Matinee: ROBIN AND MARIAN

Robin and Marian Matinee2

Robin and Marian Matinee1

– Bundesstart 12. 11.1976 – Release 12.03.1976 (USA)

ROBIN AND MARIAN ist einer dieser Überraschungsfilme, von denen man selten etwas im Vorfeld hört, die plötzlich da sind, und sich dann beim ersten Ansehen als überraschendes Juwel präsentieren. Zwanzig Jahre lang hat Robin of Sherwood seinen König Richard Löwenherz bei den Kreuzzügen begleitet. Die Länder sind geplündert, die Kreuzritter müde, und Löwenherz hat den Verstand verloren. Als der König stirbt, kehrt Robin mit seinem treuesten Gefährten Little John nach England zurück, desillusioniert von den Plünderungen und dem Wahnsinn seines verstorbenen Königs. Doch in England hat sich scheinbar nichts geändert.

Robin and Marian - Copyright COLUMBIA TRI STARDer Sheriff von Nottingham regiert mit Brutalität, und die Wälder des Sherwood Forest sind nach wie vor undurchdringlich. Viel dringlicher ist allerdings die Frage, wo ist Maid Marian? Bald haben sich die alten Recken wieder zusammengefunden und Robin erfährt von Friar Tuck sowie Will Scarlett, dass er zur Legende geworden ist. Und dass der Sheriff gedenkt, Maid Marian einzusperren, die in den letzten zwanzig Jahren als Äbtissin in einem Kloster verbracht hat.

Geniale Drehbucheinfälle und eine augenzwinkernde Regie belebten Mitte der Siebziger die Legende des Robin of Sherwood mit Bravour noch einmal. ROBIN AND MARIAN funktioniert dabei wie eine glaubwürdige Fortsetzung aller bisherigen Robin-Hood-Geschichten. Man ließ die Helden einfach altern, machte sie reifer, und stellt das edle Heldentum inhaltlich und historisch arg in Frage. Zwischen Kampf und Geselligkeit mischen die Hauptfiguren auch kritische Reflexionen über verpasste Chancen im Leben: Was wäre wenn?

Aufgelockert wird dieser kurzweilige Film von Regieeinfällen, die für Richard Lester typisch sind. Da gibt es Kreuzritter, die sich die Finger am Katapult zwicken. Oder Robin und Little Johns aberwitzige Ausbruchversuche. Es wird jedes Klischee bedient, diese Klischees aber auch selbstkritisch karikiert. Doch seinen Helden bleibt der Film treu. Bis vielleicht auf Richard Löwenherz, aber bei dem liefert Richard Harris eine kurze, aber eine in Erinnerung bleibende Vorstellung. Der Sagenkönig gibt sich vom Irrsinn beseelt dem Wundbrand hin, und geht im Delirium dahin.

Sechs Jahre vorher waren Connery und Harris bei MOLLY MAGUIERS – VERFLUCHT BIS ZUM JÜNGSTEN TAG aus unverständlichen Gründen noch Kassengift im Doppelpack. Aber die Erfahrung mit Connery bei MOLLY MAGUIERS brachte Richard Harris zu ROBIN AND MARIAN. Bei dem erneuten Anlauf einer Zusammenarbeit sah der finanzielle Erfolg nur geringfügig besser aus. Vielleicht liegt es einfach an der steten Ironie und einer ungewöhnlichen Leichtigkeit im Drama, mit der Lester seine Protagonisten durch die Höhen und Tiefen ihrer letzten Tage begleitet. Oder an dem ungeschriebenen Gesetz, dass Heldenfiguren wie Robin Hood gar nicht altern dürften?

Robin and Marian b - Copyright COLUMBIA TRI STAR

Die Actionsequenzen sind allemal temporeicher gestaltet und realistischer als bei Lesters unglaublich behäbigen zwei MUSKETIER-Filmen. Gedreht wurde in Amerika, wegen britischer Steuerflüchtlinge im Team. Es ist schon erstaunlich, wie stimmig ROBIN AND MARIAN seinerzeit war, und selbst heute noch ist. Sicherlich entlarven Farbton und Musik diesen Film als typischen, filmtechnischen Vertreter der Siebzigerjahre. Doch mit seinen überzeugenden und den altersweisen, sehr attraktiven Darstellern gewinnt der Film diese Atmosphäre, die man durchaus „zeitlos“ nennen kann.

Audrey Hepburn und Sean Connery erlauben zu gleichen Teilen einen Blick auf zwei Menschen, die sich tatsächlich lieben, und deren Wissen und Weisheit über die Jahre an ihrer Liebe gewachsen ist. Sie schmachten sich nicht an, und doch ist da diese spürbare Verbindung. Sie streiten, und sind dennoch sichtlich füreinander bestimmt. Was Hepburn und Connery auf der Leinwand allein durch ihre Präsenz vermitteln, schafft mehr Raum für gut portionierte Action. Damit kann auch auf künstlich inszenierten Kitsch verzichtet werden, weil sich die Romantik schon allein durch die Chemie der beiden Hauptdarsteller manifestiert.

Spannend, witzig, ein bisschen albern, herrlich gespielt, und wirklich einmal ein anderer Blick auf die Legende. Da ist das Spiel mit den Klischees auch absolut willkommen. Nur das überraschend melodramatische Ende will zuerst nicht so richtig zu diesem Film passen. Meint man. Doch eigentlich ist es ein logischer Schritt, der genau richtig ist, in einem Film der trotz seiner Leichtfüßigkeit die unschönen Facetten der damaligen Zeit und ihren Ereignissen nicht umgeht. Ein noch immer und immer wieder sehenswerter, und definitiv Richard Lesters bester Film.

Robin and Marian a - Copyright COLUMBIA TRI STAR

 

Darsteller: Sean Connery, Audrey Hepburn, Richard Harris, Nicol Williamson, Denholm Elliott, Ronnie Barker und Robert Shaw u.a.

Regie: Richard Lester
Drehbuch: James Goldman
Kamera: David Watkin
Bildschnitt: John Victor-Smith
Ausstattung: Gil Parrondo
Musik: John Barry
USA / 1976
circa 106 Minuten

Bildquelle: COLUMBIA TRI STAR
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Fernsehen gesehen, Im Kino gesehen, Matinee abgelegt und mit , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar