– Release 22.08.2924 (world)
Tech-Unternehmer und Milliardär Slater King entschuldigt sich. Vor laufenden Kameras, in einer Interview-Situation, bittet er um Entschuldigung. Es war nicht richtig wie er sich benommen habe. Er sei vom Vorstand zurückgetreten, und habe sich in Therapie begeben. Es tue ihm außerordentlich leid. Die Zuschauer im Film selbst wissen wohl wovon Slater King redet, die Zuschauenden vor der Leinwand erfahren es nicht. Man kann es nur erahnen. Und das von King gesprochene Sorry wird am Ende signifikante Bedeutung bekommen. Dann wird einem auch klar, warum über die Hintergründe zu Slater Kings Entschuldigung vorher nichts bekannt wurde. Die Geschichte von Slater King wird zu einer Schleife von sich wiederholenden Ereignissen. Dazwischen bewegen sich die Freundinnen Frida und Jess, die zusammen bei einem Catering-Service arbeiten, der ein Event von Kings Unternehmen ausrichtet. Die Natürlichkeit von Naomi Ackie und Alia Shawkat ist elementar für den Film. Das sind Darsteller die ein Film in diesem Genre braucht, weil sie alle Facetten menschlicher Emotionen glaubwürdig machen.
Der Zufall will es, dass Slater King an diesem Abend auf die beiden Frauen aufmerksam wird, und sie aus einer Laune heraus auf seine private Insel einlädt. Fünf Frauen und fünf Männer, den ganzen Tag am Pool, feinstes Essen, und Champagner im Überfluss. Frida bemerkt aber ziemlich schnell, dass ihr immer wieder Erinnerungen an die vergangenen Abende fehlen. Dann verschwindet Jess spurlos, aber außer Frida kann sich keiner an sie erinnern. Es wäre wirklich vermessen zu glauben, es wäre alles anders als es den Anschein erweckt. Überraschend gemeinte Wendungen sind keine, denn Zoë Kravitzs Regiedebüt fährt von Anfang an im Fahrwasser eines schematischen Horrorfilms.
Was dem Film eine besondere Not gibt, sind seine ausgezeichneten Darsteller. Neben Acki und Shawkat ist das in erster Linie Christian Slater als lakonisch sarkastischer Vic. Slater bringt mit seinen laxen Attitüden und spitzen Bemerkungen auch Witz in die Handlung. Als gefasster Verführer bleibt Channing Tatum erst einmal dem Typus des Prince Charming treu, bis er im letzten Drittel mit furchteinflößender Energie zu teuflischer Höchstform aufläuft. Als missgünstige Sarah verführt Adria Arjona zuerst zu falschen Annahmen, um dann mit ansteckendem Temperament die Seiten zu wechseln. Es ist die Dynamik der Darsteller die BLINK TWICE ansehnlich macht.
Inhaltlich ist Zoë Kravitzs Debüt ein unterhaltsames Stück, das sich stets um stilistische Hervorhebungen bemüht. Es gelingt weder im Narrativ, noch in der Visualisierung. Fernseh- und Video-Kameramann Adam Newport-Berra schafft gute und kunstvoll arrangierte Bilder, aber sie spiegeln nie die Atmosphäre und das Gefühl dieses exzessiven Lebensstils. Die absehbare Handlung und geradlinige Erzählstruktur lassen aber auch kaum intellektuelle Interpretationen zu. Was nicht zwangsläufig falsch sein muss, und sogar hinderlich sein kann. Jede Filmdekade generiert ihre eigene, zeitgemäße Basis für Konflikte. In den 2020ern ist es die Dekadenz der oberen 1,1 Prozent.
Sehr originell umgesetzt war die kultivierte Abrechnung mit dem gehobenen Klientel in READY OR NOT oder THE MENU. In der Satire wäre es vielleicht GLASS ONION, aber ganz sicher TRIANGLE OF SADNESS. Emerald Fennells SALTBURN war nicht nur ein genialer Genremix, sondern hat den Trend auf die oberen Zehntausend einzuprügeln, bereits kongenial umgedreht. Es wird offensichtlich, dass sich irgendwo zwischen all den Beispielen auch dieser Film gerne sehen würde. Eine intelligente Ausführung zu einem zeitgenössischen Szenario, als synonymer Befreiungsschlag.
Mit einer anderen Person auf dem Regiestuhl, hätte BLINK TWICE als Horrorfilm ein mitreißender Beitrag zur #metoo-Thematik werden können. Aber Kravitz hat sich mit E.T. Feigenbaum schon beim Drehbuch leicht übernommen, beider einzige Drehbucharbeit war für die glücklose HIGH FIDELITY-Serienadaption. Das hätte Kravitz natürlich auch inszenatorisch gar nicht mehr auffangen können. Übrig bleibt ein durchschnittlicher, bisweilen auch brutaler Genrebeitrag, der allein durch die super aufgelegten Darsteller getragen wird. Diese behält man auch in Erinnerung, den Film nicht.
Darsteller: Naomi Ackie, Channing Tatum, Alia Shawkat, Adria Arjona, Christian Slater, Simon Rex, Haley Joel Osment, Geena Davis u.a.
Regie: Zoë Kravitz
Drehbuch: Zoë Kravitz, E.T. Feigenbaum
Kamera: Adam Newport-Berra
Bildschnitt: Kathryn J. Schubert
Musik: Chanda Dancy
Produktionsdesign: Roberto Bonelli
Mexiko, USA / 2024
102 Minuten