THE NUN II

Nun II - Copyright WARNER BROS– Bundesstart 21.09.2023
– Release 07.09.2023 (US)

Preview Metroplex 20.09.2023
Sie ist die wohl beliebteste Nonne der Welt. Vielleicht mit Ausnahme von Debbie Reynolds als Schwester Ann in DIE SINGENDE NONNE. Aber die dämonische Valak hat sich mit nur einem Film als die beliebteste Figur im seltsamen Conjuring Universum etabliert. Noch vor Annabelle, oder selbst den Okkultisten Lorraine und Ed Warren. Das liegt aber auch an der fokussierten Geradlinigkeit mit der Corin Hardy das Buch von Gary Dauberman und Horror-Junkie James Wan inszeniert hat. Von denen sind nur Wan, selbstverständlich, und Dauberman als Produzenten übrig. Den Regiestuhl hat Michael Chaves übernommen. Scheinbar wegen der Sicherheit, oder der Kontinuität, was auch immer der Beweggrund gewesen sein mag. Chaves hat vorher schon bei zwei Conjuring Filmen Regie geführt, LA LLORONA und CONJURING 3. Der hartnäckig künstliche Aufbau eines überflüssigen ‚Universums‘ ist erstaunlich.

Vier Jahre sind vergangen, seit Schwester Irene und Pater Burke den Dämon Valak zurück in die Unterwelt verbannt haben. Von allen Darsteller ist ausgerechnet Demián Bichier als Burke nicht mehr dabei. Dafür Jonas Bloquet als Frenchie, was nicht von gleicher Bedeutung ist. Aber der Franko-Kanadier Frenchie arbeitet jetzt in einer Klosterschule in Frankreich, was im Verlauf eine maßgebliche Brücke zum ersten Teil schlägt. Nur hat Frenchie eine neue Flamme auserkoren, und lässt dieses Mal die Augen von Schwester Irene. Und mit ihrer Irene läuft Taissa Farmiga erneut zu emotionaler Hochform auf.

THE NUN ist bislang nicht Farmigas bester Film, aber der Film, in dem sie ihr Talent am besten demonstrieren durfte. Mit ihrer zurückhaltenden Interpretation der Novizin Irene hat sie eine ungewohnte Sensibilität in ein von kreischenden Schrecken und polternden Unheil beherrschtes Genre gebracht. Und Taissa Farmiga erreicht erneut diese Vermischung von ängstlicher Vorsicht und gottgläubigem Heroismus, mit den feinen aber merklichen Nuancen einer gesetzteren Nonne. Weil es Pater Burke nicht mehr gibt, wird an seiner Statt Schwester Irene nach Frankreich in die Klosterschule geschickt.

Dramaturgisch ist alles sehr leicht zu durchschauen. Der geübte Kinogänger weiß die unheilvollen Vorgänge und aufdringlichen Schreckmomente schon genau zu deuten, noch bevor die unscheinbare Heldin auf Spurensuche geht. Die dämonische Valak drängt erneut ins Reich der Lebenden. Aber gleich drei Drehbuchautoren haben clevere Elemente eingebracht, um diese Rückkehr auch im Rahmen des Genres schlüssig zu gestalten. Erstaunlich, wie überzeugend ein Film funktioniert, obwohl er nur aus Stereotyp und Reproduktion ersonnen wurde, und kaum Luft für eigenständige Konzeptionen lässt.

Nun II b - Copyright WARNER BROS

 

THE NUN II wird bestimmt vom ausgezeichneten Zusammenspiel von pragmatischer Regie, effektiver Bildführung und präzisem Schnitt. Michael Chaves treibt seine Geschichte voran, ohne dabei zu überstürzen. Es gibt leise, zurückhaltende Szenen die neue Erkenntnisse im Verlauf erst einmal wirken lassen, oder die Stimmung neu ausrichten. Aber Chaves lässt keinen Leerlauf zu. Und dann sind da natürlich die ruhigen Bilder, in denen nicht einmal ein Atmen zu vernehmen ist. Da bleibt der unvermeidliche, hochfrequente Schreckmoment einfach nicht aus. Und von diesen gibt es reichlich.

Tristan Nyby, bei CONJURING 3 noch in den untergeordneten Kameraeinheiten, beherrscht die Standards im Spiel mit Licht und Schatten. Vornehmlich tauchen aus unbeleuchteten Ecken unvermittelt erschreckende Gestalten auf. Wie sein Vorgänger auch, wird mit THE NUN II die Form des massentauglichen Horrors nicht neu erfunden. Aber die technische Umsetzung ist auf den maximalen Effekt ausgelegt, und das funktioniert sehr zufriedenstellend. Wer bereits die vorangegangenen acht Filme dieser Reihe gesehen hat, wird sicherlich nichts anderes erwartet haben.

Der Regisseur kann die Geschichte von Schwester Irene und Dämon Valak stimmig weiterführen, und lässt sogar beide Filme wie aus einem Guss wirken. Die von einer Fortsetzung erwarteten Steigerungen sind gemächlich und nicht überzogen. Und die Macher schaffen es auch die halbgaren, an den Haaren herbeigezogenen Verbindungen zu den Dämonenjägern Ed und Lorraine Warren zu vermeiden. Andere Querverweise bleiben unaufdringlich marginal. Die Idee eines geschlossenen Horror-Universums ist in Anbetracht der stetig wachsenden Zahl von diversen Kino-Universen nicht so abwegig.

Aber selbst mit mittlerweile neun Filmen, ist dieses Universum noch immer nicht stimmig. Dafür sind die einzelnen Teile, wenngleich sehr unterhaltsam, dann doch zu gewöhnlich und einheitlich im Stil. CONJURING 3 wäre eine gute Möglichkeit gewesen, die reale Geschichte der Gerichtsverhandlung in den Vordergrund zu rücken. Aber selbst da setzen die Produzenten lieber auf Jump Scares, kreischende Toneffekte und unmenschlich verrenkte Körper. Vielleicht macht auch das den Erfolg der dämonischen Nonne aus, weil sie nicht mehr sein will als ihre Geschichte hergibt. Sie erweist sich in ihren eigenen Grenzen mit sich selbst zufrieden, was auch diesen Teil schrecklich sympathisch macht. Und das macht Valak auch zur beliebtesten Nonne im Kino. Aber nach Debbie Reynolds in DIE SINGENDE NONNE.

Nun II a - Copyright WARNER BROS

 

Darsteller: Taissa Farmiga, Storm Reid, Jonas Bloquet, Anna Popplewell, Katelyn Rose Downey, Peter Hudson, Suzanne Bertish und natürlich Bonnie Aarons u.a.
Regie: Michael Chaves
Drehbuch: Ian Goldberg, Richard Naing, Akela Cooper
Kamera: Tristan Nyby
Bildschnitt: Gregory Plotkin
Musik: Marco Beltrami
Produktionsdesign: Stéphanie Cressend
Großbritannien, USA / 2023
110 Minuten

Bildrechte: WARNER BROS
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