3 Folgen ONE PIECE

One Piece 6 - Copyright NETFLIX– seit 31.08.23 bei NETFLIX

One Piece wird der Schatz genannt, den der König der Piraten, Captain Rogers, auf der Grand Line versteckt hat. Der Schatz soll unermesslich sein, aber um was es sich dabei handelt ist unbekannt. Die Grand Line ist der Ozeanstrom, der sich rund um den Globus zieht, auch Piratengrab genannt. Noch während seiner Exekution verkündet der Rogers, wer seinen Schatz One Piece findet, wird den Platz des Piratenkönigs einnehmen. Damit verändert sich die Welt, denn die Zahl ruchloser Piraten steigt unkontrollierbar. Und voller Enthusiasmus ganz vorne, der junge Monkey D. Luffy. Der will allerdings ein guter Pirat werden, wie sein Mentor Captain Shanks. Es dauert eine Zeit, mit viel Abenteuer und ordentlichen Kämpfen, bis sich eine Mannschaft aus viel zu jungen Piraten gefunden hat. Doch die immer wieder bemitleidete oder verspottete Crew beweist sich, auch bei den Lesern Denn Eiichirô Oda skurrile Manga-Serie zählt, nach diversen Angaben, zu den erfolgreichsten Mangas überhaupt.

Stilistisch und inhaltlich scheint diese Realverfilmung das Flair der Bücher zu erreichen. Mit den Serien-Entwickler Matt Owens und Steven Madea haben sich auch zwei gefunden, die aus der TV-Phantasik und dem Fernsehkrimi sehr viel, und sehr gute Erfahrungen mit bringen. Ein Vergleich von Quelle und Adaption kann aus Gründen nicht gegeben werden. Was ohnehin für den durchschnittlichen Binge-Watcher bei Netflix ohne Belang wäre, der mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit noch kein ‚One Piece‘-Heft gelesen hat. Und genau diese Zuschauenden dürften sehr überrascht sein, was sie erwartet.

Verabschieden muss man sich von westlich orientierter Fernsehkost. ONE PIECE ist ganz klar dem asiatischen Film angelehnt. Konventionelle Dramaturgie ist dabei kaum gegeben. Über Gebühr rührseliger Schmalz ist im steten Wechsel mit energiegeladenen Kampfszenen. Das Set Design überrascht immer wieder mit exzellenten Einfällen, die Drehorte und Kulissen viel opulenter aussehen zu lassen. Dafür sind manche Masken unverständlich dilettantisch. Besonders bei den Hybriden Hai-Mensch und Schafbock-Mensch ist das prothetische Makeup kein bisschen überzeugend.

One Piece 3 - Copyright NETFLIX

 

Starke Schwankungen gibt es auch bei den visuellen Effekten. Das fällt allerdings weniger ins Gewicht, weil es den Comic-Charakter sogar unterstützt. Es ist ein ständiges Hin und Her in Qualität und Ausführung in fast allen Gewerken, was sehr gewöhnungsbedürftig ist. Gewöhnungsbedürftig, wie der ständige Einsatz von extremen Weitwinkeleinstellungen, die ständig in sonst mit normaler Optik gefilmten Dialogszenen eingeschnitten sind. Nicol Hirsch Whitaker und Michael Wood nutzen dieses unmotivierte Element in den ersten drei Episoden ausgiebig. Ein wirkliches Konzept ist darin aber nicht zu erkennen.

Wo die Bildgestalter die Weitwinkeloptik allerdings atemberaubend gut einsetzen, sind die Schwert- und Faustkämpfe. Da mischt sich die einfach Prügelei mit Mixed-Martial-Arts, und Siebzigerjahre Hongkong Kino mit klassischer Mantel und Degen Fechterei. Und die Kamera fliegt um die bemerkenswerte Choreografie in ungewöhnlich langen Takes. Das bringt nicht nur eine beachtliche Dynamik, es zeigt auch hervorragend, dass die Darsteller nicht nur vorgeben was sie tun, sondern dies auch tatsächlich beherrschen. Natürlich mit gewissen Einschränkungen. Es gibt ja auch vieles an übernatürlichen Einflüssen.

