THE POPE’S EXORCIST

Popes Exorcist - Copyright SONY PICTURES– Bundesstart 06.04.2023

Das Erstaunliche ist nicht, dass es wieder ein uninspiriertes Kuriosum mit Dämonen und deren Exorzismus gibt. Viele bedeutender ist die Frage, was Russell Crowe darin verloren hat. Ein fragwürdiges Überangebot an Filmen mit verrenkten Extremitäten, grunzend verzerrten Stimmen, blutigen Striemen im Gesicht, weißen Augäpfeln und rauchenden Kruzifixen ist kaum zu leugnen. Bei diesem Exorzismus hier fehlt allerdings die erbrochene Erbsensuppe des Besessenen. Was bleibt um für Interesse bei THE POPE’S EXORCIST zu sorgen, ist Russell Crowe. Bereits einige Wochen vorher bemächtigte sich der Dämonen-Hokuspokus THE DEVIL’S LIGHT einer real existierenden Ausgangssituation in der römisch-katholischen Kirche – den steigenden Zahlen an Schulen für Exorzismus. Julius Averys Film geht da gleich eine Etage höher, eigentlich ganz nach oben. Zum Papst.

Leicht nachzuverfolgen sind die Fakten, dass es einen Chef-Exorzisten im Vatikan gibt, und dass dieser dem Heiligen Vater direkt untersteht. Nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass besagter Chef-Exorzist Pater Gabriele Amorth mit seinem Motorroller von Rom aus eine Strecke von 1600 Kilometer nach Katalonien fährt. Aber das nur am Rande. dramaturgisch ist es insofern wichtig, weil Amorth ein sehr umstrittenes und streitwilliges Unikum in der Kirche war, und seine unkonventionelle Art auch in der Presse immer wieder Aufsehen erregte.

Im Film ist das unter anderem so dargestellt, dass er einem Dämon erklärt, seine einzige Angst wäre, Frankreich würde die Fußball-Weltmeisterschaft gewinnen. Und das ist wahrlich nicht der einzige Lacher, den Michael Petroni und Evan Spiliotopoulos in ihr sonst uninteressantes Drehbuch untergebracht haben. Was beide hervorragend verstehen, ist dem immer wieder zu Ironie und makabren Scherzen neigenden Gabriele Amorth eine angemessene Plattform zu bieten, die dem erst 2016 verstorbenen Chef-Exorzisten sehr nahe zu kommen scheint.

Die Geschichte spielt 1986. Ob sie auf einer der Erzählungen beruht, die Amorth in zwei Büchern publiziert hat, wird dabei irrelevant. Weil die Regie außer abgedroschenen Versatzstücken nichts damit anzufangen weiß. Der Pater wird von seinem Boss, wie er Johannes Paul II. selbst nennt, nach Katalonien zu einer alten, nun in Privatbesitz befindlichen Abtei geschickt. Bei der Renovierung wurde offensichtlich ein Dämonen freisetzt, der sich in Familienzögling Henry manifestiert. Es ist der Dämon selbst, der nach Pater Amorth schicken lässt.

Popes Exorcist 2 - Copyright SONY PICTURES

 

Mit Ausnahme von Crowe, sind die Darsteller austauschbar. Ob Mutter Julia, gespielt von Alex Essoe, oder Laurel Marsden als nervige Teenagerin im überzeichneten Pubertät-Modus. Ihnen wird einfach kein Raum gegeben, um die Figuren von ihrer Oberflächlichkeit zu lösen. Peter DeSouza-Feighoney ist als besessener Henry merklich zu unerfahren. Und Daniel Zovatto als beistehender Pater Esquibel macht den Eindruck, als wäre die Regie darauf bedacht gewesen, die gesamte darstellerische Energie auf Russell Crowe zu bündeln.

Doch der Neuseeländer läuft ohnehin, unabhängig von seinem Umfeld und den Nebendarstellern, auf Hochtouren. Seit THE NICE GUYS hat man Russell Crowe nicht mehr so losgelöst und fern aller massentauglicher Charaktere erlebt. Er macht den Chef-Exorzisten glaubwürdig, gibt ihm mit seiner autoritären Präsenz eine für das Genre ungewöhnliche Tiefe. Hinter seinem manchmal sogar unangebrachten Witzen, erkennt man auch stets seine professionelle Vorsicht, und den Respekt vor den überweltlichen Phänomenen.

Die Person Gabriele Amorth und seine Stellung im Vatikan noch intensiver zu beleuchten, wäre tatsächlich interessanter, als ihn in einen Fall von handelsüblichem Budenzauber zu stecken. In einer christlich geprägten Welt, in welcher Dämonen im Glauben einen essentiellen Stellenwert haben, hätte mit den Möglichkeiten der Hauptfigur ein neuer Ansatz wirklich gut getan. Denn selbst mit dem ansprechenden Set-Design, unter der Leitung von Alan Gilmore ausgearbeitet, weiß Bildgestaltung und Regie nur sehr wenig anzufangen.

Der ausladende Eingangsbereich der Abtei, und die verborgene Kapelle darunter, sie schreien förmlich nach einem surrealen Licht-Design, dass die weltlichen und übernatürlichen Grenzen verschwimmen lässt. Eine begreifbare Welt sollte vor dem Publikum ihre Natürlichkeit verlieren, ob verführerisch überwältigend oder furchteinflößend unangenehm. Grundsätzlich fehlen stimmungsvolle, fesselnde Momente in den Motiven. Derart uninspirierte Standards gibt es bei jedem beliebigen Trittbrettfahrer in diesem Sub-Genre. Zumindest ist die größte Angst des Gabriele Armorth erst 12 Jahre nach den Ereignissen im Film Wirklichkeit geworden – 1998 gewann Frankreich die Fußball-Weltmeisterschaft.

Popes Exorcist 1 - Copyright SONY PICTURES

 

Darsteller: Russell Crowe, Daniel Zovatto, Alex Essoe, Franco Nero, Peter DeSouza-Feighoney, Laurel Marsden, Cornell John u.a.
Regie: Julius Avery
Drehbuch: Michael Petroni, Evan Spiliotopoulos
Nach den Büchern von Pater Gabriele Amorth
Kamera: Khalid Mohtaseb
Bildschnitt: Matt Evans
Musik: Jed Kurzel
Produktionsdesign: Alan Gilmore
Großbritannien, Spanien, USA / 2023
103 Minuten

Bildrechte: SONY PICTURES ENTERTAINMENT
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