THE DEVIL’S LIGHT

Prey for Devil - Copyright LIONSGATEPREY FOR THE DEVIL
f.k.a. THE DEVIL’S LIGHT
– Bundesstart 08.09.2022

Es ist furchterregend, wenn sich die Gliedmaßen von Regan verdrehen, ihr Kopf verformt, jeder Knochen von der körperlichen Überbeanspruchung zu brechen scheint. Ihr Gesicht grau aufgeschwollen, übersät mit blutigen Striemen. Unmenschliche Töne entweichen ihrer Kehle. Es ist erschreckend, wenn Regans Körper schwebend die Schwerkraft ignoriert, oder sich ihr verformter Leib spinnenartig durch das Haus bewegt. Als ‚Spider Walk‘ ging die Szene mit der unerträglich schaurigen Fortbewegung dann auch in die Geschichte ein, lange bevor sie es tatsächlich in eine überarbeitete Filmfassung schaffte. Der Film war DER EXORZIST, und startete vor fünfzig Jahren 1973. Zwischen der ersten Kinofassung und der endgültigen Version des Regisseurs mit der berüchtigten Szene gab es unzählige Epigonen, die an einer an diesem Film angelegten Formel von Schock, Ekel und Grusel verdienen wollten.

Als Novum darf mit Schwester Ann endlich eine Frau effektvolle Exorzismen durchführen. Aber nur mit viel gutem Willen könnte man das als einzigartige Neuerung zelebrieren. Denn letztendlich nutzt Regisseur Daniel Stamm diesen Aspekt nicht hinreichend. Somit verflüchtigt sich auch umgehend der gut gemeinte Geschlechter-Gedanke. Schwester Ann ist durch ihre Mutter vorbelastet, welche ihrer Meinung nach von einem Dämon besessen war. Aus dem Grund arbeite die Novizin auch in einer katholischen Schule für Exorzismus.

Inwieweit man den Hintergrund vom erhöhten Bedarf an Exorzisten-Schulen ernst nehmen soll, das überlassen die Macher allein den Zuschauenden. Was für ein Werk wäre dieser absolut spaßbefreite Film, sollte er sich ausgerechnet mit den steigenden Fällen von dämonischer Besessenheit einen humorvollen Seitenhieb erlauben wollen. Aber wie schon in der Geschlechterfrage, schaffen es weder Drehbuch noch die Inszenierung einen nachvollziehbaren Rahmen für das der Handlung zugrunde liegende Phänomen zu schaffen.

Als 2000 der Director’s Cut von EXORZIST erschien, inklusive dem ‚Spider Walk‘, bewies Macher William Friedkin trotz bereits 40 vergangener Jahre sein Alleinstellungsmerkmal. Dennoch nahm in den letzten 20 Jahren die Produktion an Filmen von Heimsuchungen und Austreibungen dämonischer Entitäten zu. Und tatsächlich sind einige darunter, die mit Originalität und eigener Atmosphäre zu Recht Erfolg verbucht haben. Man stelle sich den Wahnsinn vor, nach SINGIN‘ IN THE RAIN hätte man aufgehört Musicals zu drehen.

THE DEVIL’S LIGHT gehört zu den Filmen, bei dem man sich äquivalent wünschen würde, man hätte nach SINGIN‘ IN THE RAIN aufgehört Musicals zu machen. Dabei hat der Film einige Ansätze, die mit mehr Idealismus und mutigerem Engagement, die Möglichkeit zu einem effektiveren Erlebnis eröffnet hätten. Gerade der unausgegorene Rahmen einer modernen Schule für Exorzismus ist eben so ein Ansatz. Wobei dann die Quelle mit Weihwasser schon wieder über das Ziel hinausschießt.

Die Inszenierung schwankt unsicher zwischen dem Versuch einer lockeren Neuausrichtung, und der stringenten Verfolgung von beliebten Versatzstücken. Das sitzen Priester und Nonnen nach Feierabend, sofern es das überhaupt in diesen Berufszweigen gibt, in Freizeitklamotten zusammen, was nicht unbedingt den Vorstellungen unbedarfter Zuschauer entspricht. Dafür wird immer wieder Virgina Madsen als Dekanin der Schule ins Bild gebracht, um anstatt mit Handlung in vorgeschobenen Dialogen dem Publikum diverse Wissenslücken schließt.

Prey for Devil 2 - Copyright LIONSGATE

 

Verdrehte Körper jenseits jeder physikalischen Möglichkeit, weiß überschminkte Fratzen mit blutigen Striemen, und Kinder die mit tiefen, verzerrten Männerstimmen böse Dinge sagen. Daran spart THE DEVIL’S LIGHT nicht. Regisseur Daniel Stamm zitiert sich dann auch noch selbst, wenn er mit der besessenen Natalie in einer Einstellung das Postermotiv seines ersten Exorzismus-Films LAST EXORCISM nachstellen lässt.

Ohnehin beschränken sich die dargestellten Riten meist auf in die Kamera gehaltene Kreuze, und wütende Dämonen in Menschengestalt. Einer realistischen Methodik verweigert sich der Film. Was das große Vorbild so schockierend macht, wird hier auf seine Schauwerte reduziert. Es gibt keinen Ansatz, sich ernsthaft und auch mit Respekt diesem Phänomen anzunähern, welches noch heute realer Bestandteil im religiösen Glauben ist.

Während sich Nonnen sonst nur um die eingesperrten Besessenen kümmern, werden die Priesteranwärter im Exorzismus ausgebildet. Wegen ihrer zügellosen Neugierde und ihres Einfühlungsvermögens, bekommt Schwester Ann als einzige Frau eine Chance im Lehrsaal. Darauf hat der Dämon ihrer Mutter gewartet. Jaqueline Beyers lässt erkennen, dass sie die Rolle vielschichtiger ausführen könnte. Aber Daniel Stamm reduziert ihren Charakter auf das Notwendigste, obwohl die dünne Handlung mehr vertragen hätte.

Effektiv ist die Kameraführung in den verhaltenden Gruselmomenten, wenn zum Beispiel undefinierbare Schatten und Silhouetten hinter den Darstellern auftauchen und wieder verschwinden. Ansonsten zeigt sich Denis Crossan in der Bildgestaltung ziemlich einfallslos, wodurch sich bemühte Jump Scars früh genug ankündigen, um meist uneffektiv zu verpuffen. Atmosphäre soll dadurch generiert werden, dass Räume und Gänge die im richtigen Leben gut beleuchtet sein sollten, nur dämmrig akzentuiertes Licht bekommen. Und das ist zu wenig um Stimmung zu erzeugen.

Daniel Stamms Inszenierung von THE DEVIL’S LIGHT kann als Horrorfilm gerade einmal die Grundbedürfnisse von Genre-Fans erfüllen. Uninspiriert und nur auf handelsübliche Versatzstücke konzipiert, wird er für manche dieser Genre-Fans aber auch sehr schnell zum Ärgernis. In Erinnerung wird vielleicht Jaqueline Beyers Make-up und Kostüm bleiben, dass die Darstellerin in Erscheinung treten lässt, als ob sich während der Dreharbeiten niemand um sie gekümmert hätte.

Prey for Devil 1 - Copyright LIONSGATE

 

Darsteller: Jaqueline Beyers, Virginia Madsen, Christian Navarro, Colin Salmon, Nicholas Ralph, Ben Cross. Lisa Palfrey u.a.
Regie: Daniel Stamm
Drehbuch: Robert Zappia
Kamera: Denis Crossan
Bildschnitt: Tom Elkins
Musik: Nathan Barr
Produktionsdesign: Jonathan McKinstry
USA / 2022
93 Minuten

Bildrechte: LIONSGATE
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