BEETLEJUICE – BEETLEJUICE

Beetlejuice 2 - Copyright WARNER BROS– Bundesstart 12.09.2024
– Release 06.09.2024 (US)

Vor 35 Jahren hätte Goth-Girl Lydia Deetz beinahe den aus dem Zwischenreich stammenden Poltergeist Betelgeuse heiraten müssen. Den Spuck damals mit Schrecken überwunden, führt Lydia heute die erfolgreiche Talkshow ‚Ghost House‘, die sich mit dem Übersinnlichen befasst. Ihre jugendliche Tochter Astrid verabscheut das angeblich wahre Geschwätz über Geister, so wie Lydia damals die gekünstelte Schickeria ihrer Eltern hasste. Somit wird Astrid auch keine Hilfe, wenn ihre Mutter vermehrt von absurden Visionen des ‚Bio-Exorzisten‘ Betelgeuse heimgesucht wird. Dann stirbt auch noch unerwartet Lydias Vater Charles, was dann auch ihre schrille Mutter Delia zurück ins verschlafene Kaff Winter River bringt. Derweil lernt Astrid den schnuckeligen Nachbarjungen Jeremy kennen, der ein makaberes Geheimnis hat. Und im Zwischenreich von Lebenden und Toten setzt sich die vierhundert Jahre alte Dolores aus ihren abgetrennten Gliedmaßen wieder selbst zusammen, um endlich Rache an ihrem Ex zu nehmen – Betelgeuse/Beetlejuice. Eines gibt das andere, und alles kommt irgendwie zusammen. The juice is loose, heißt das im Original.

Vor 36 Jahren machte sich Tim Burton ein düsteres Drehbuch zu Eigen, und festigte seinen Ruf als unangepasster Regisseur mit Hang zum Abstrakten. BEETLEJUICE war wie Kinoerstling PEE-WEE’S BIG ADVENTURE, losgelöst von allen Konventionen. In den folgenden Jahrzehnten und 17 Kinofilmen verfeinerte Burton seinen skurrilen Ton und die unerschrockenen Ideen, belud sich aber auch immer mehr mit essenziellen Inhalten. Umso größer dürfte der Schock für diejenigen sein, die darin einen Reifeprozess zu sehen glaubten, und nun mit BEETLEJUICE TEIL 2 konfrontiert werden.

Beetlejuice 2 b - Copyright WARNER BROS

 

Nach 36 Jahren in allen Genres und dramaturgischen Ausrichtungen zuhause, macht Tim Burton was er wirklich am besten kann. Er lässt seinen Fantasien freien Lauf. Seine WEDNESDAY-Autoren Alfred Gough und Miles Millar haben eine herrlich verwobene Geschichte ersonnen, die gute Anleihen bei alten Verwechslungskomödien nimmt. Ein lockerer Handlungsbogen wird durch drei Stränge zu einem erstaunlichen Showdown geführt. Auf die Substanz nimmt der Regisseur allerdings keinerlei Rücksicht. In interessieren nicht der thematisierte Verlust eines Menschen, oder die erste Liebe von Astrid. Tim Burton interessiert nur die Form. Der zweite Teil von BEETLEJUICE ist kaum als geschlossener Film zu betrachten. Noch viel weniger als der erste Teil. Es sind einzelne Kunstwerke, bei denen die Geschichte den Titel der Ausstellung bildet.

Nach 36 Jahren zeigt Tim Burton ungebrochen, dass Kunst noch immer im Auge des Betrachters liegt. So wird man BEETLEJUICE BEETLEJUICE auch annehmen müssen. Was immer den Phantasten Burton als Filmemacher antreibt und umtreibt bringt er hier mit spürbarer Lust und sichtbarer Freude zum Ausdruck. Horror, Komödie, Stop-Motion, Claymation, Satire, Computer-Effekte, Splatter, handgemachte Special Effects, und Musical im fragwürdigsten Moment. Man wird den Song ‚MacArthur Park‘ nicht mehr unbeeinflusst hören können. Eine gesteigerte Eigenhommage an die ‚Day-O‘-Sequenze des ersten Films. Ein Mix der die Gestaltung weit über den Gehalt stellt.

Beetlejuice 2 a - Copyright WARNER BROS

 

Nach 36 Jahren gelingt es dem Filmemacher erstaunlich gut, diese abstruse Mischung von Stilelementen zu einem atmosphärischen Ganzen zusammen zu bringen. Das muss man tatsächlich mögen, denn es ist ganz sicherlich nicht jederfraus/manns bevorzugtes Kinovergnügen. Und dabei geht Burton sogar noch einen kleinen Schritt weiter, in dem er Lydias Vater eine nicht unwesentliche Rolle zukomme lässt, obwohl dessen in Ungnade gefallener Darsteller Jeffrey Jones gar nicht mitspielen durfte (bitte selbst googlen). Die wie immer fabelhafte Jenna Ortega fügt sich hervorragend in diesen morbiden Wahnsinn. Leider wird sie zwischen den freigesetzten Kräften von Winona Ryder und Catherine O’Hara förmlich erdrückt. Das Mutter-Tochter-Gespann hat eine tolle Entwicklung erfahren, welche Ryder und O’Hara mit ansteckender Energie umsetzen.

Nach 36 Jahren noch lobende Worte über Michael Keaton zu verlieren, wäre Eulen nach Athen tragen. Mit viel mehr Leinwandzeit als im ersten Film, wird mit Keatons oftmals improvisiertem Spiel mehr als deutlich, dass der Bio-Exorzist Beetlejuice tatsächlich seine liebste Rolle ist. Dabei ist der einflussreichste Verbündete Cutter Jay Prychidny, für Keatons Auftritte wie eigentlich für den gesamten Film. Prychidny montiert sehr unkonventionell nicht nach der Dramaturgie, sondern nach Rhythmus.

Nach 36 jahren hat Tim Burton wieder ein Spektakel freigesetzt, welches wirklich nicht jeden Geschmack trifft, aber für alle anderen Zuschauenden ein düsteres und morbides Vergnügen ist. Verrückt, makaber und überraschend, ist BEETLEJUICE BEETLEJUICE eine der gelungensten Fortsetzungen im modernen Kino.

Beetlejuice 2 c - Copyright WARNER BROS

 

Darsteller: Winona Ryder, Jenna Ortega, Michael Keaton Douglas, Catherine O’Hara, Justin Therous, Willem Dafoe, Monica Bellucci, Arthur Conti u.a.

Regie: Tim Burton
Drehbuch: Alfred Gough, Miles Millar
Kamera: Haris Zambarloukos
Bildschnitt: Jay Prychidny
Musik: Danny Elfman
Produktionsdesign: Marc Scruton
USA / 2024
105 Minuten

Bildrechte: WARNER BROS
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