THE LOST CITY
– Bundesstart 21.04.2022
Man muss ehrlich sagen, dass die Coen-Brüder das Attribut des Bruders in einer Regie-Partnerschaft zum Gütesigel erhoben haben. Die Zuckers und Farrellys, die Hughes‘ oder die Russos. Die weniger kreativen seien hier einmal ausgespart. Aber Adam und Aaron haben das Zeug sich als gerne gesehene Wiederholungstäter zu festigen. Nicht das THE LOST CITY Qualitäten hätte die man als unverwechselbar, herausragend, einzigartig oder neu bezeichnen würde. Aber gerade weil sie genau diese Absichten vermieden haben, zeigt sich ihr dritter Kinofilm als geschmeidiger Spaß der gefällt. Aaron und Adam Nee haben genau aufgepasst, und die Mechanismen des romantischen Abenteuerfilms hervorragend für sich genutzt.
Die Romanautorin Loretta Sage ist auf PR-Tour für ihr neuestes Buch aus einer langen Reihe von romantischen Bestsellern. Mit auf der Reise ist der etwas einfältige Alan, der von Anbeginn als Cover-Model für die Romane sein Gesicht und seinen Körper präsentierte. Durch ihre Recherchearbeit für die Bücher ist Loretta zu einer Koryphäe in Archäologie geworden, was wiederrum den exaltierten Milliardär Fairfax auf den Plan ruft. Der ist davon überzeugt, das Loretta in ihrem jüngstem Buch den Weg zu einer geheimnisvollen Verlorenen Stadt beschrieben hat.
Den Verlauf der Handlung nicht schon selbst voraussagen zu können hieß, das erste mal im Kino zu sein. Doch was mit Schwung und guter Laune einen vielversprechenden Einstand findet, ziehen die Regie-Brüder mit viel Elan und noch mehr Tempo auch bis zum Ende durch. Sie haben genügend Idee eingebracht, die in ihrer Originalität überzeugen und dem Altbekannten mit sehr schönen Einfällen entgegenwirken. Der etwas verweichlichte Alan will endlich einmal in Wirklichkeit Held sein. Und Loretta aus den Fängen des Milliardärs zu befreien wäre dazu die Gelegenheit.
Da werden Erinnerungen an AFRICAN QUEEN wach, die abenteuerliche Reise der gegensätzlichen Hepburn und Bogart die sich erst durch gemeinsam bestrittene Widrigkeiten finden. Johnson und Blunt haben erst kürzlich etwas ähnliches in JUNGLE CRUISE erfahren dürfen, und die Zuschauer mit ihrer erfrischenden Konsequenz der Verbeugung vor den Vorbildern erfreut. Genauso konsequent in einer unverhohlenen Zitatenlawine, dürfen auch Bullock und Tatum mit sehr viel Spielfreude und entfesselter Energie aufeinander losgehen, und sich letztendlich finden.
Sandra Bullock tobt sich hierbei in bekannten Gewässern aus, in einer Rolle die sie schon unausgeschlafen und ohne Kaffee bestens meistert, in der wir sie dennoch alle am liebsten sehen. Und für Tatum ist der ungeschickte Hüne, der jede Situation nur noch verschlimmert eine erweiterte Erfahrung in seinem Komödienfundus, in der er aber ganz hervorragend aufgeht. Da macht es tatsächlich nichts, dass die Gags nicht immer zünden und die witzigen Einfälle nicht ununterbrochen auf den Zuschauer einstürzen. Der Bühnensturz mit den aufgerissenen Hemd, oder die Flucht mit der Schubkarre zum Beispiel, sind eher missglückte Slapstick Einlagen.
Obwohl fantastisch inszeniert und ausgespielt, ist die Brad Pitt Sequenz in ihrer Gänze nicht wirklich stimmig zum Handlungsverlauf. Das sind alles Merkmale die THE LOST CITY immer wieder leicht ausbremsen, und ihn davor zurückhalten auf das Niveau von Douglas und Turners ROMANCING THE STONE aufzuschließen. Im Gesamten ist er aber durchweg in allen selbst gesteckten Ansprüchen hochgradig unterhaltsam.
Auf alle Fälle haben die Nee-Brothers einen Film gezaubert, der überzeugt weil er nicht versucht schlauer zu sein als seine Vorbilder und genau dadurch tatsächlich eine originelle Eigenständigkeit erreicht. THE LOST CITY hat gewiss kein sogenanntes Kult-Potential, ist aber einer jenen Filme, die man später immer wieder einmal mit Vergnügen anschaut.
Darsteller: Sandra Bullock, Channing Tatum, Daniel Radcliff, Da’Vine Joy Randolph, Patti Harrison, Oscar Nuñez sowie Brad Pitt u.a.
Regie: Adam Nee, Aaron Nee
Drehbuch: Adam Nee & Aaron Nee und Oren Uziel & Dana Fox
Kamera: Jonathan Sela
Bildschnitt: Craig Alpert
Musik: Pinar Toprak
Produktionsdesign: Jim Bissell
USA / 2022
112 Minuten