THE EQUALIZER 3

Equalizer 3 - Copyright SONY PICTURES– Deutschlandstart 31.08.2023
– Release 30.08.2023

Mit der letzten Szene wird der Abschied von Equalizer Roberto McCall für das Publikum endgültig besiegelt. Das hört sich nach einem teuflischen Spoiler an, aber ganz ehrlich, ist es nicht. Freunde der kurzlebigen, und ebenso kurzweiligen Filmreihe werden es verstehen. Es ist nicht die die Entscheidung der Produzenten, einen Schlussstrich zu ziehen. Es ist die Figur selbst, die in einem Gänsehaut verursachenden Monolog zu Beginn des dritten Aktes, dieses Ende verkünden wird. Gänsehaut deswegen, weil Denzel Washington die Gabe besitzt, alles was er tut, in magische Kinomomente zu verwandeln. Und genauso kitschig überzogen wie dieser letzte Satz, ist eben auch McCalls Monolog. Aber mit den richtigen Komponenten, kann jeder Genre-Standard zum Erlebnis werden. Und diese Komponenten sind eben Antoine Fuqua und Denzel Washington. Der eine begnadeter Erzähler, der andere fesselnder Darsteller, beide idealistische Produzenten.

Den ehemaligen Agenten und U.S. Marine Robert McCall hat es nach Süditalien verschlagen. Und nach der Dezimierung einer Syndikatsfamilie, muss er kurzfristig in einem Hafenstädtchen nahe Neapel unterkommen. Altamonte (nicht zu verwechseln mit dem realen Altamonte 200 Kilometer weiter entfernt) ist ein architektonisches Meisterwerk, dass symbiotisch in den Berghang an der Küste gebaut wurde. Altamonte wird zum ebenbürtigen Partner des Vigilanten McCall. Nur selten gelingt es Regisseuren einen Ort als eigenständigen Charakter zu inszenieren. So wie das Städtchen mit dem Berg verschmilzt, wird der eigentlich auffällige Ex-Agent Teil dieser geschlossenen Welt.

Das die Harmonie nicht lange währen wird, liegt in der Natur der Sache. Und fast nicht anders zu erwarten, ist es die Camorra. Kameramann Conrad Buff nutzt dabei die Gelegenheit das fiktive Altamonte, gedreht an der Amalfiküste, zum integralen Bestandteil der eigentlich sehr konventionelle Geschichte zu machen. Auffällig ist der Verzicht auf überstilisiert kitschige Bilder. Und keine Einstellung wiederholt sich. Weder in Details, noch in den Panoramen zeigt die Kamera dieselben Bildausschnitte. Darsteller sind keine Staffage, sondern verschmelzen mit dem Stadt-Charakter. Und selbst an der häufiger genutzten Piazza mit seinem Café werden für jede Szene neue Perspektiven gefunden.

In diesem Ambiente erklärt sich auch McCalls unerwartet gefühlsmäßige Verbundenheit, was ausschlaggebend für die unvermeidbare Eskalation sein wird. Die Camorra würde aus dem beschaulichen Altamonte nämlich gerne einen Touristen- und Hotelkomplex machen. Das wiederum bedeutet, die Einwohner erst einmal zu vertreiben. Für den Bürgerwehrler wird es somit persönlich, und entsprechend blutig. Fuqua hat in diesem Finale kein Blatt vor die Linse genommen, was zartbesaiteten Zuschauenden auch einiges abverlangt. In dieser Ausgabe hat der Equalizer den Body Count von Teil Eins schon in den ersten 15 Minuten gebrochen. Doch selbst hier erschafft Fuqua eine faszinierende Ästhetik.

Equalizer 3 a - Copyright CTMG

 

Die explizite Gewaltdarstellung, mit ihren unerschöpflich scheinenden Möglichkeiten an körperlicher Zerstörung, verdeutlichen aber auch Robert McCalls kaputtes Seelenheil. Geschichte und Handlungsstruktur lassen dabei sehr zu wünschen übrig. Die Handlanger sind allesamt übertätowierte Stereotype, mit überproportioniertem Machtgehabe und üblichen Standards an Brutalität. Der überhebliche Machismo von Andrea Scarduzio als Oberhaupt Vincent nimmt sich da nicht aus. Wider Erwarten kommt dies der packenden Atmosphäre des Films sogar sehr entgegen. Die Inszenierung richtet sich dadurch konsequenter auf die schlüssige Gestaltung einer in sich stimmigen Welt aus.

Antoine Fuqua ist immer mehr an Stil, Technik und Erzählung gelegen, als an verqueren, vermeintlich intelligent verschachtelten Handlungskonstrukten. Was wesentlich mehr Raum für Charakter bietet. Der Regisseur ist ein wahrer Künstler darin, zwischen den erwarteten Actionszenen und definierenden Figurenentwicklungen keine atmosphärische Diskrepanzen zuzulassen. Das Zauberwort findet sich im sogenannten Pacing, dass sich leider schlecht ins Deutsche übertragen lässt. Timing wäre eine neudeutsche Alternative. Aber auch das beschreibt nur ungenau, wie präzise der Regisseur jede einzelne Szene auf die anderen abstimmt, und alle eine gleichartig relevante Gewichtung bekommen.

THE FINAL CHAPTER von EQUALIZER hat keinen Leerlauf. Ruhige Sequenzen wechseln sich mit brachialer Action und subtilen Thriller-Momenten im harmonischen Verlauf ab, aber zeitschindende Längen im Schnitt oder unnötige Szenen lässt Antoine Fugua nicht zu. Jede Sequenz ist essenziell und auf Effizienz im Handlungsfluss ausgelegt. Die blutige Action erreicht mit ihrer verstörend anmutigen Ästhetik eine faszinierende Energie. Im Showdown belohnt Fuqua das Publikum mit einer Parallel-Montage, die Francis Ford Coppola zu Tränen der Glückseligkeit rühren muss. Da wird das klischeebeladene Gerüst der uninspiriert scheinenden Handlung zu einer akzeptablen Begleiterscheinung.

Mit der mehr als überraschenden, und dazu überragenden Auflösung, schließt Antoine Fuqua den Kreis zu den Anfängen im ersten Teil. Und damit schließt er auch die Reihe. Manchmal ist nicht die Originalität der Handlung ausschlaggebend, sondern was man daraus macht. Und die beiden Produzenten haben sehr viel daraus gemacht.

„Die zwei wichtigsten Tage in deinem Leben, sind der Tag an dem du geboren wurdest, und der Tag an dem du herausfindest warum.“
–  Mark Twain* (Texttafel The Equalizer 1)

Equalizer 3 b - Copyright CTMG

 

Darsteller: Denzel Washington, Dakota Fanning, Andrea Scarduzio, Eugenio Mastrandrea, David Denman, Gaia Scodallaro, Remo Girone, Daniele Perrone u.a.
Regie: Antoine Fuqua
Drehbuch: Richard Wenk
Kamera: Conrad Buff IV
Bildschnitt: Barbara Giordani, Lindsay Graham Ahanonu, Francesco Vedovati, Mary Vernieu
Musik: Marcelo Zarvos
Produktionsdesign: Naomi Shohan
USA / 2023
109 Minuten

* es ist nicht erwiesen, ob Mark Twain diesen Spruch tatsächlich verfasst hat. Aber es wäre genau sein Ding.
Bildrechte: SONY PICTURES / CTMG
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Im Kino gesehen abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar