The Incomparable Rex Harrison

Rex Harrison Patrick Garland

Patrick Garland
The Incomparable Rex Harrison
Rex Harrison: Last of the High Comedians

Patrick Garland war Schriftsteller, Poet, Regisseur und Schauspieler. Ende der Siebziger begann er Vorbereitungen, dass Musical ‚My Fair Lady‘ am Broadway wieder aufzuführen. 24 Jahre nachdem Rex Harrison zusammen mit Julie Andrews die Geschichte von Henry Higgins am selben Ort zum Phänomen machten. Und Rex Harrison sollte 1980 wieder in die Rolle schlüpfen, mit der er Zeit seines Lebens gleichgesetzt wurde. Auch wenn der 1908 bei Liverpool geborene Bühnendarsteller mit GHOST AND MRS. MUIR, CLEOPATRA oder DOCTOR DOLITTLE gleichwertige Leinwanderfolge mit verantworten durfte (CLEOPATRA war ein riesiger Erfolg, spielte aber seine Kosten nicht ein).

Der emsige Garland, der einen unvergleichlichen künstlerischen Auswurf hatte, kam Harrison zu jener Zeit des ‚My Fair Lady‘ Revivals sehr nahe. Ob sie wirklich Freunde wurden, wird nicht so wirklich klargestellt. Gepriesen wird diese Biografie durch ihre Zurschaustellung von profunden Wissen, und einer gnadenlosen Entmystifizierung des vier mal geschiedenen und sechs mal verheirateten Harrison. Als narzisstisch soll er entlarvt werden, hinterhältig und gemein, mit einem sehr verächtlichen Umgang gegenüber Kollegen und vor allem Frauen im Allgemeinen.

Was so lautstark über das Buch erzählt wird, kann man nicht wirklich herauslesen. Es sei denn, man will das Gelesene unbedingt selbst in einen skandalösen Zusammenhang setzen. Garland kann gut erzählen, er kann sehr viel erzählen, denn Garland kann sehr viele Wort für selbst kürzeste Anekdoten finden. Das ist was bei den circa 250 Seiten am stärksten auffällt – Patrick Garland hört am liebsten sich selbst reden, sprich schreiben.

Das geht sogar so weit, dass man in den ersten zwei Kapitel schwer ausmachen kann, ob der Biograf jetzt über sich selbst schreibt, oder die Erzählstimme von Harrison übernommen hat. Es ist nicht einfach, aber man ließt sich langsam in diesen Stil hinein, und kann dann einfacher differenzieren. Denn mitunter sind die kleinen Geschichten sehr amüsant und in gewisser Weise auch zeitgeschichtlich aufschlussreich.

Audrey Hepburn Rex Harrison

Harrison mit Audrey Hepburn für MY FAIR LADY

Doch das beschworene Schreckgespenst Harrison lässt sich nicht wirklich blicken. Man muss eben die angesprochenen Querelen und Beleidigungen in den Kontext der Zeit und des Milieus setzen. Die meist theatralisch überzogenen Rivalitäten zwischen den großen Bühnendarsteller ist durch den Konkurrenzkampf um die wenigen begehrten Rollen überall verbrieft. In Garlands Biografie werden meistens auch die anderen als rüpelhafte Egomanen vorgeführt, wie Laurence Olivier lautstark in einem Ballsaal intoniert: „Is it that shit Rex Harrison over there?“

Auf diesem Level wird der Schreiber immer etwas schwammig, weil er oft die boshaften Sticheleien unterstreicht, aber dennoch ein fast kumpelhaftes Verhältnis hinterher schiebt. Nur mit Laurence Olivier war die Rivalität scheinbar kein amüsantes Geplänkel. In Vorbereitung auf neue Rollen hatten Harrison und Olivier ihr Aussehen verändert. Der eine hatte kurzgeschorenes Haar, der andere einen natürlich gewachsenen Rauschebart. In einem Hotel standen sich dann beide bei einer sich öffnenden Aufzugtür gegenüber. Zwei Meter voneinander entfernt, erkannten sie sich nicht, grüßten höflich, und bestanden auf den Vortritt des anderen.

Die im Buch dargereichten Episoden mit einem anstößig ausfallenden Rex Harrison werden als amüsante Eigenwilligkeiten dargereicht. Manchmal fehlt auch ein Bezug, wenn sich der Darsteller ungebührlich gegenüber Bedienungen und Frauen verhält. Man darf es nicht schön reden, oder gut heißen, aber die rücksichtslosen Überheblichkeiten lesen sich wie für die Zeit gewöhnliche, chauvinistische Sprücheklopfereien. Gerade für einen unendlich gebauchpinselten Superstar wie Rex Harrison nichts ungewöhnliches.

Und weil Patrick Garland scheinbar eine breitere Palette bieten wollte, wird in Kapitel 9 immer wieder einmal Richard Burton ins Spiel gebracht. Und Kapitel 10 befasst sich ausschließlich mit Burton und Harrison. Der eine wird für ‚My Fair Lady‘ gefeiert, der andere wird in ‚Camelot‘ bejubelt. Man könnte Reibereien hinein interpretieren, weil beide eigentlich die Rolle des anderen haben wollten. Weil es da aber nichts tiefer gehendes zu erzählen gibt, bringt Garland merkwürdig oft ins Spiel, wer den nur von den beiden öfter verheiratet war.

Lässt man außen vor, was von anderen Stellen vollmundig versprochen wurde, ist ‚The Incomparable Rex Harrison’ lesenswerte Unterhaltung. Der Anspruch des Buches erschöpft sich in den mühsamen Versuchen Harrison als selbstgefälligen Mann mit mysteriöser Aura abzubilden. Es sind eher die Selbstgefälligkeiten des Biografen Garland durch die sich der Leser sondieren muss. Dann bietet sich noch immer eine wunderbare Sammlung von herrlichen Besonderheiten, die eher Bühnen- und Filmfanatiker begeistern können, als die fixierten Bewunderer des zu Recht mit Preisen überhäuften Bühnen- und Filmdarstellers Rex Harrison.

Rex Harrison Buch 2Der Schauspieler Simon Callow schrieb das blumige Vorwort zu ‚The Incomparable Rex Harrison’. Interessanterweise sollte Callow auch die Autobiografie von Patrick Garland vervollständigen, welcher noch vor deren Vollendung 2013 verstarb. Der Schauspieler ist ein sehr umtriebiger Schreiber, sogar mit einer eigenen Autobiografie von 2012. Aber ein Buch von oder über Patrick Garland ist bis jetzt noch nicht auszumachen.

ASIN ‏ : ‎ B07M7FBH44
ISBN-10 ‏ : ‎ 0333717961
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-0333717967

1991 erschien die Autobiografie ‚A Damned Serious Business‘ von Rex Harrison selbst.
Bereits 1988 erschien eine Biografie von Roy Moseley, Philip Masheter & Martin Masheter.

 

A Damned Serious Business

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