SCHLOCK – Bundesstart 17.09.1982
Aus ABGESCHMINKT, Ausgabe September 1982:
Mit nur wenigen Wochen Abstand zu dem bahnbrechenden Horrorschocker AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON von John Landis, ist nun auch sein Film SCHLOCK in Deutschland gestartet. Es ist eigentlich der erste Filme des amerikanischen Regisseurs und Filmemachers, und bereits vor fast zehn Jahren entstanden. Noch bevor derselbe Regisseur mit abscheulichem Nonsens in KENTUCKY FRIED MOVIE und dem albernen Musikfilm BLUES BROTHERS Erfolge feierte, die nicht zu erklären sind und jeder Vernunft widersprechen. Dennoch verstärkte dies das Interesse an AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON, über den bereits im Vorfeld schon verstärkt berichtet worden war. Der überhastet angesetzte Start des aus gutem Grund in Vergessenheit geratenen Frühwerks SCHLOCK kann nur als finanzielle Hinterlist bezeichnet werden, bei der arglose Zuschauer mit dem Namen des Regisseurs und dem Erfolg seines erst vor wenigen Wochen gestarteten Horrorfilms in die Irre geführt werden sollen.
Im Film geht es um den Schlockthropus. Eigentlich wird er als das bislang unbekannte Bindeglied in der Entwicklung vom Affen zum Menschen vermutet. Polizisten und Professoren in diesem Film bezeichnen ihn als Monster, und so wird der Schlockthropus als mordende Bestie dargestellt. Wissenschaftlich ist das natürlich absolut haltlos, es dient wie üblich der billigen Effekthascherei. Wie in vielen Gruselfilmen soll es die Angst vor dem Unbekannten ansprechen. Und nach einer seltsamen Mordserie in einer Kleinstadt, entdeckt Polizeimann Wino die Hölle dieses Monsters.
Es ist Professor Shlibovitz, der das Wesen aus der Höhle identifizieren kann. Doch von den Menschen überrascht, ist der Schlockthropus in den nahen Vorort geflüchtet. Trotz aller Mittel von Gewalt bleibt die Polizei machtlos. Die blinde Mindy freundet sich schließlich mit dem behaarten Biest an, weil sie es für einen Hund hält. Doch bei einer Schulfeier kommt es zur Katastrophe, als Mindys Freund Cal sie vor dem Schlockthropus beschützen möchte. Auf dem Dach der Schule kommt es zur finalen Auseinandersetzung, und ein massives Polizeiaufgebot kann das Monster besiegen.
Es folgt der zweifelhafter Schlusssatz: Es war die Schönheit, die das Biest tötete. Scheinbar ist dem Filminitiator wohl entgangen, dass diese Worte auch in dem großartigen KING KONG aus dem Jahr 1933 gesagt wurden. Die Einfallslosigkeit des jungen John Landis ist aber nicht nur hier zu bemerken. Er erdreistet sich auch, Motive aus der ersten Verfilmung des Romans FRANKENSTEIN zu stehlen. Oder es werden unverhohlen Szenen aus dem Klassiker 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM nachgestellt. Doch die Unverfrorenheit von Landis macht selbst vor der Schnulze LOVE STORY nicht Halt.
Eigentlich beschleicht einen den ganzen Film über das Gefühl, dass sich John Landis als Autor aber auch Regisseur ausschließlich bei anderen Filmen bedient. Aber er erreicht bei weitem nicht die Qualität, die den Vorbildern gerecht werden würde. Dazu ist das Budget mit 60.000 Dollar auch viel zu gering, und der Humor einfach zu simpel und auch geschmacklos. Der Unsinn der hier gezeigt wird, wwird später bei der Anthologie KENTUCKY FRIED MOVIE noch überboten. Aber bei BLUES BROTHERS ist Landis nicht vernünftiger, aber wenigstens ein bisschen ruhiger.
Mit AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON hat sich John Landis endlich auch einmal als ausgezeichneter Filmtechniker gezeigt, der allerdings immer noch an seinem absonderlichen Humor scheitert. Seiner Zukunft ist es nicht förderlich, wenn in einem so kurzen Zeitraum das Erstlingswerk nachgeschoben wird. Es macht allzu deutlich, dass er in nur wenigen filmtechnischen Zweigen lernfähig ist. Aber den absurd anarchistischen Humor von SCHLOCK konnte er über die Jahre nicht ablegen. Ohnehin kann ein Film mit so geringem Produktionsetat nur zum Scheitern verurteilt sein.
Das SCHLOCK eine erstaunliche Kameraarbeit vorzuweisen vermag, mit selbsterzählenden Bilderfolgen und raffinierten Einstellungen, ist das selten mit dem Talent des Regisseurs zu erklären. Aber selbst der für einen Anfängerfilm makellos exakte Schnitt, der einen außergewöhnlichen Fluss bringt, macht dieses Werk nicht erträglicher. Auch wenn die Darsteller innerhalb dieser Gattung von Film überraschend gut ihre Rollen ausfüllen, und mit perfekter Akzentuierung agieren. Dem Film fehlt einfach der Respekt vor den großen Werken und der Profession im Allgemeinen.
Seit der Uraufführung von SCHLOCK vor fast zehn Jahren hat lediglich die Filmindustrie profitiert, weil hier Makeup-Gestalter Rick Baker eine erste Plattform geboten wurde. Mit einem kaum vorhandenen Budget, gelingt ihm bei einer seiner ersten Makeup- und Maskenarbeiten eine atemberaubend glaubwürdige Monster-Kreation. Anstatt sich auf die Regie zu konzentrieren, spielt Landis den Schlockthropus selbst. Mit der Maske von Rick Baker verfügt Landis über alle Möglichkeiten von mimischer Darstellung. Damit hatte seinerzeit selbst PLANET DER AFFEN Probleme. Bei hundertfachem Budget.
Rick Baker hat im vergangenen Jahrzehnt die Kunst der Maske revolutioniert, mit KONG KONG von 1976 neue Maßstäbe gesetzt, und erst kürzlich mit der Transformation eines Menschen in einen Werwolf die Filmbranche und den Horrorfilm neu definiert. Und genau dieser AMERCIAN WEREWOLF ist wohl auch für den verspäteten, aber unnötigen Bundesstart von SCHLOCK verantwortlich. Das John Landis Filme und das Geschäft liebt, ist in SCHLOCK allgegenwärtig, nur diese Leidenschaft auf diese Weise zu zelebrieren ist fragwürdig. SCHLOCK ist der Beleg, dass AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON nur ein wundersamer Ausrutscher an filmischer Brillanz gewesen sein könnte. Die Zukunft sieht da nicht rosig aus.
Darsteller: John Landis, Eliza Garrett, Enrica Blanky, Saul Kahan, Joseph Piantadosi, Tom Alvich, Richard Gillis u.a.
Regie & Drehbuch: John Landis
Kamera: Robert E. Collins
Bildschnitt: George Folsey Jr.
Musik: David Gibson
Makeup & Kostüm: Rick Baker
USA / 1973
80 Minuten