DUMB MONEY
– Bundesstart 02.11.2023
– Release 15.09.2023 (US)
Dies ist die Geschichte von Keith Gill, der bei Reddit als DeepFuckingValue und bei YouTube als Roaring Kitty bekannt ist. Unter diesen Pseudonymen tut er seine Analysen über die Börse kund, und gibt als Investor gerne seine eigenen Börsencharts bekannt. Und im Jahr 2019 (im Film 2021) beginnt er unterbewertete Aktien der Videospiel-Ladenkette GameStop zu kaufen. Obwohl GameStop im Filialbereich tatsächlich nur noch Verluste schreibt. Durch Gills Analysen überzeugt, beginnen viele seiner Follower über diverse Investment-Apps Aktien von GameStop zu kaufen. Was kann man bei fünf Dollar pro Aktie schon falsch machen? Große Anleger nennen diese Spekulationen von kleinen Wiederverkäufern „Dumb Money“. Aber mit Gills unkonventioneller Internetpräsenz wird der Kauf von GameStop Aktien zu einer Art Schlag gegen das Kapital-Establishment, und durch Dumb Money steigt der Aktienwert unaufhaltsam.
Craig Gillespie hat LARS UND DIE FRAUEN inszeniert, aber auch I, TONYA. Irgendwie dazwischen bewegt sich DUMB MONEY. Kein Lehrstück über die Finanzwelt, auch wenn man hinterher um einiges schlauer ist, sondern ein Film über Menschen und ihre Sehnsucht nach Geld. Allein zehn fast gleichberechtigte Figuren sind direkt mit den Geldgeschäften befasst, und eine ebenso große Anzahl sind begleitende Figuren. Und die gesamte Liste von namhaften Darstellern ist, wie unten zu sehen, sehr beeindruckend. Diese sind auch der entscheidende Faktor für den starken Unterhaltungswert.
Unablässig springt das Buch von Lauren Schuker Blum und Rebecca Angelo (beide ORANGE IS THE NEW BLACK Veteranen) zwischen den verschiedenen Episoden der einzelnen Figuren hin und her, was DUMB MONEY extrem kurzweilig macht. Dabei ist der Film mit 104 Minuten für diese Geschichte ohnehin schon erfrischend kurz. Leider zeigt sich ausgerechnet Paul Dano als Keith Gill am wenigsten überzeugend. Selbst wenn Gill im Wesen richtig getroffen sein sollte, braucht es für einen Film in diesem Inszenierungsstil eine viel intensivere, eventuell die Realität etwas beugende Präsenz.
Dafür ist es überraschenderweise Seth Rogen, der als stinkreicher Hedgfond-Manager Gabe Plotkin die glaubwürdigste der zahlreichen Rollen verkörpert. Sein unbeschwertes Komödien-Talent versteht er in der perfekten Dosierung zu nutzen, um den überheblichen Finanzjongleur wunderbar der Lächerlichkeit preis zu geben, ohne die Gefährlichkeit seines rücksichtslosen Charakters herunterzuspielen. Denn Plotkin und andere Hedgfonds haben GameStop bereits als Spekulationsobjekt aufgekauft. Aber die unvermittelt steigenden Werte durch Gills Follower, machen die Investmentgrößen zahlungsunfähig.
David-gegen-Goliath-Geschichten werden nie ihren Reiz verlieren, und Craig Gillespie unterstreicht das Dank seiner temporeichen Inszenierung. Anders als Kollege David O. Russell, verwechselt Gillespie nie Tempo mit Chaos oder Hysterie. Der stete Wechsel von Orten und Protagonisten lassen keinen Leerlauf, und überspielen auch sehr schnell weniger originelle Passagen. Immer wieder wird penibel darauf geachtet, dass die Komplexität des Finanzmarktes auf schnell verständliche Mittel heruntergebrochen wird. Dennoch vermeiden die Macher sehr geschickt eine eventuelle Trivialisierung.
Der Vergleich von David gegen Goliath wird nicht überstrapaziert. Um wahrheitsgemäß und geerdet zu bleiben, gibt es unter den vier begleiteten Quereinsteigern auch Verluste. Bei den Profimaklern hingegen gibt es nur Verlierer. Hier baut der Film zu sehr auf die Schadenfreude, wo ihm doch etwas kritischere Ansätze in beide Richtungen sehr gut getan hätte. Adam McKays THE BIG SHORT über die Immobilien-Krise war kompromissloser in seiner Behandlung der komplexen Problematik. Dennoch braucht DUMB MONEY den Vergleich nicht zu scheuen. Man lernt ’ne Menge, und wird mit einem bestechenden Ensemble, unter einer hervorragend ausbalancierten Regie, bestens unterhalten.
Darsteller: Paul Dano, Pete Davidson, Seth Rogen, Vincent D’Onofrio, Shailene Woodley, Nick Offerman, America Ferrera, Anthony Ramos, Dane DeHaan, Clancy Brown, Myha´la Herrold, Talia Ryder u.a.
Regie: Craig Gillespie
Drehbuch: Lauren Schuker Blum, Rebecca Angelo
nach ‚The Antisocial Network‘ von Ben Mezrich
Kamera: Nicolas Karakatsanis
Bildschnitt: Kirk Baxter
Musik: Will Bates
Produktionsdesign: Scott Kuzio
USA / 2023
105 Minuten