Editorial: SUPER MARIO BROS. MOVIE

Editor UweSuper Mario 2 - Copyright NINTENDO - UNIVERSAL STUDIOSTHE SUPER MARIO
BROS. MOVIE
– Bundesstart 05.04.2023

Es hat eine seltsame Anmutung, eine abendliche Preview eines Familienfilms zu besuchen, die zeitlich bedingt das Auditorium lediglich mit Erwachsenen füllt. In der Regel bevorzugen Verleiher in solchen Fällen ein von Kindern dominiertes Publikum, um mit deren lautstarken Reaktionen der Begeisterung eventuelle Kritiker und Mundpropagandisten positiv zu stimmen. Bestes Beispiel ist die Stimmung bei einem Horror-Filmfest, dass ausschließlich mit geneigten Fanatikern den Saal zum kochen bringt. Bei einer Vorstellung mit offenkundigen Gamern und Spiel-Nerds ist das ähnlich, nur nicht so extrovertiert. Aber im Fall von THE SUPER MARIO BROS. MOVIE bekommt man als unkundiger Nicht-Spieler einen sehr guten Eindruck, was im Film funktioniert, welche Details wichtig sind, und was richtig oder falsch ist.

Die Klempner-Brüder Mario und Luigi starten gerade sehr erfolglos ihr eigenes Geschäft in Brooklyn. Ein katastrophaler Rohrbruch in der Gegend könnte Gelegenheit werden sich zu beweisen. Doch das Schicksal hat anderes vorgesehen, denn durch die Abflussrohre unter der Stadt, werden Mario und Luigi in andere Welten geschleudert. Luigi landet in einer Welt, die vom fürchterlichen, schildkrötenartigen Bowser regiert wird, der Luigi sofort inhaftieren lässt. Mario strandet bei Prinzessin Peach im strahlenden Pilzkönigreich, und verliebt sich umgehend. Aber auch Bowser schwärmt für Peach, und will deshalb als nächstes das Pilzkönigreich erobern und unterjochen.

Persönlich bevorzuge ich zu Hause den 55 Zoller für gepflegte Filmabende, und nicht zum zocken. Überhaupt habe ich nach meiner Volljährigkeit nie dem Verlangen nach irgendeinem Spiel in irgendeiner Form nachgegeben. Was befähigt also, einen knallbunten Film mit unablässig turbulentem Treiben objektiv zu bewerten, zu dessen Vorlage keinerlei Beziehung vorherrscht? Ich schweife jetzt ab, aber es kommt mir kein Film ins Gedächtnis, der so massiv von knalligen Farben getragen ist. Selbst die düsteren Szenen in Bowsers vereinnahmten Reich haben noch eine überwältigend ansprechende Farbbrillanz.

Die Animationen sind auf bestmöglichem Niveau, dass selbst die normale Bildfassung einen dreidimensionalen Charakter bekommt. Das Design erlaubt sich mit sanften Übergängen, je nach Art der Szene, zwischen photorealistischen und comic-haften Animationen zu wechseln. Besonders bei den Action-Sequenzen wird es dadurch angenehmer dem Geschehen zu folgen, und es gibt schließlich sehr viel an Geschehen bei SUPER MARIO. Jedenfalls kann ich mich kaum an einen Familienfilm in jüngster Zeit erinnern, der eine derart hohe Dichte an Action vorzuweisen hat, die noch dazu so nachvollziehbar übersichtlich inszeniert ist.

Besonders der Kampf zwischen Mario und Donkey Kong ist herausragend inszeniert und auch optisch grandios umgesetzt. Das Spiel mit Bildschärfen und Perspektiven formt die eigentliche Dynamik in der Sequenz. Aber der geniale Einfallsreichtum beginnt ja schon zu Beginn in Brooklyn, der den Brückenschlag von aktiver Konsole zu passiver Leinwand markiert. Um ihren ersten Job als selbstständige Klempner nicht zu verlieren, müssen Mario und Luigi durch eine Baustelle hetzen, über Kisten, Stahlträger, schwebende Bauplatten. Selbst mir als unbedarften Zuschauer bleibt ein freudiges Gekicher über diese clevere durchdachte Szene nicht erspart.

