärung: Dinge müssen wieder in Ordnung gebracht werden. Tshering und Phurba sollen der Landbevölkerung das Konzept der Wahlen beibringen. Choephel bringt das Städtchen gegen sich auf, weil er das unverständliche Prinzip des Wahlkampfes zelebriert. Und Benji spielt Reiseführer für den Amerikaner Ron, der auf illegale Weise für extrem viel Geld ein besonders wertvolles, antikes Gewehr kaufen möchte.

Kameramann Jigme Tenzing hat mit Autorenfilmer Dorji schon den wunderbaren Oscar-Anwärter LUNANA – EIN YAK IM KLASSENZIMMER gemacht. Und auch der LAMA MIT DEM GEWEHR besticht immer wieder mit traumwandlerisch szenischen Aufnahmen. Aber Tenzing will nicht einfach nur Idyll zeigen, was ihm allerdings nebenher doch gut gelingt, sondern er entwirft genauso Szenen, welche die Absurdität hervorheben mit denen sich die Bhutanesen durch die anstehenden Veränderungen konfrontiert sehen. Die meisten Lacher, aber durchaus auch nachdenkliche Momente schafft der Regisseur wenn die Bewohner wiederholt dden Nutzen von freien Wahlen in Frage stellen.

Monk and Gun 2 - Copyright MFA+ FilmDistribution

Der Regisseur erzählt mit Ruhe, aber niemals langatmig. Der Film schöpft aus einem Ensemble von Laiendarstellern, die mit ihrer unaufdringlichen Natürlichkeit überzeugen. Vornehmlich Deki Lhamo als freundlicher, zurückhaltener Mönch Tshomo mit einem gespendeten Gewehr. Lhamo bestimmt mit seiner Figur auch die leichte, aber nie leichtfertige Atmosphäre des Films. Mit stoischer Ruhe geht Tshomo durch das Land, muss sich mit Gelassenheit gegen den amerikanischen Interessenten des Gewehres erwehren, erlebt die Dorfbewohner mit ihrer Unzufriedenheit über die ungewollte Freiheit, und erfährt das Ansinnen des Lamas mit der gewünschten Waffe.

Mit einem sehr einnehmenden Rhythmus führt Pawo Choyning Dorji durch seine Geschichte. Irgendwie so, wie man es von einem bhutanesischem Film auch erwarten würde, auch wenn diese Erwartung von den einhergehenden Vorurteilen über den Mahayana-Buddhismus genährt ist. Mit der Ruhe baut sich aber auch eine sehr enge Beziehung zu den vielen unterschiedlichen Charakteren auf, bei denen selbst der Amerikaner als Fremdkörper einen umgänglichen Eindruck macht. Die unaufgeregte Atmosphäre im Film bedeutet aber niemals Stillstand. Er ist auf seine bescheidene Art sehr witzig, mit ganz tollen Figuren, und einer durchaus auch lehrreichen Geschichte. Aber allem voran, macht diese Geschichte nie den Eindruck konstruiert zu sein.

Monk and Gun 1 - Copyright MFA+ FilmDistribution

 

Darsteller: Tandin Wangchuk, Deki Lhamo, Pema Zangmo Sherpa, Tandin Sonam, Harry Einhorn, Tandin Phubz, Choeying Jatsho u.a.
Regie & Drehbuch: Pawo Choyning Dorji
Kamera: Jigme Tenzing
Bildschnitt: Hsiao-Yun Ku
Musik: Frederic Alvarez
Produktionsdesign: Chungdra Gyeltshen
Bhutan, Taiwan, Frankreich, USA, Hongkong
2023
107 Minuten

Bildrechte: MFA+ FilmDistribution
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar