– Bundesstart 14.04.2022
Ein Elite-Soldat wird unehrenhaft aus dem Dienst entlassen, weil er sich nicht genehmigte Schmerzmittel spritzte. Wegen einer im Einsatz zugezogenen Knieverletzung hätte er seinen Dienst nicht angemessen weiterführen können, und jetzt hat ihn eine Routineuntersuchung auffliegen lassen. Eine bittere Ironie aus dem Dienst auszuscheiden, weil man eigentlich weiterhin seinem Vaterland angemessen dienen wollte. Einer wie er, wie James Harper, Familienvater mit einem Sohn, ist auf dem freien Markt beliebt. Im gehobenen Sicherheitsdienst, manchmal als Bodyguard, oder für zivile Einsatzgruppen die geheime Militäroperationen ausführen. Letzteres würde zumindest auch dem Heimatland dienen. Davon abgesehen, dass James Harper und seiner Familie die ganz gewöhnlichen Schulden über den Kopf wachsen.
Mike war schon lange vor James aus der Army ausgeschieden, und kennt die zivilen Alltagssorgen um das Wohl der Familie. Auf einer Beerdigung treffen sich die verlässlichen Kampfgefährten zufällig wieder, und James bekommt das Angebot für einen zivilen Unternehmer zu arbeiten, der inoffiziell für das US-Militär arbeitet. Das ist natürlich der Stoff aus dem Filme nach Blaupause gemacht sind. Ohne diese lausige Entschuldigung einer Geschichte wäre der jährliche Ausstoß von Action-Filmen nur halb so hoch.
Tarik Salehs Film verspricht anders zu sein. Wie Drehbuchautor J.P. Davis, ist auch Saleh relativ selten, und mit nur wenigen Arbeiten im Geschäft. In sporadischen Rückblenden ohne klärende Dialoge wird James‘ Verhältnis zur Army vermittelt. Er hat also eine Last zu tragen, die weiter zurück liegt als sein eigenes Engagement für das Land. Chris Pine hat sich schon lange als Charakter-Darsteller bewiesen, was ihm allerdings in viel zu wenig Rollen angeboten wird. Und der Ex-Soldat der zwischen Verzweiflung und Wahrung seiner Männlichkeit schwankt trifft in Pines Darstellung den Nerv des Zuschauers.
Aber der Zuschauer wartet wieder einmal vergeblich darauf, endlich einen Film mit durchweg wahren Freunden zu sehen. Wann kommt endlich der Film mit ähnlicher Prämisse, wo der Auftraggeber kein hinterhältiger Betrüger ist. Wo bleibt der Film, wo der beste Freund des Helden nicht unvermittelt zum Verräter wird. Warum bekommen wir auch hier nicht die Geschichte, wie sie sich im richtigen Leben tatsächlich anspielen würde? Ja, Spoiler, weil es THE CONTRACTOR nicht besser verdient hat.
Nach einer starken und vielversprechenden ersten halben Stunde, und einer relativ spannenden zweiten halben Stunde, zerfällt der Film in einige massive Unzulänglichkeiten. Denn was er mit Verrat als Handlungselement und einem niederträchtigen Schurken einfließen lässt, ist vollkommen unnötig. Es ist am Ende sogar irrelevant. Selbst wenn die Macher schon im Vorfeld im Sinn hatten eine Filmreihe zu etablieren, ist dieser abgedroschene Handlungsverlauf überflüssig. Mehr noch – man bringt sich um zwei der drei einzigen Schauwerte, Ben Foster und Kiefer Sutherland. Wer es sich ansieht, wird verstehen.
Mit gerade zwei Action-Sequenzen steht THE CONTRACTOR weit hinter dem, was er eigentlich in der zweiten Hälfte vorgibt sein zu wollen. Diese Settings sind eher zweckerfüllend, und weit entfernt originell inszeniert zu sein. Im ersten Stück glänzt wieder die Ignoranz vieler amerikanischer Produktionen, unbedingt ein deutsches Setting haben zu wollen, sich aber nicht einmal um die wichtigsten Details zu kümmern. Inmitten eines Feuergefechtes, alle haben um sich schießend ihre Fahrzeuge längst verlassen, fordert eine deutsche Polizeistimme lautstark die kämpfenden Amerikaner sollten aus den Autos aussteigen und ihre Hände hoch nehmen.
Die erste Sequenz kommt noch durch unfreiwillige Komik ins Wanken. Der Showdown ist dann inszeniert als ob wütende Rednecks eine Bar aufmischen wollten, und nicht Elite-Soldaten mit einem eine strategischen Plan eine Miliz. Alles in allem ist THE CONTRACTOR auf mittlerem Maße unterhaltsam, aber aufregend ist etwas anderes, und seine anfänglich mitreißenden Momente verspielt er mit einem Plot, den so keiner sehen sollte. Warum manche Verleiher eine begrenzte Kinoauswertung in ausgewählten Ländern für angebracht hielten, während er in anderen Länder gleich auf Amazon Prime ausgewertet wird, bleibt wohl ein betriebswirtschaftliches Geheimnis.
Darsteller: Chris Pine, Gillian Jacobs, Sander Thomas, Ben Foster, Kiefer Sutherland, Eddie Marsan, Fares Fares u.a.
Regie: Tarik Saleh
Drehbuch: J.P. Davis
Kamera: Pierre Aïm
Bildschnitt: Theis Schmidt
Musik: Alex Belcher
Produktionsdesign: Roger Rosenberg
USA / 2022
103 Minuten