TICKET TO PARADISE
– Bundesstart 15.09.2022
Dieser Film hat nichts was man nicht erwarten würde. Ol Parker hat als Autor und Regisseur unter anderem die zwei BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL Teile und die MAMMA MIA Fortsetzung gemacht. Da dürfte es kaum verwundern wie simpel und altbacken sich der Handlungsaufbau von TICKET TO PARADISE zeigt. Fünf Jahre waren David und Georgia verheiratet, und die letzten vierzehn Jahre verbrachten sie damit sich zu verabscheuen. Aus der gemeinsamen Zeit ging allerdings Tochter Lily hervor, von beiden inständig geliebt. Doch Lily hat in Bali Gede kennen und lieben gelernt, und will diesen nach nur sehr kurzer Zeit heiraten. Georgia und David fliegen natürlich nach Indonesien um ihrer Tochter auf bestmögliche Weise beizustehen: Indem sie die Hochzeit sabotieren, damit Lily nicht den gleichen Fehler begeht wie ihre Eltern.
Es dauert keine fünfzehn Minuten in den Film hinein, damit sich die Frage aufdrängt, warum Ol Parker mit Daniel Pipski einen Co-Autoren benötigte. Noch dazu, weil Pipski keinerlei Drehbucherfahrung hat. TICKET TO PARADISE lässt nichts aus, was an Standards gegeben ist. Die wild romantische Beziehung von Lily mit Gede. Es gibt die absonderliche Beste Freundin. Unerlässlich die ständigen fiesen Bemerkungen der Eltern gegeneinander. Selbst die unvermeidliche Sitznachbarschaft der Streithähne im Flugzeug, einschließlich des skurrilen Opfers in der Mitte.
Kameramann Ole Bratt Birkeland hat sich wider Erwarten erstaunlich zurück gehalten, was die grandiosen Möglichkeiten der indonesischen Postkarten-Idyllen angeht. Selbstredend macht die Kamera immer wieder Ausflüge über sonnendurchflutete Palmenstrände mit glasklarem Blau des Meeres, wo auch traditionelle Gewänder farbenfroh zelebriert werden, einschließlich gütig blickender Einheimischer. Gedreht wurde allerdings in Queensland, Australien. Ein fett geschriebenes Lob an das Produktionsdesign für die perfekte Illusion.
2019 hat Birkeland die JUDY Garland Biografie in opulent verschwenderischen Bildern umgesetzt. Bei TICKET wechselt er den Fokus auf die Schauspieler selbst. Die Kamera arbeitet vornehmlich die Beziehungen der Figuren heraus, betont bestimmte Blickwechsel, und ist auf Reaktion und Reaktion fixiert. Vornehmlich mit den agierenden Darstellern gemeinsam im Bild. Birkeland hebt hervor, was in Partnerschaften nicht ausgesprochen werden muss, und vermittelt optisch dem Zuschauer das Verständnis der Figuren zueinander.
Gerade in der Inszenierung der Figuren funktioniert die uninspirierte Geschichte weit über das Mittelmaß an stimmiger Unterhaltung hinaus. Mal werden die jeweiligen Pärchen in weiches Gegenlicht gesetzt, ein anderes Mal mit abweisend harten Kontrasten inszeniert. Die Stimmung der Bilder richtet sich nach der Atmosphäre des jeweiligen Settings. Und dadurch wird man TICKET TO PARADISE auch genießen, wie man eine romantische Komödie dieser Art sonst ganz selten genießen kann.
Es ist eine Komödie die von der ersten bis zur letzten Minute ausschließlich von der atemberaubenden Attraktivität seiner Darsteller lebt. Und ausschließlich durch diese auch existieren kann. Da hat Senkrechtstarterin Kaitlyn Dever als Lily auch einen Anteil daran, noch mehr allerdings Billie Lourd, als ihre beste Freundin Wren. Beide waren zusammen schon in BOOKSMART erfolgreich, nur das sich Lourd hier in ihrer Exzentrik etwas zurücknimmt, und damit wesentlich überzeugender wird.
Doch allen Widrigkeiten zum Trotz, kann ein Film mit immensen Schwächen in der Handlung außerordentlich unterhaltsam sein. Und TICKET TO PARADISE ist außergewöhnlich unterhaltsam, weil er diese Schwächen in die höchstmögliche Aufmerksamkeit für seine Stars wandelt. Das sind Julia Roberts und George Clooney, die den Film nicht tragen, sondern zum Film werden. Beides bereits Generationen übergreifende Schauspieler, mit einer ungeheuerlichen Präsenz. Wie könnte da etwas schief laufen?
Es könnte jede Menge schief laufen. Clooney beweist das in Filmen, in denen er sich selbst inszeniert hat. Oder wenn Julia Roberts in einer kleinen Nebenrolle mit Tom Hanks bei CHARLIE WILSONS WAR mehr Chemie entwickelt, als es ihr mit Hanks in LARRY CROWNE als Angebetete gelingt. Aber Clooney und Roberts erreichen eine Natürlichkeit die weit über schauspielerisches Niveau hinaus geht. Und dadurch, dass der Ausgang des Films ohnehin feststand bevor er überhaupt anfing, ist es reine Freude den Weg zu diesem Ende zu beobachten.
Es ist fasst ein wenig schade, wie die Talente des restlichen Ensembles ins Hintertreffen geraden. Aber wie Roberts und Clooney streiten, sich ansehen, manchmal ihre alte Liebe wieder erkennen, diese tiefe Verständnis für einander spüren lassen, dass ist einmalig. Manchmal sind sie peinlich, manchmal einfach berührend. Die Beer-Pong-Szene wird zum Instant-Klassiker in beider Karrieren, nicht wegen des schauspielerischen Könnens, sondern weil sie es selbst sind. Mit jeder Faser ihrer Herzen. Und wegen ihnen ist TICKET TO PARADISE ein absolutes Muss. Auch für Nicht-Romantiker.
Darsteller: Julia Roberts, George Clooney, Kaitlyn Dever, Billie Lourd, Maxime Bouttier, Lucas Bravo u.a.
Regie: Ol Parker
Drehbuch: Ol Parker, Daniel Pipski
Kamera: Ole Bratt Birkeland
Bildschnitt: Peter Lambert
Musik: Lorne Balfe
Produktionsdesign: Owen Paterson
USA / 2022
104 Minuten