– Bundesstart 12.09.2024
– Release 30.05.2024 (NLD)
Dies ist die Geschichte von Ezra Brandel, einem Dreizehnjährigen mit Autismus…
Eigentlich ist dies die Geschichte von Max Brandel, ein geschiedener Stand-Up Comedian, der einen Sohn mit Autismus hat. Das Max von Jenna getrennt ist, ist ein bisschen auf mit seine impulsiven Ausbrüche und seiner stagnierenden Karriere als Comedian zurückzuführen. Aber vieles hat mit der Erziehung von Ezra zu tun, der nicht berührt werden darf, und sich mit dem Verstand eines Erwachsenen mit Filmzitaten verständigt. Jenna möchte Ezra in eine behütete Sonderschule schicken, während Max darauf besteht, dass Ezra in einem unbeeinflussten Umfeld aufwächst. Autor Tony Spiridakis verarbeiten im Buch seine eigenen Erfahrungen mit einem autistischen Sohn. Für die Rolle von Ezras Großvater hat Robert De Niro sofort zugesagt, weil er selbst ein autistisches Kind hat. Und Regisseur sowie Nebendarsteller Tony Goldwyn, persönlicher Freund von Spiridakis, hat viele Stellen im Team mit Menschen aus dem Autismus-Spektrum besetzt. Man kann davon ausgehen, dass es keinen Mangel an Authentizität geben wird.
Es ist eine der ganz seltenen Gelegenheit für Bobby Cannavale, einen Film einmal anzuführen. Und er nutzt es mit sichtbarer und sehr berührender Hingabe. Wider besseren Wissens will er immer wieder Ezra einfach einmal an sich drücken, ihm seine Liebe vermitteln. Er brennt förmlich dafür. Aber als Filmsohn weiß William Fitzgerald in beeindruckender Weise auf seine ganz eigene Art, sehr wohl die Liebe seines Vaters zu verstehen und anzunehmen. Hier haben sich wie der Deckel zum Topf, zwei Darsteller auf sehr einnehmende Weise gefunden. Max wird wegen eines Missverständnisses sein Teil des Sorgerechts entzogen, und er wird mit Kontaktverbot zu Ezra belegt. Kurzerhand entführt er seinen eigenen Sohn, und flüchtet mit ihm zu einem Vorsprechen quer durch das Land nach Los Angeles. Mit einigen belehrenden Zwischenstationen.
Grundsätzlich hat EZRA alles was ein Wohlfühldrama braucht. Eine Geschichte die einen gewissen allgemeingültigen Anspruch besitzt. Ansprechend charismatische Darsteller, wobei Rose Byrne in der Geschichte dramaturgisch bedingt leider zu kurz kommt. Und mit Tony Goldwyn einen Regisseur, der sehr angenehm mit Reduktion in einzelnen Sequenzen auffällt, anstatt das sentimental ausufernde Drama zu suchen. Dennoch ist EZRA emotional durch und durch. Auf die eine oder andere Weise. Denn in der Geschichte fehlt schlichtweg ein antagonistischer Gegenpol, zu eigentlich allen Figuren.
Die Inszenierung verzettelt sich immer wieder im Hin und Her zwischen den einzelnen Aspekten und Meinungen. Ganz nach Spiridakis‘ Vorlage, will Goldwyn keine Stellung beziehen, niemanden zum Helden oder zum Unhold stilisieren. Jennas Einstellung zur Förderschule für Kinder mit besonderen Bedürfnissen hat die gleiche Berechtigung, wie Max‘ vehemente Versuche, Ezra frei und neutral aufwachsen zu lassen. Und je nach dem wie es die Dramaturgie der Handlung verlangt, wechselt auch die Perspektive in der Inszenierung. Damit wechselt auch ständig die emotionale Ausrichtung des Publikums. Mal ist man auf Max‘ Seite, mal auf Jennas. Das ist in diesem Fall für die filmische Dramaturgie wichtig, für eine Bindung zu den Figuren eher hinderlich.
Als außenstehendes Publikum, kann man schwer die Komplexität erfassen, die ein Autist ins Leben bringt. Und EZRA bricht das nur auf des Notwendigste herunter, weil Spiridakis, und mit ihm auch Tony Goldwyn, kein nervenaufreibendes Drama beabsichtigten, sondern einen Verständnis weckenden Wohlfühlcharakter inszenieren. Das ist sehr unterhaltsam und durchaus ansprechend anzuschauen, allerdings fehlt in der Führung der Geschichte eine intellektuellen und emotionelle Konstante.
Dreizehn Jahre nach seiner letzten Kinoregie für BETTY ANNE WATERS, hat Tony Goldwyn wieder ein ausgezeichnetes Ensemble gefunden. Wo er mit Kamera und Schnitt den sicheren Weg einer konventionellen, aber konzentriert fokussierten Inszenierung geht, besticht er mit seinen Darstellern. De Niro darf wieder einmal mehr spielen, als nur verdrießlich reden. Rose Byrne war ohnehin nie eine fürs Overacting, auch wenn dieser Stoff reichlich Möglichkeiten geboten hätte. Bobby Cannavale ist wie schon erwähnt absolut mit Herzblut im Thema. Und in seinem Debüt sollte man William A. Fitzgerald in seinem Debüt nicht verpassen. Ein solides Drama, dass mit vermeidbaren Schwächen kämpft, aber dennoch einen starken Unterhaltungswert beschert.
Darsteller: Bobby Cannavale, William A. Fitzgerald, Robert De Niro, Rose Byrne, Tony Goldwyn u.a.
Regie: Tony Goldwyn
Drehbuch: Tony Spiridakis
Kamera: Daniel Moder
Bildschnitt: Sabine Hoffman
Musik: Carlos Rafael Rivera
Produktionsdesign: Dan Leigh
USA / 2023
101 Minuten