– Bundesstart 21.11.2024
– Release 08.10.2024 (Internet)
Paris ist ein Mittzwanziger, der vor geraumer Zeit mit seiner Mutter einen Autounfall hatte, welchen nur er überlebte. Seitdem hat er sich zurückgezogen und forscht vergebens nach einer medizinischen Erklärung, warum seine Mutter die Kontrolle über den Wagen verloren hatte. Ellie ist auch Mitte Zwanzig, und nachdem ihr Vater spurlos verschwunden war, hat ihre Mutter Celeste in eine neue Familie eingeheiratet. Wie es sich für trotzige Kinder gehört, hat sich Ellie von Celeste distanziert. Einen plausiblen Grund dafür gibt es nicht, sondern dient sehr offensichtlich der Dramaturgie. Denn als Ellies jüngere Schwester Anna in der ursprünglichen Vegetation des Caddo Lake spurlos verschwindet, muss es einen Grund geben, warum sich Ellie alleine auf die gefährliche Suche macht. Das ist ärgerlich, denn allein die Dynamik zwischen Mutter und Tochter wäre schon brillante Grundlage für ein attraktives Drama. Getragen durch die starken Leistungen von Eliza Scanlen als Ellie und Lauren Ambrose als Celeste.
Caddo Lake ist ein über 100 Quadratkilometer großer See mit Flachwassergebieten, der genau auf der Grenze von Texas und Louisiana liegt. Hier arbeitet Paris, und holt Unrat und alte Rohrleitungen von früheren Tagen aus den flachen Gewässern. Und er findet die verletzte Anna, die ortsgleich von Ellie gesucht wird. Warum sich die einsiedlerischen Paris und Ellie während ihrer Aktionen nicht begegnen, ist wohl der Größe von Caddo Lake geschuldet. Oder vielleicht den eigenartigen Geräuschen, die ab und an zu hören sind. Oder dem seltsamen Phänomen von plötzlichen Wetterschwankungen. Oder dem Umstand, dass CADDO LAKE von M. Night Shyamalan produziert wurde.
Dieser Film könnte durchaus eine Kopfgeburt von Shyamalan sein. Er ist aber vom untrennbaren Regie- und Autorenduo und Partner im richtigen Leben, Celine Held und Logan George, ersonnen und realisiert. Und selbst als affektionierter Mystery-Thriller-Fan sollte man George und Helds Werk nicht unbewaffnet sehen. Bewaffnet mit Block und Bleistift, Smartphone tut es nur notfalls, um alle Wege der Protagonisten nachzeichnen zu können, die physischen und psychischen. Personen und ihre Zugehörigkeit zu vermerken, und vor allem die Zeitebenen zu sortieren. Denn die einzelnen Szenen mit ihren mysteriösen Aufbauten fügen sich zu einer unübersichtlichen Geflechtsstruktur.
Es ist schwer einen Überblick zu behalten, was aber auch etwas Großes in der endgültigen Auflösung verspricht. Dabei ist diese Auflösung gerade für Thriller- und Mysteryfans schon ziemlich schnell enträtselt. Die irreführende Überlagerung mehrerer Zeitebenen und Erzählstränge ist viel mehr Stil als Substanz. Es wird schnell offensichtlich, dass es den Machern vorrangig um ein Verwirrspiel als um die eigentliche Geschichte geht.
Held und George vermeiden weitgehend auffällig Näheres aus dem Umfeld der Protagonisten einzubeziehen, um nicht in Erklärungsnot zu geraten. Sie interessieren sich nicht wirklich für den eigentlich besonderen und interessanten Menschenschlag in einer Umgebung wie dem Caddo Lake, was der eigentliche Ideengeber für das Drehbuch und dessen Realisation war. Und Lowell Meyer in der Bildgestaltung, bringt wirklich sehr wenig Atmosphäre vor seine Kamera. Die obligatorischen Überflüge und Aufsichtstotalen von der unwirklichen Gewässerlandschaft, sind das aufregendste was es an Einstellungen zu sehen gibt. Den Wolf-Sequenzen fehlt einfach die beabsichtigte Strahlkraft. Ansonsten beschränkt Meyer seine Bilder auf das reine Erzählen, ohne erweiterte Ebene.
Der eigentliche Hauptdarsteller, Dylan O’Brien, kann sich bei diesem Film keine Visitenkarte für reine Charakterrollen erarbeiten. Man muss ihm aber letztendlich zugestehen, dass dies weniger auf Unvermögen seinerseits, sondern eher auf die schwache Führung des Regieduos geschoben werden kann. Fast schon erschreckend ist die täuschende Ähnlichkeit von Diana Hopper als jüngere Lauren Ambrose, was aber zu Irritationen im Verständnis für die Zeitebenen führen kann. Hingegen sind Ambrose und Eliza Scanlen alleine für sich schon fesselnd, könnten aber als dysfunktionales Mutter-Tochter-Gespann durchaus ein eigenes, tiefergehendes Filmdrama vertragen.
CADDO LAKE ist schon vor einiger Zeit in allen anderen Ländern auf Max zum Streaming veröffentlicht worden. Umso erstaunlicher ist das Vertrauen von Warner, einzig in Deutschland eine Kinoauswertung anzustreben. Das ist eigentlich unfair, denn Logan George und Celine Helds Film neigt dazu zum Ärgernis zu werden, für das man extra bezahlen muss. Für die einen, welche das Rätsel des Plots zu schnell erkennen, und die Auflösung einfach nur bis zum Ende hinter sich herschleppen. Für die anderen, die bei dem strukturellen Durcheinander schnell die Nerven verlieren. Dabei hätten die Darsteller, und vor allem der Schauplatz so viel mehr zu bieten gehabt.
Darsteller: Dylan O’Brien, Eliza Scanlen, Caroline Falk, Lauren Mabrose, Sam Hennings, Diana Hopper u.a.
Regie & Drehbuch: Logan George & Celine Held
Kamera: Lowell A. Meyer
Bildschnitt: Logan George
Musik: David Baloche
Produktionsdesign: Debbie DeVilla
USA / 2024
99 Minuten