One Piece 2 - Copyright NETFLIX

 

Hauptfigur Monkey D. Luffy hat zum Beispiel als Kind eine Gum Gum Frucht gegessen. Jetzt kann er seinen Körper nach eigenen Bedürfnissen wie Gummi biegen und strecken. Was in der Inszenierung für wirklich witzige Situationen genutzt wird. Aber Luffy ist in diesen Belangen nicht allein. Fast jeder Charakter hat so seine speziellen Eigenarten. Das Schiffsputzer Usopp nie die Wahrheit sagen kann, ist noch die geringste Besonderheit. Anders sieht es bei Piraten Clown Buggy aus, der seinen kompletten Körper gerade wie benötigt, in einzelne Teile zerlegen kann, die dann auch selbstständig agieren. 

Natürlich findet Luffy seine ungewöhnliche Crew für sie ungewisse Suche nach One Piece. Eine illustre Mischung unterschiedlichster Charakteren, bei denen lange Zeit ungewiss bleibt, welcher Agenda sie in Wirklichkeit folgen. Nami ist die notorische Diebin, Roronoa Zoro der stoisch einsilbige Schwertkämpfer. Um sie herum eine Heerschar ebenso verschrobener und extravaganter Gesellen, die den Helden entweder Übles wollen, oder einfach nur helfen. So genau weiß man das nicht. Aber langweilig wird es nie, weil alle Figuren originell und vor allem interessant gezeichnet (Kalauer beabsichtigt) sind.

One Piece 4 - Copyright NETFLIX

 

Die Zeiten sind längst vorbei, als man einer Serie noch Zeit gab um sich zu entwickeln. In den letzten zwanzig Jahren haben sich die heute als Premium anerkannte Serien, wie BIG BANG THEORY, MAD MEN oder BREAKING BAD (unvollständig), schon mit der ersten Folge etabliert, ohne an Originalität und Zugkraft zu verlieren. ONE PIECE ist eine dieser Serien, mit ähnlicher Kunst, sich in der Ideenvielfalt stetig aber nicht überstürtzt zu steigern. Die Welt von ONE PIECE ist voll von faszinierenden Überraschungen und fantastischen Möglichkeiten. Aber diese Welt fordert immerzu die Sehgewohnheiten.

Da hat zum Beispiel eine gigantische Seeschlange ihren Auftritt, nicht um eine Action-Sequenz anzustoßen, sondern diese verrückte Welt clever auszubauen und zu vertiefen. Oder es wird eine Muschelschnecke zum telefonieren benutzt. Dann kontern aber wieder Szenen mit fast naiver Dramaturgie. Zudem kann der ständige und aufdringliche Optimismus von Luffy auch sehr anstrengend werden. Iñaki Godoy lässt hier einiges an Nuancen und charismatischer Überzeugung vermissen. Sehr verblüffend, aber zur Freude des Actionfans, scheuen sich die Regisseure bis jetzt nicht, die Kämpfe auch ungeschönt mit all ihren blutigen und verstümmelnden Konsequenzen zu inszenieren. Ein wohltuender Einfluss des asiatischen Kinos, wo sich sehr gerne überzogener Kitsch und kompromisslose Härte im ständigen Wechsel befinden.

…to be continued

One Piece 1 - Copyright NETFLIX

 

Darsteller: Iñaki Godoy, Emily Rudd, Mackenyu, Morgan Davies, Aidan Scott, Vincent Regan, Jacob Romero, Armand Aucamp, Taz Skyler, Peter Gadiot u.v. a.

Regie jeweils 2 Episoden:
Marc Jobst, Tim Southam, Emma Sullivan, Josef Kubota Wladyka

Nach den Comic-Büchern von Eiichirô Oda
Drehbuch: Lindsay Gelfand, Tom Hyndman, Steven Maeda, Matt Owens, Allison Weintraub, Tiffany Greshler, Ian Strokes, Diego Gutierrez, Laura Jacqmin, Damani Johnson

Kamera jeweils 2 Episoden:
Trevor Michael Brown, Michael Swan, Nicol Hirsch Whitaker, Michael Wood

Bildschnitt:
Tessa Verfuss, Eric Litman, Tirsa Hackshaw, Kevin D. Ross, Tim Kinzy, Marie Lee, Daniel Williams

Musik: Sonya Belousova, Giona Ostinelli
Produktionsdesign: Richard Bridgland
USA, Japan, Südafrika, Großbritannien / 2023
8 Episoden
451 Minuten

Bildrechte: NETFLIX
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