THE FIRST OMEN
– Bundesstart 11.04.2024
– Release 04.04.2024
Als 1976 DAS OMEN auf die Welt losgelassen wurde, nahmen das die renommierten Kritiker nicht sehr wohlwollend zu Kenntnis. Etwas anders sahen das die Kinokassen. Der heute als Klassiker geltende Film von Richard Donner lockte mit einer für das Genre ungewöhnlich seriösen Besetzung. Und es gab eine innovative Neuerung, welche die ganze Omen-Serie bis heute definiert, und auch eine andere Horrorfilmreihe animierte. Das Filmdebüt von Regisseurin Arkasha Stevenson präsentiert weder das eine, noch überzeugt es mit dem anderen. Ohne hier Sônia Bragas Namen schmälern zu wollen. Und die interessanteste Todesart hier, ist die Kopie eines Mordes aus dem ’76er Original, nur in einer unsinnig übersteigerten Ausweitung. Der Fluch des unzensierten Kinos von heute. Dennoch spürt man in Stevensons Inszenierung die Bemühungen für etwas künstlerisch Eigenständiges. Doch FIRST OMEN wird Opfer, nicht etwa vom Original, sondern von den aktuellen Einflüssen des Mainstream.
FIRST OMEN spielt als Prequel 1971, passt also kanonisch in die Zeit des ersten Films, fällt aber mit einer Szene in einer Discothek auf. Also drei Jahre bevor es die ersten Discotheken gab, und fünf Jahren bevor das zu hörende Lied veröffentlicht wurde. Diesen Anachronismus kann man allein schon deswegen nur schwer ignorieren, weil diese Sequenz essenziell für den Handlungsverlauf ist. Und erst Recht für Novizin Margaret, die nach Rom eingeladen ist, um ihr Gelübde abzulegen. Hier wird Margaret warmherzig empfangen, aber es gibt auch Anfeindungen. Im weiteren Verlauf stellt sich heraus, dass die vermeintlich Guten etwas Böses im Schilde führen, und umgekehrt.
Wenn einem der Anriss des Plots bekannt vorkommt, könnte vielleicht der Sydney Sweeney Starrer IMMACULATE daran Schuld sein. Die aufdringlichen Ähnlichkeit vertieft sich dann noch mit dem weiteren Schicksal der Hauptprotagonistin. Andrew Lobel hat sein Buch zu IMMACULATE bereits 2014 in Umlauf gebracht, die Arbeit für ein OMEN-Prequel begann zwei Jahre später 2016. Damit sollen aber keine verunglimpfende Behauptungen in den Raum gestellt werden. Schließlich ist die Originalität im Horror mittlerweile fast ausgeschöpft, wofür die Idee mit einem bösartigen Swimming Pool Zeugnis ablegt. Oder wie THE FIRST OMEN selbst sehr gut beweist.
Wenn Margarete in Rom ankommt, ist die Stadt von sozialen Unruhen gegen Staat und Kirche überschattet. Wahre Ereignisse, die sich von Ende ’60 bis Anfang der 1980er zogen. Ein wahrlich intelligenter Hintergrund, dem allerdings die ideologische Vertiefung im Film fehlt. Schließlich ist es die Idee radikaler Würdenträger, den Antichrist auferstehend zu lassen, um mit der Angst vor dem Bösen, die Menschen zurück in die Arme der Kirche zu treiben. Für einen Film, dessen Geschichte und Auflösung durch den Kanon einer gesetzten Filmreihe vorgegeben ist, erlaubt sich das Buch von Keith Thomas und Tim Smith, zusammen mit Stevenson selbst, fragwürdige Freiheiten.
Das hier der Sohn des Satans zum Wiedererstarken des Christentums führen soll, steht natürlich im krassen Widerspruch zu den Originalen, in denen Antichrist Damien Thorn die Wiederkunft von Christus eigentlich verhindern muss. Von dem sehr freien Umgang mit dem Jackal als Elternteil des Satansbraten darf man gar nicht erst anfangen. Das führt direkt zum Markenzeichen der raffiniert gestalteten Todesszenen, die hier effektiv sind, aber keine außergewöhnlichen Schauwerte haben. Die Regisseurin bedient sich lieber mit Jump Scares, die aber nicht einmal einem mittelmäßigen Horrorfilm zur Ehre gereichen. Dabei wäre FIRST OMEN für sich alleine sogar mehr als nur mittelmäßig.
Mit der durch SERVANT im Horror heimischen Nell Tiger Free hat THE FIRST OMEN eine starke Schwester Margaret gefunden. Lediglich auf den ersten Blick scheint ihre Besetzung auf Äußerlichkeiten zu beruhen. Aber für eine Hauptdarstellerin, welche ohne signifikante Dialoge die meiste Zeit ängstlich, verwirrt und schockiert reagieren muss, brilliert Free mit einer beeindruckenden Darstellung. Ihre unschuldige Anmut, mit ihrem merklich gefestigten Glauben einer angehenden Nonne, reißen den Film immer wieder aus der Willkür seiner belanglosen Geschichte. Einer Geschichte die weit ansprechender wäre, würde sie sich nicht an einer respektierten Vorlage vergreifen.
Es gibt immer wieder Szenen oder Einstellungen, die einiges über die grundlegenden Intentionen der Filmemacherin Stevenson offenlegen. Die Sequenz im Kreißsaal zum Beispiel, oder die teuflische Fratze aus Kerzen bei einer Kamerafahrt. Wie immer im Leben, bedeutet gut gemeint nicht zwangsläufig auch gut gemacht. Auch wenn das Thema der körperlichen Selbstbestimmung durchscheint, ist es doch schlichtweg zu uninteressant gestaltet, um Eindruck zu generieren. Trotz aller Lippenbekenntnisse, ist eine künstlerische Eigenständigkeit wegen des übermächtigen, und dadurch allgegenwärtigen Vermächtnisses von DAS OMEN ohnehin kaum möglich.
Eine dramaturgische und inhaltliche Verbindung zum Original will sich nicht einstellen. Obwohl beide Filme teuflische Kinder ihrer Zeit sind. Nur hechelt der eine dem anderen hinterher, und verliert sich schließlich zwischen Individualität und Verpflichtung. Und das in einer Zeit, in welcher die Ansprüche an das Horror-Genre durch ein Überangebot nicht hoch gehalten werden können. Als wertiges Prequel uninteressant, verkümmert THE FIRST OMEN genau aus diesem Grund in der Mittelmäßigkeit. Fans und Freunde wissen auch genau worauf diese Vorgeschichte hinauslaufen wird, während unbedarfte Neueinsteiger ins lauwarme Fegefeuer gestoßen werden. Genau dazwischen zeigt sich die Unbeholfenheit der Macher. Denn welchen Sinn ergibt dieser mit anschwellender Musik dramatisch aufgebauschte Höhepunkt und dem Satz, „sein Name ist Damien“.
Darsteller: Nell Tiger Free, Ralph Ineson, Sonia Braga, Nicole Sorace, Tawfeek Barhom, Maria Caballero, Ishtar Currie-Wilson mit Charles Dance, Bill Nighy u.a.
Regie: Arkasha Stevenson
Drehbuch: Arkasha Stevenson, Keith Thomas, Tim Smith
Kamera: Aaron Morton
Bildschnitt: Amy E. Duddleston, Bob Murawski
Musik: Mark Korven
Produktionsdesign: Eve Stewart
Kanada, USA, Italien, Serbien, Großbritannien,
2024
120 Minuten