– Bundesstart 22.08.2024
– Release 07.08.2024 (US)
Preview 21.8.24, Cineplex Fürth
Die ersten Bilder und Trailer haben absolut viel versprochen. Alles war da, was begierige Gamer von dem beliebten, weil scheinbar hochamüsanten Computerspiel her kannten. Mit dem Versuch einer ernstzunehmenden Rezension begibt man sich im Umfeld des Filmes dann auch zu informieren. So ist die Popularität um das Spiel ein Wissen aus zweiter Hand, aber sehr nützlich. Wobei im Netz abrufbare Screenshots des Spiels dem Rezensenten erlauben, dessen Grafiken selbst den Filmbildern gegenüberzustellen. Es ist tatsächlich verblüffend. Und in einer Ära, in der Adaptionen von Video Games mittlerweile Begeisterungstürme bei Spielern und unbelasteten Publikum gleichermaßen auslösen, konnte man BORDERLANDS kaum erwarten. LAST OF US als Serie, oder DUNGEONS & DRAGONS, auch SUPER MARIO MOVIE, selbst UNCHARTED, und natürlich muss dabei FALLOUT erwähnt sein. Showrunner und Produzenten haben endlich verstanden wie unglaublich wichtig eine thematische, inhaltliche und optische Umsetzung ist. Bei Lionsgate hat sich diese Notwendigkeit scheinbar noch nicht herumgesprochen.
Im Auftrag des Großunternehmers Atlas soll die schießwütige Kopfgeldjägerin Lilith zum Planeten Pandora. Es ist der verkommensten aller bewohnten Planten, und Lilith‘ ursprüngliche Heimat. Der Söldner Ronald hat mit Hilfe eines ‚Psycho‘ die Tochter von Atlas entführt. Es ist Tiny Tina, Lieblingsfigur unter den Gamern, mit eigenem Spin-Off-Spiel. In Wirklichkeit will Atlas die süße, mit Hang zum Explosiven neigende Tiny Tina, weil sie angeblich der Schlüssel zu einer Kammer ist, in der sich die Technologie einer alten Rasse befinden soll. Kenner der Spiele wissen Bescheid. Das unbedarfte Publikum dürfte sich über die extrem formelhafte Handlung nur wundern.
Es ist das Konzept eines First Person Shooter Video Game – bestimmte Dinge werden abgeknallt, die anderen Dinge werden gesammelt, und der Schwierigkeitsgrad wieder dabei immer höher. Bei den oben bereits genannten Serien- und Filmbeispielen funktioniert das hervorragend, weil bei den nicht festgelegten Elementen auf stimmige Dialoge und Figurenzeichnung Wert gelegt wird, man das entsprechende Publikum ernstnimmt, und man streng auf die Grundkonzepte achtet. Bei BORDERLANDS funktioniert es nicht, weil man, mit Verlaub, scheinbar auf gar nichts geachtet hat.
So sagt man, das Spiel würde sich durch seinen absurden Humor hervorheben. Da Vergleiche immer einen bitteren Beigeschmack haben, soll auch an dieser Stelle darauf verzichtet werden. Was ziemlich einfach ist, denn BORDERLANDS, der Film, hat keinen Humor. Egal in welche Richtung Buch, Darsteller, oder die Regie ausschlägt. Es ist nicht witzig. Wenn Lilith einen Boten des Antagonisten ohne ersichtlichen Grund erschießt, einfach nur weil er da ist, wäre das bei anderen Filmen ein satirisch anarchischer Spaß. Aber hier werden solche Szenen sind mit dem großen Schild vorweg inszeniert: ‚Achtung, das ist richtig cool!‘ Und genau das macht es unbefriedigend albern.
Genauso wie die in der OV von Jack Black gesprochenen Einzeiler des Roboters Claptrap. Der Witz würde eigentlich darin bestehen, dass es sich um wirklich billige Kalauer handelt. Aber es gibt keine Momente, die das auffangen. In keiner Szene gibt es jemanden, der angemessen darauf reagiert. Da geht der Schuss nach hinten los, und wird zur Peinlichkeit. Was auch für Tiny Tinas Handgranaten aus Stoffhasen gilt. Wer auch immer Regie geführt hat, verpasst immerzu die Momente, weiß die Qualität der Darsteller nicht zu nutzen, oder aus dem Potential der anarchischen Ideen zu schöpfen.
