THE POD GENERATION
– Bundesstart 11.01.2024
– Release 24.08.2023 (NL)
Ein ganze Schale an guten Ideen wird in BABY TO GO von Filmemacherin Sophie Barthes einfach verschenkt. Diese Geschichte aus ‚in einer nicht so fernen Zukunft‘ bietet reichlich Möglichkeiten sich in viele Richtungen verschiedener Genres zu bewegen, die aber allesamt ungenutzt bleiben. In einer Welt, die zum Komfort der Menschen so vollgestopft ist mit KI unterstützter Technologie, dass Frauen nicht einmal selbst ihr Baby austragen müssen. Welche beruflich erfolgreiche Frau möchte schon durch die unangenehmen Monate der Schwangerschaft von ihrer Karriere abgehalten werden? Das ist eine der Fragen, die Barthes in ihrem Film selbst von der Leinwand lässt, aber nie weiter verfolgt, geschweige denn eine Auflösung anbietet.
Als der Botaniker Alvy einem seiner Schüler eine Feige zum probieren gibt, lehnt dieser entsetzt ab, weil sie an einem Baum gewachsen ist. So eine Welt ist das. Der Frühstücktoast wird synthetisch im Drucker erstellt, und der Sprachassistent macht darauf aufmerksam, wann man ein bestimmtes Hemd das letzte mal getragen hat. Als Botaniker beschäftigt sich Alvy mit Dingen, die keine Bedeutung mehr haben. Seine Frau Rachel ergattert einen freien Platz im Gebärmutter-Center, und bringt eine 40 Zentimeter große, eiförmige Hülle mit nach Hause. Hurra, Rachel und Alvy sind schwanger.
Das ist Soff aus dem Komödie gemacht werden. Irgendwie hat das Sophie Barthes in ihrer Inszenierung auch versucht, scheitert aber an der höchsten Hürde. Es fehlt die notwendige Chemie zwischen den Hauptdarstellern Emilia Clarke und Chiwetel Ejiofor. Clarke hängt darstellerisch immer noch bei GAMES OF THRONES, und Ejiofor hat eigentlich kaum mit Filmen ohne tiefgreifender Bedeutung zu tun. In BABY TO GO spielt jeder für sich wirklich sehr gut. Aber zusammen ergeben sie ein Paar, dass einfach nicht glaubwürdig funktionieren will, weder in der alltäglichen Harmonie, noch in der Konfrontation.
Als Befürworter des natürlichen Lebens, ist Alvy natürlich gegen die künstliche Schwangerschaft. Während Rachel damit ihre anstehende, neue Position im weltweit führenden Tech-Konzern Pegazus sichern kann. Diese Welten-Kreation stattet Barthes mit allen Versatzstücken aus, die es bezüglich einer durch Technik und Computer unterstützen Gesellschaft im Film bereits gibt. Die ständig begleitende Sprachassistenz ist das beste Beispiel. Alvy kann verliert langsam seine Vorbehalte. Bis sich die Ambitionen des Paares sogar kritisch vertauschen. Alvy lässt die Gebärmutter nicht mehr aus den Augen.
BABY TO GO hätte eine fabelhafte Techno-Satire oder Gesellschaftskritik sein können. Es gäbe auch viel Potential für ein Horrorszenario zwischen ROSEMARY’S BABY und DIE WIEGE DES BÖSEN. Oder eine abgedrehte Komödie wie DOWNSIZING oder DON’T WORRY, DARLING. Aber als leichte Komödie geht das Ganze nicht wirklich auf. Dazu wirft Sophie Barthes während des Verlaufs einfach zu viele Fragen auf. Vornehmlich bleibt offen, wie und wann sich die Gesellschaft von allem Natürlichen abgewandt haben soll. Und wie erstrebenswert wäre die künstliche Gebärmutter für Frauen tatsächlich.
Dafür das sich der Film mehr auf die humoristischen Aspekte beschränkt, fehlt es ihm einfach an Witz. Die Zuschauenden werden mit den existenziellen Fragen alleine gelassen. Zudem widersprechen sich je nach Bedarf immer wieder inhaltlich die Vorzüge und Nachteile dieser nur oberflächlich entworfenen Zukunft, die mehr auf Effekt als auf Sinnhaftigkeit ausgelegt ist. Anstatt die drängenden Möglichkeiten einer intelligenten und konstruktiven Betrachtung über unsere derzeitige Gesellschaft und deren Entwicklung zu nutzen, versucht sich Filmemacherin Barthes lieber in einer gefälligen Komödie.
Kameramann Andrji Parekh hat ein Faible für kühle Töne und nüchternes Ambiente, wie zuletzt in SCENES FROM A MARRIAGE STORY, oder eben auch Sophie Barthes ersten beiden Filme COLD SOULS und MADAME BOVARY. Die Bildgestaltung passt sicherlich hervorragend als Ausdruck für die dargestellte Gesellschaftsform. Aber für eine rein auf den harmlosen Unterhaltungswert ausgelegte Komödie, erwartet man einfach etwas mehr optische Attraktivität. Dem Film fehlt einfach eine konzeptionell eigenständige Vision, was das uninspiriert langweile Produktionsdesign nur noch unterstreicht. BABY TO GO bleibt einfach ein Kind des klassischen Wohlfühlkinos, und so streichelt Sophie Barthes wenigstens mit dem naturverbundenen Ende die Seele des Publikums.
Darsteller: Emilia Clarke, Chiwetel Ejiofor, Vinette Robinson, Rosalie Craig, Jean-Marc Barr u.a.
Regie & Drehbuch: Sophie Barthes
Kamera: Andrji Parekh
Bildschnitt: Olivier Bugge Coutté, Ron Patane
Musik: Evgueni Galperine, Sacha Galperine
Produktionsdesign: Clement Price-Thomas
Belgien, Frankreich, Großbritannien / 2023
110 Minuten