HYPNOTIC

Hypnotic - Copyright Hypnotic Film Holdings LLC– Bundesstart 10.08.2023

Basierend auf der Prime Video UK Fassung
HYPNOTIC ist ein Film in dem fast jede Dialogzeile auf die Handlung ausgerichtet ist. Wenn nicht, bringen Worte wie „vergiss es…“ oder schlicht „nichts…“ das Geschehen sofort wieder in die Spur. Zusammen mit King-Kong-Schreiber Max Borenstein, will sich Robert Rodriguez als Co-Autor und Regisseur erst gar nicht auf disruptive Details einlassen. Nach der rätselthaft missglückten Prävention eines Bankraubes, entdeckt Detective Danny Rourke einen Hinweis auf seine jüngst entführte Tochter. Dieser Hinweis bringt ihn zu der Hellseherin und Hypnotiseurin Diana Cruz. Von ihr erfährt Rourke auch warum der Überfall gar nicht vereitelt werden konnte. Der mysteriöse Gangster Lev Dellrayne ist ein Hypnotik. Rourke braucht natürlich erst einige spektakulär gedachte Action-Szenen, bis er versteht und akzeptiert was Cruz gemeint hat – „Telepathen können Gedanken lesen. Hypnotics verändern die Realität“.

Mit Ben Affleck und Alice Braga hat HYPNOTIC zwei herausragende Darsteller, die den Film gut tragen könnten. Aber der sonst gerne sehr innovative Regisseur stellt hier sehr verbissen den Inhalt über den Stil. Dafür das dies laut eigener Aussage ’seit 2002 seine liebste Geschichte‘ sei, hat Rodriguez merkwürdig konventionell inszeniert. Der Filmemacher wird aus gutem Grund die ‚ein-Mann Filmcrew‘ genannt. Aber hier hat er sich beim Bild mit Pablo Berron zusammen getan. Und das Ergebnis ist leider eine sehr bodenständige Kameraführung, welche die Bilder auf das Notwendigste beschränkt.

Berron und Rodriguez habe vorher bei dem Billie Eilish Konzertfilm HAPPIER THAN EVER wesentlich beeindruckender zusammen gearbeitet. Dabei schreit HYPNOTIC förmlich danach, optisch richtig aufzufahren. Wenn Rourke und Cruz sich zusammen tun, beginnt die Geschichte unentwegt unerwartete Wendung zu machen. Mit jedem Fakt den die beiden ermittelt, dreht sich auch die Handlung in eine neue Richtung. Ob die Auflösung dann wirklich so überraschend ist, hängt wirklich von der Aufmerksamkeit des Publikums ab. Denn im Aufbau zeigen sich viele Merkmale eventueller Vorbilder.

Allerdings nehmen eventuelle Vorbilder nur bedingt die tatsächliche Handlung vorweg. Soweit wird HYPNOTIC trotz allem ein eigenständiger Film, mit einer ganz eigenen Agenda. Aber auch hier ergibt nicht die Summe vieler Hinweise ein großes Ganzes. Sondern jedes gelöste Rätsel gibt lediglich eine neue Richtung vor, was unvermeidlich an Nolans MEMENTO erinnert. Aber Nolan wird noch viel präsenter, wenn im dritten Akt die von den Hypnotics veränderten Realitäten voll einsetzen. Rodriguez‘ Idee zu HYPNOTIC mag 20 Jahre alt sein, aber seine Realisierung begann erst 6 Jahre nach INCEPTION.

Hypnotic 1 - Copyright Hypnotic Film Holdings LLC

 

Das Spiel mit den Realitäten funktioniert, und lässt immer wieder überrascht Staunen. Und genau hier frisst sich die Schlange selbst, weil die sehr clevere Handlungsstruktur dem Film keine Möglichkeit gibt zu atmen. Selbst Rourkes Einstiegssequenz bei der psychologischen Untersuchen wegen dem Verschwinden seiner Tochter und der daran gescheiterten Ehe, ist ein reines Konzeptelement. Wirklich mitreißend sind Afflecks Bemühungen nicht. Die naheliegende Möglichkeit direkt einen Noir-Thriller zu inszenieren wird vertan, obwohl sich einige Blaupausen förmlich aufdrängen.

Gregory Hoblit hat 1998 mit DÄMON – FALLEN einen starken Polizei-Thriller vorgelegt, in den sich das Übernatürliche mischt. Aber Rodriguez verzichtet komplett auf einen homogenen Übergang, und läuft stattdessen gleich auf Hochtouren ins Paranormale. Das Publikum wird nicht mitgenommen, sondern ständig in die Situationen geworfen. Der Entwurf der ausgewaschenen Farben wird schnell langweilig, weil der Film nicht damit spielt. Ebenso ergeht es mit William Fichtner als hypnotischen Antagonisten, der leider zu offensichtlich nach Typus besetzt ist, dafür aber erfreulich zurückgenommen bleibt.

HYPNOTIC langweilig oder gar lustlos zu nennen, wäre absolut falsch. Aber von Robert Rodriguez erwartet man eigentlich etwas anderes. Mehr Lust, sogar Versatzstücke clever neu zu gestalten. In einer Szene flüchtet Affleck über das Gelände eines Güterbahnhofes, zwischen mehreren fahrenden Zügen auf verschiedenen Gleisen. Hier zeigt sich wie einfallsreich eine Szene nicht nur exzellent Spannung aufbaut, sondern dass das verwirrende Element von Hypnose und veränderter Realität bildgewaltig versinnbildlicht werden kann. HYPNOTIC ist durch seine raffiniert komplexe Struktur durchaus spannend, aber er bleibt weit unter seinen erkennbaren Talenten und Möglichkeiten.

Hypnotic 2 - Copyright Hypnotic Film Holdings LLC

 

Darsteller: Ben Affleck, Alice Braga, J.D. Pardo, William Fichtner, Jackie Earle Haley, Jeff Fahey, Dayo Okeniyi und Hala Finley u.a.
Regie & Bildschnitt: Robert Rodriguez
Drehbuch: Robert Rodriguez, Max Borenstein
Kamera: Robert Rodriguez, Pablo Berron
Musik: Rebel Rodriguez
Produktionsdesign: Caylah Eddleblute, Steve Joyner
USA / 2023
93 Minuten

Bildrechte: Hypnotic Film Holdings LLC
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