DOG
– Bundesstart 19.05.2022
Sondervorstellung in der Preview-Reihe „Ladys & Friends“, Cineplex
Filme über störrische Hunde und die Beziehung zu eigenwilligen Menschen scheinen unüberschaubar, sind sie doch einfach herzallerliebst. Selbst wenn es auch schon wieder sieben Jahre her ist, hat man dennoch umgehend wieder MAX in Erinnerung. Da entriss Filmemacher Boaz Yakin dem tierischen Armeehelfer Max sein Soldaten-Herrchen, und der dadurch traumatisierte Hund entging nur mit viel Verständnis und Zuneigung seiner tödlichen Injektion. Max war im Übrigen ein Belgischer Schäferhund, die bevorzugte Rasse bei der US-Armee. Genau wie Lulu, die Heldin aus Channing Tatums DOG. Das Drehbuch schrieb eigentlich Reid Carolin, der auch die Regie übernahm. Aber gleichberechtig zu Carolin beteiligte sich auch Tatum für sein Regie-Debut an der Inszenierung. Und letztendlich ist es auch Tatums Film, weil er durch die sehr persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen mit seinem eigenen Hund, das Drehbuch geschrieben haben wollte, und die Produktion als Produzent voran trieb.
Rein inszenatorisch arbeitet sich der Film entlang der bekannten dramaturgischen Eigenheiten. Technisch zeigt er sich dabei als Paradebeispiel für erstklassiges Mainstream-Kino. Thomas Newton Sigels passgenaue Kameraführung, die bildlich alle emotionale Stimmungen perfekt unterstützt. Leslie Jones tadelloser Schnitt der sich zwar nicht durch Eigenwilligkeit auszeichnet, aber keinerlei Kontinuitätsfehler erlaubt. Und wie gewohnt, Thomas Newman mit einem harmonisch unterstreichenden Soundtrack, unterstützt von einer Auswahl eingängiger Songs.
Der unter posttraumatischer Belastungsstörung leidende Army Ranger Jackson Briggs versucht unablässig wieder in den aktiven Dienst integriert zu werden. Seines Gesundheitszustandes wegen, werden seine Anträge ebenso beständig immer wieder abgelehnt. Bis sein ehemaliger Kamerad Riley verstirbt, der als Hundeführer mehrere Einsätze mit Jackson durchlaufen hat. Ein Weg zur Rehabilitation wäre, Rileys schwer traumatisierten Armee-Hund zu der 1500 Meilen entfernten Trauerfeier zu bringen. Denn Hund Lulu (gespielt von Britta, Luna 5 und Zuza) verweigert das Fliegen, und zu gehorchen.
Wie bereits bei Yakins MAX, zeigt auch DOG eine absurd anmutende Situation aus Vorschriften und Traditionen. Das gerade beim Militär ausgerechnet einem Tier soviel Ehrerbietung zuteil wird, diesem einen Orden verleiht (das Purple Heart, für Verwundung im Einsatz), es unter größtem Aufwand an der Beerdigung des Hundeführers teilnehmen lässt, dann aber das Tier danach einschläfert, weil es unbberechenbar wurde. Man kann es einfach nicht schön reden, dass MAX und DOG ein identisches Narrativ haben und viele vergleichbare Szenen teilen.
Aber DOG versucht einen anderen Weg zu gehen. Es ist schwer zu übersehen, das Hauptdarsteller, Produzent und Regisseur Channing Tatum eine sehr persönliche Reise reflektiert, die er mit seiner eigenen Hündin Lulu gegangen war, um Abschied zu nehmen als ihre Lebenszeit absehbar begrenzt wurde. Was nicht klar wird, wie die anderen Story-Elementen einzuordnen sind. Da ist das Drama um den Charakter Jackson Briggs, und das abgesetzte Dilemma um das Schicksal des Filmhundes Lulu, dann aber auch die beliebte Komödie einer Mensch-Tier-Beziehung.
Die beiden Regisseure wollen keinen seichten Film präsentieren, sie möchten aber auch nicht zu schwer und dramatisch werden. DOG möchte sehr viel vermitteln, aber in keinem seiner vielen Elemente gibt er genug. Die Komödie ist eher oberflächlich, manche Szenen generieren mildes Kichern, aber selten herzliches Lachen. Die Tatsache das beide Figuren, Lulu wie Jackson, unter posttraumatischen Stress leiden, ist nicht wirklich homogen ineinander verschränkt. Das Leid der Figuren beißt sich oft mit den humoristischen Einlassungen.
Dann ist die Beziehung zwischen beiden eher wie ein Ping-Pong-Spiel inszeniert, in dem das gelöste Problem des einen, zu einem zu bewältigenden Problem des anderen abgibt. Diese Probleme lassen sich dann aber wieder all zu leicht bewältigen. Die Handlungsstruktur bedient sich vieler kleiner Episoden, anstatt einen ausgereiften Bogen zu spannen. Dabei geraden die letzten zehn Minuten aus dem Ruder, weil das Ende mit einem absolut falschen dramaturgischen Ansatz inszeniert ist.
Allerdings ist es bei einem derartigen Film mit einer solchen Geschichte schwer, neue oder originelle Konzepte zu finden, wenn die Geschichte schon so explizit vorgeben wird. Das ginge absolut in Ordnung, wäre es nicht so auffällig, wie die Macher ganz bewusst jedes Risiko bei Struktur und Ideen vermeiden. Was DOG letztendlich sympathisch und dann eben doch sehenswert macht, sind seine beiden starken Hauptdarsteller (Britta hat laut Pressenotiz 80% von Lulus Szenen gespielt). Tatum und Britta sprechen das Publikum einfach an. Mit ihnen könnte DOG viel mehr sein, als ihm durch sein zögerliches Drehbuch und die vorsichtige Regie zugestanden wird. Der Film hat nichtsdestotrotz diesen einnehmenden Charme, der ihn interessant macht.
Darsteller: Channing Tatum, Jane Adams, Kevin Nash, Q’orianka Kilcher, Ethan Suplee, Emmy Raver-Lampman, Nicole LaLiberte, sowie Luna 5, Britta & Zuza u.a.
Regie: Reid Carolin & Channing Tatum
Drehbuch: Reid Carolin
Kamera: Newton Thomas Sigel
Bildschnitt: Leslie Jones
Musik: Thomas Newman
Produktionsdesign: Laurence Bennett, Thomas P. Wilkins
USA / 2022
101 Minuten