MINIONS The Rise Of Gru
– Bundesstart 30.06.2021
Jemand könnte auf die Idee kommen, dass die Serie an Film um Gru und seine Minions einfach nicht abreißen will. Tatsächlich wird man seit über 2 Jahren immer mit demselben Film konfrontiert. Das Covid-Opfer ist zum Gewinner geworden, bei dem die Produzenten das Ausweichen auf Streaming-Plattformen ablehnten. Damit ist MINIONS: THE RISE OF GRU mit circa 30 Monaten einer der am längsten beworbenen Filme, vom ersten Trailer bis zur Premiere. Ob sich diese Warterei gelohnt hat, ist eine eher ideologische Frage. Ein einigermaßen gefülltes Kino in dem die unter Zehnjährigen hysterisch kreischen und die erwachsenen Begleiter sich gleichermaßen lautstark vergnügen, spricht wohl dafür, dass es sich gelohnt hat. Warum das dumme Universal-Marketing diesen bescheuerten Titel wählt, wird sicherlich nicht aufgeklärt. Aber bekanntlich haben die Minions den Mini-Boss bereits im ersten Teil der Prequel-Reihe gefunden.
Als die Superschurken-Gruppe Vicious 6 ihren Anführer Knöchelknacker verliert, sieht der elfjährige Gru eine Chance seinen Lebenstraum zu erfüllen. Als angehender Superhalunke bewirbt er sich um den freien Platz bei der Gruppe von Bösewichtern. Die kaltschnäuzige Absage trifft Gru zuerst hart. Um sich zu behaupten, klaut er den Vicious 6 ein mysteriöses Amulett mit scheinbar magischen Kräften. Da bedarf es schon der geballten chaotischen Energie aller Minions, ihrem Mini-Boss zu schützen und zu unterstützen.
Die Handlung ist tatsächlich so simpel wie sie sich anhört. Da steht auch dieser Film den vier vorangegangenen Kinoabenteuern in nichts nach. Grundsätzlich muss das kein Nachteil sein, schließlich wurde die Reihe nicht wegen raffinierter Erzählstrukturen zum Familienliebling. Klein, gelb, oval, eigenartige Sprache, und vor allem unverwundbar. Doch mit dem anarchischen Tohuwabohu der Minions verhält es sich wie mit einem sechsten Teil von Dinosaurier-Filmen. Man sieht es gerne, hat aber alles schon gesehen.
Unter den Produzenten Chris Meledandri und Janet Healy, die bislang für die ganze ICH, EINFACH UNVERRBESSERLICH Welt verantwortlich sind, ist auch dieser Filme mit dem Charme der bisherigen Werke gesegnet. Was ihnen ja zwischendurch mit den unausgegorenen SECRET LIFE OF PETS-Filmen nicht wirklich gelungen war. Mit nur 87 Minuten ist RISE OF GRU der kürzeste der fünf Teile, was ihm aber auch außerordentlich gut tut.
Die kurze Laufzeit hält das Tempo hoch, und überdeckt gleichzeitig den fehlenden Tiefgang in der Geschichte. Hat Pixar immer noch den Anspruch von substanzieller Auseinandersetzung, bleibt Chris Meledandri Zeit seiner Gründung von Illumination Entertainment, im Wesentlichen auf reine Unterhaltung fokussiert. Und mit den episodenhaften Handlungselementen der Minions können durchaus Filme mit Kurzweil und hohem Spaßfaktor gefüllt werden.
Das Kreativteam ist sozusagen Stammpersonal, welches sich in diversen Konstellationen bei allen fünf Filmen findet. Die Animationen gehen weniger ins Detail als bei Produktionen der Mitbewerber, aber die künstlich generierte Kameraführung und die Lichtgestaltung schaffen herrlich atmosphärische Sequenzen. Die Kung-Fu Schule und der Flughafen sind wunderbare Beispiele. Und mit der intensiven Farbgebung, ködern die Macher nicht nur die kleinen Zuschauenden.
Zudem gestalten die Regisseure das Finale angenehm knapp, aber im gewohnten Tempo. Der Hang zum epischen Showdown mit mehrerlei Enden hat auch im Familienfilm Einzug gehalten, dem sich allerdings Gru und seine Minions dankenswerterweise verwehren. Wovon die kreativen Köpfe aber nicht ablassen wollen, ist die zeitliche Einordnung. RISE OF GRU spielt 1976, und mit allem was Ton, Bild und Wort hergibt, wird immer wieder darauf verwiesen.
Das Zeitkolorit ist definitiv das Ding für die begleitenden Eltern oder Großeltern, und dient auch als geniale Ablenkung, sollte sich jemand als Erwachsener handlungstechnisch unterfordert fühlen. Aber die geballte Kompetenz der Macher sollte für zukünftige Teile wirklich mehr Augenmerk auf etwas Maß von intellektuellem Anspruch und charakterliche Tiefe legen. Wer damals bei ICH, EINFACH UNVERBESSERLICH mit sechs Jahren einstieg, ist heute achtzehn Jahre alt. Das Publikum wächst mit dem Franchise.
Solange sollte man genießen, was mit MINIONS: THE RISE OF GRU geboten wird. Es ist ein turbulenter Spaß, der mit anarchischer Freude zu unterhalten versteht. Es sind eben die Minions, und wann haben die schon einmal enttäuscht? Mit ihrer Ignoranz gegenüber Vernunft, tun es Kevin, Bob, Stuart und Otto auch hier gewiss nicht.
Stimmen:
Gru – STEVE CARELL / Oliver Rohrbeck
Wilder Knöchelknacker – ALAN ARKIN / Thomas Gottschalk
Disco Donna – TARAJI P. HENSON / Dela Dabulamanzi
Jean-Klaue – JEAN-CLAUDE VAN DAMME / Bastian Baker
Nonnchaku – LUCY LAWLESS / Larissa Marolt
Meisterin Chow – MICHELLE YEOH / Meylan Chao
Eisenfaust – DANNY TREJO / Tilo Schmitz
Skandinator – DOLPH LUNDGREN / Oliver Stritzel
Biker – RZA / Matti Klemm
Grus Mom – JULIE ANDREWS / Kerstin Sanders-Dornseif
Dr. Nefario – RUSSELL BRAND / Patrick Winczewski
Silas Ramspopo – STEVE COOGAN / Bernd Egger
Mr. Perkins – WILL ARNETT / Axel Lutte
Regie: Kyle Balda, Brad Ableson, Jonathan del Val
Drehbuch: Brian Lynch, Matthew Vogel
Bildschnitt: Claire Dodgeson
Musik: Heitor Pereira
Songs: Pharrell Williams
USA / 2022
87 Minuten