DEATH OF A LADIES‘ MAN

Death of a Ladies Man - Copyright MFA Distribution– Bundesstart 07.04.2022

Als ständige Begleiter in Sam O’Sheas Leben sind nur Alkohol und Leonard Cohen geblieben. Leonard Cohen deshalb, weil dieser wohl auch in Filmemacher Matt Bissonnettes Leben ein beständiger Begleiter zu sein scheint. In drei von seinen bisherigen vier Filmen, ist der Poet und Songschreiber eingebunden. In DEATH OF A LADIES‘ MAN schon ein bisschen aufdringlich. Bei sieben prominent platzierten Liedern, war die künstlerische Entscheidung wohl eine aus Leidenschaft. Und in seiner Leidenschaft hat sich Bissonnette auch ein bisschen verloren, wenn er das Leben des gealterten Literatur Professors Sam seinem Publikum nahe bringen will. Sein Film ist erstaunlich kurzweilig, und mit 100 Minuten ohnehin respektabel auf vernünftiger Länge gehalten. Aber DEATH OF A LADIES‘ MAN lässt eine einheitliche Struktur vermissen.

Warum ihn seine zweite Frau betrügt, ist schwer zu sagen. Es könnte mit dem ausgiebigen Alkoholkonsum in Verbindung stehen, mit dem Sam seine, wie man so schön sagt, besten Tagen betrauert. Seine erste Frau, und gleichzeitig einzig wahre Liebe, will wieder heiraten, und die beiden Kinder sind fast erwachsen. Was bleibt ihm da noch, außer ein Gigant an Hirntumor und seine damit einhergehenden Halluzinationen. Als Literatur Professor ein Buch über seine Lebenserfahrung zu schreiben, liegt da am nächsten.

Der filmische Aspekt lässt für einen Autorenfilm erstaunlich viel zu wünschen übrig. Jonathon Cliff war bei PASSENGERS SIDE schon für die Bildgestaltung verantwortlich, Bissonnettes Film der bereits 2009 gemacht wurde. Die vielschichtigen Möglichkeiten diese Geschichte zu erzählen, hätte auch wunderbare Spielereien mit der Kamera ermöglicht. Aber Cliff reduziert sich leider nur auf das Wesentliche, womit sich der Regisseur um die Chance bringt, das Geschehen nicht nur optisch zu erweitern.

Das der Film noch in drei Kapitel unterteilt ist, bleibt von geringer Bedeutung, weil Matt Bissonnette seine Geschichte sehr geradlinig erzählt. Eine tonale Unterscheidung in der Inszenierung ist dabei nicht zu erkennen, lediglich die inhaltlichen Schwerpunkte werden definiert, was sich aber ohnehin von selbst erklären würden. Technisch und strukturell ist LADIES‘ MAN eher Schonkost, und wird weitgehend von seinem starken Hauptdarsteller getragen.

Death of a Ladies Man 1 - Copyright MFA Distribution

 

Durch seine charismatische Präsenz ist Gabriel Byrne bisher immer seinen Rollen gerecht geworden, was letztendlich auch LADIES‘ MAN interessant macht. Man erkennt in ihm den Frauenheld der er einst gewesen sein mag, aber auch die Verletzlichkeit in seiner Figur, die sich eingestehen muss die besten Tage hinter sich zu haben. Was man der Person Byrne ohne weiteres glaubt, ist seinem Charakter etwas abträglich. Nämlich die fehlende Reflektion seiner unbekümmerten Sauferei.

Denn der Film schafft es nie klar zu stellen, welche Sichtweise der Zuschauer einnimmt. Ob Sams lässiger Umgang mit Alkohol und die halbherzige Reaktion seines sozialen Umfeldes eine Phase der Selbstverleugnung ist, oder ob seine bedenkliche Situation seinen Nahestehenden tatsächlich derart schmerzlich egal ist. Das alles mischt sich noch mit den durch den Tumor ausgelösten Halluzinationen, womit der Film endlich aus den Zwängen des stringenten Dramas ausbricht.

Wirklich zusammenfügen kann Bissonnette das Ganze nicht. Für Sam ist jedes Fiasko eine Herausforderung für sich, wirklichen Einfluss nehmen die Situationen aber nicht aufeinander. Es ist eher wie eine Abfolge von Schicksalsschlägen in denen das große Ganze in Sams Leben abhanden gekommen zu sein scheint. Dem ist eigentlich nicht so, weil immer noch Fragen in seinem eigenen Leben offen sind, und die ständigen Zwiegespräche mit seinem längst verstorbenen Vater nicht weiter führen.

Wie in unzähligen anderen Filmen auch, drückt sich Sams Vater wortgewandt vor Antworten, die Sam selbst nicht beantworten kann. Schließlich ist die Erscheinung lediglich ein Abbild von Sams eigenen Gedanken. Das wurde anderorts schon interessanter inszeniert. So eindringlich Gabriel Byrne auch spielt, stockt der Film letztendlich immer wieder an fehlender Originalität. Und eine inhaltliche Verbindung zu Leonard Cohens Song, nachdem der Film eigentlich betitelt ist, kann man nur mit sehr viel Einfallsreichtum herstellen.

Eine weibliche Bedienung mit männlichen Bodybuilder-Körper und Tigerkopf, oder feuerspeiende Drachen über der Stadt sind durchaus witzige Einfälle für Sams Halluzinationen. Aber leider nicht genug, um eine relativ gewöhnliche Geschichte aus dem erzählerischen Mittelfeld zu heben. Das Sam Trugbilder letztendlich am deutlichsten in Erinnerung bleiben, kann nicht Matt Bissonnettes Intention für DEATH OF A LADIES‘ MAN gewesen sein.

Death of a Ladies Man 2 - Copyright MFA Distribution

 

Darsteller: Gabriel Byrne, Jessica Paré, Brian Gleeson, Antoine Olivier Pilon, Karelle Tremblay, Pascale Bussières u.a.
Regie: Matt Bissonette
Drehbuch: Matt Bissonette, Bobby Theodore
Kamera: Jonathon Cliff
Bildschnitt: Matt Lyon
Musik: Stephen Rennicks
Ausstattung: Tracey O’Hanlon
Kanada – Irland / 2020
100 Minuten

Bildrechte: MFA+ FilmDistribution
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