Wer auch immer Regie geführt haben mag, trifft vielleicht nicht einmal Schuld. Nachdrehs und Wechsel in den Kreativbranchen sind nichts Ungewöhnliches, meistens ist es sogar zum Besten für Film und Publikum. Hier macht es einen ganz gegenteiligen Eindruck. Die Produktion liest sich selbst wie eine absurde Komödie. Regisseur Leigh Whanell wurde von Eli Roth abgelöst, beide bekannt für extrem harte Stoffe, und mit einer 18er-Altersfreigabe im Sinn. Es wechselte der Drehbuchautor, es wechselte der Komponist, und letztendlich verlangte Lionsgate eine 12er-Freigabe. Die zwei Wochen Nachdrehzeit übernahm nicht Roth, sondern Tim Miller. Doch egal welche Positionen ausstiegen oder neu besetzt wurden, es sind allesamt verdiente Namen die exakt diesen Stoff im Griff haben sollten. Der fertige Film zeigt leider etwas ganz anderes.
Es gibt viele Beispiele, doch das beste ist Lilith ersten Zusammentreffen mit Tiny Tina und der Kampf gegen die Schergen von Atlas. Ein gigantisches Set aus Baumaschinen und Containern und Unmengen von explosivem in allen Ausführungen. Die Kamera von Roger Stofftiers zeichnet beliebige Bilder die keinerlei Ablauf verdeutlichen. Julian Clarke oder Evan Henke, oder beide, versucht in der Montage erst gar nicht Ordnung in die Bilder zu bekommen, sondern schneiden wahllos die Bilder aneinander. Es gibt weder Orientierung, noch Spannungsbogen. Diese ganze Sequenz, wie viele folgende Sequenzen auch, ist lediglich auf Tempo und Spektakel ausgerichtet.
Die optischen Eindrücke enttäuschen nicht, versinken aber in der Planlosigkeit. Obwohl bereits das Video-Spiel die krude Mischung von MAD MAX, GUARDIANS OF THE GALAXY und sogar STAR WARS im Set-Design und Charakterzeichnung vorgibt, entsteht daraus nichts Bleibendes. Während Cate Blanchett, gedreht zwischen DON’T LOOK UP und TAR, ausgelassene Freude am Spiel und der Ballerei zeigt, lässt Kevin Hart merklich spüren, dass er in diesem Moment gerne woanders wäre. Als knallharter Söldner ist Hart ohnehin nicht unbedingt erste Wahl. Nicht mit dieser Unlust. Eigentlich haben diese Figuren keinen Charakter. Wie Jamie Lee Curtis‘ Tannis, deren Rolle sich wohl nur aus den Spielen erklärt. Es sind Stereotypen die lediglich dem Zweck dienen, der im Endresultat dann doch eher fragwürdig ist.
Manche technischen Aspekte sind unteres Niveau, dafür sind die Visual Effects dem Budget entsprechend tadellos. Bei anderen Elementen könnte man ein verwöhntes Auge zudrücken, dann ist es wieder nur Erbsenzählerei. Der Film hat alles, und er hat im Übermaß was ihn gut machen würde. Am Ende ist er aber nur eine gute Blaupause, wie eine gelungene Adaption von BORDERLANDS aussehen könnte.
Darsteller: Cate Blanchett, Kevin Hart, Edgar Ramírez, Jamie Lee Curtis, Ariana Greenblatt, Florian Munteau, Gena Gershon und als Stimme von Claptrap Jack Black u.a.
Regie: Eli Roth
Drehbuch: Joe Crombie, Eli Roth
Kamera: Rogier Stoffers
Bildschnitt: Julian Clarke, Evan Henke
Musik: Steve Jablonsky
Produktionsdesign: Andrew Menzies
USA, Ungarn / 2024
102 Minuten