Super Mario - Copyright NINTENDO - UNIVERSAL STUDIOS

 

Da sind sie also, die Stahlträger, die Kisten, irgendwelche schwebenden Klötze, rennen und springen, all diese Versatzstücke, die sich auch jenseits der Spielekonsole in das Allgemeinwissen gefressen haben. Go-Karts, Donkey Kong, die Pilze, Prinzessin Peach. Selbst der Regenbogen als Rennstrecke. Dieser Film funktioniert auf allen Zuschauerebenen, weil seine wesentlichen Merkmale einfach ikonografische Bilder wurden. Aber er funktioniert noch viel besser, weil die Geschichte niemals mehr oder cleverer sein möchte, als die Vorlage hergibt. Ob Mario und Luigis Familien-Szene zu Anfang etabliert war, oder dazu erfunden wird irrelevant.

Sehr witzig, ohne aufdringlich moralische Ambitionen, mit atemberaubenden Tempo, und in der Inszenierung hervorragend durchdacht. Durchdacht deswegen, so paradox es klingen mag, weil weder die Regisseure Aaron Horvath und Michael Jelenic (TEEN TITANS GO), noch Autor Matthew Fogel (MINIOS-RISE OF GRU, LEGO MOVIE 2) sich in unsinnigen Erklärungen versuchen. Da ist nun einmal ein schwebender Stein in der Luft, auf den man springen muss, weil es in dieser Welt eben so ist. Und ein goldener Stern hat einfach die Macht unendliche Stärke zu verleihen, damit hat es sich.

Von Jack Black als Bowser hätte ich ein klein bisschen mehr erwartet. Speziell im Gesang, spielt er seine üblichen Routinen. Ist es der Vorgabe geschuldet? Das wissen andere, persönlich habe ich das Gefühl, dass für Bowser etwas mehr möglich gewesen wäre. Zur großen Erleichterung verzichtet dafür Chris Pratt auf einen italienischen Akzent, mit exzellent gesetzten Ausnahmen. Gefühlt macht das den Film besser, aber bei weitem nicht perfekt. Denn etwas Luft und Inhalt zwischen den Action-Settings hätte ihm sehr gut gestanden. Dennoch präsentiert sich THE SUPER MARIO BROS. MOVIE als Familienunterhaltung weit über Niveau.

Den Reaktionen im Publikum nach zu urteilen, verfügt der Film über eine Menge Querverweise, Zitate und Insider-Details. Es scheint, das Vergnügen wäre um einiges anspruchsvoller und intensiver gewesen, diese Dinge verstehen zu können. Es wäre aber auch absonderlich mich dafür entschuldigen zu müssen, dass diese Details unerkannt an mir vorüber gezogen sind. Vielleicht lohnt es sich aber doch noch das spielen anzufangen. Denn das frenetische Gejohle bei der Auflösung der Post-Credit-Scene lässt keinen Zweifel daran, dass eine Fortsetzung nicht einfach gewünscht, sondern gefordert wird.

Super Mario 1 - Copyright NINTENDO - UNIVERSAL STUDIOS

 

Stimmen:
MARIO: Chris Pratt / Leonhard Mahlich
PRINZESSIN PEACH: Anya Taylor-Joy / Dalia Schmidt-Foß
LUIGI: Charlie Day / Gerrit Schmidt-Foß
BOWSER: Jack Black / Tobias Meister & Daniel Welbat
KAMEK: Kevin Michael Richardson / Timmo Niesner
TOAD: Keegan-Michael Key / Dirk Petrick
DONKEY KONG: Seth Rogen / Marios Gavrillis
u.a.

Regie: Aaron Horvath, Michael Jelenic
Drehbuch: Matthew Vogel
Kamera: James C.J. Williams
Bildschnitt: Eric E. Osmond
Musik: Koji Kondo, Brian Tyler
Produktionsmanagement: Tifenn Philippot
Japan, USA / 2023
92 Minuten

Bildrechte: NINTENDO / UNIVERSAL STUDIOS
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