BULLET PROOF

Bullet Proof - Copyright METEOR FILMa.k.a. DEATH PURSUIT
– Bundesstart 25.08.2022

Eine vermummte Gestalt springt Deckung suchend über einen riesigen Schrottplatz. Zwei Männer werden da gerade von finster aussehenden Typen hingerichtet. Die Gestalt hat einen Seesack voller Geld. Im Gegenlicht der untergehenden Sonne nimmt sich die Gestalt die Mütze vom Kopf. Unser Held der noch kommenden 75 Minuten. Er flüchtet in einen Wagen, lächelt, will sich eine Zigarette anzünden, und cruised mit diesem Lächeln über den Schrottplatz, als würde er den Feierabend genießen wollen. Das ist auch der Grund warum ihn die finsteren Typen auch ohne weiteres erwischen, auf ihrem eigenen Territorium. Und dann wird geprügelt, geschossen und gefahren. Und jeder der harten Kerle verhält sich, wie sich nie jemand in einem Action-Film verhalten würde.


Geneigte Zuschauende müssen nur diese erste Sequenz etwas genauer betrachten, um zu begreifen, auf was sie sich da eingelassen haben. Es ist nicht erbaulich, dafür sehr traurig. Das man in dieser Art von Film keine psychologischen Tiefen ausloten will, ist klar. Und dass in dieser Art von Film eine raffiniert verschachtelte Handlung nicht zwingend ist, versteht sich von selbst. Obwohl beides natürlich sehr schön wäre, Anspruch beweisen würde, und das Publikum sich freuen könnte.

Freuen kann sich das Publikum auf Ex-Fußballer Vinnie Jones, der mit Guy Ritchie beim Film durchstartete, und seitdem die gleiche Rolle spielt. Nur bedarf es eines guten Regisseurs, um diese immer gleiche Masche an brutaler Rücksichtslosigkeit und finsterem Mienenspiel ansprechend und unterhaltsam zu machen. Und Regiedebütant James C. Clayton ist eben nicht dieser Regisseur, der die Genre-Konventionen originell umzugestalten versteht.

Obwohl das ganze Marketing auf Vinnie Jones ausgelegt ist, ist hier Thief – der Dieb – Hauptakteur, dem nach erfolgreicher Schlacht und Flucht vom Schrottplatz die schwangere Mia aus dem Kofferraum springt. Sie ist die Frau von Temple, dem Boss einer Bande mit undefinierter Richtung, und trägt dessen Sohn. Es kommt wie es man es erwartet, schließlich hat dies jeder Filmfreund schon zur Genüge gesehen. Was grundsätzlich nicht verkehrt sein muss, wenn man weiß was man tut.

Ryan Petey an der Kamera und Zack Steele beim Schnitt wissen genau was sie tun. Da fliegt die Kamera förmlich und auch buchstäblich durch, um und über das Szenario. Peteys Bildgestaltung hat eine einnehmende Dynamik, was Steele mit Schnitt und starkem Gespür für Tempo tadellos in Form bringt. Nur die Regie scheint nicht zu wissen was sie tut. Die Mehrzahl der Einstellungen wirft die Frage auf, ob sie improvisiert ist, oder wirklich nur erbärmlich inszeniert.

Bullet Proof 2 - Copyright METEOR FILM

 

Die Protagonisten machen unablässig Dinge, die keinen Sinn ergeben, oder verhalten sich als wären sie überhaupt nicht in einem Action-Film. Menschen erscheinen im Bild, die da eigentlich nicht sein dürften. Offensichtliche Gefahren werden ignoriert. Wer kämpferisch klar im Vorteil ist, wird ohne ersichtlichen Grund überwältigt. Zwischen überzeugender Kameraarbeit und temporeichem Schnitt weiß James C. Clayton nichts mit seinen Darstellern oder dem Setting als solchem etwas anzufangen.

Da Produzent und Regisseur Clayton sich selbst als Hautdarsteller besetzt hat, verschwimmen die eigentlichen Ambitionen hinter diesem Film. Bei einem Sylvester Stallone mag das auf ähnliche Weise funktioniert haben, aber ROCKY war einfach anders. Er war ehrlich, zum eigenen Thema, mit seinen Figuren, an den Zuschauer. Cooper Bibaud und Danny Mac haben das Drehbuch geschrieben, und sich selbst mit Rollen beschenkt, die erinnerungswürdig sein sollen. Ehrlich ist an BULLET PROOF nichts.

Gerade wenn man sich bei allen möglichen Klischees oder filmischen Vorbildern bedient, sollte man eine eigene Sprache finden. Der ‚Running Gag‘ mit dem Namen richtigen Namen des Thief ist ein exzellentes Beispiel, wie man diese eigene Sprache eben nicht finden wird. Die klare Reminiszenz an die namenlosen Anti-Helden wie in DRIVER wird zum albernen Kalauer. Dann bedient sich Komponist Benjamin Peever am Tangerine Dream Soundtrack zu Michael Manns THIEF – DER EINZELGÄNGER, aber als Hommage wird das nicht kenntlich.

Eigentlich könnte man sagen, BULLET PROOF bietet Nonstop Action. Wenn sie nicht so furchtbar traurig inszeniert wäre. Die ganze Zeit über zeigt der Film das Potential, was möglich gewesen wäre. Aber jede vielversprechende Sequenz zerplatzt gleich einer Seifenblasen an ihren inszenatorischen Unzulänglichkeiten, und dem Unvermögen den stereotypen Figuren eine interessante Nuance zu verleihen. Da schielt man nach den professionellen Vorbildern und scheitert schon an den Bemühungen.

Die Hauptfigur Thief glaubt von einem Wagen verfolgt zu werden, weil der ihm mehrere Blocks am Heck klebt, verliert ihn dann aber aus den Augen. Als er dann wieder zum Versteck fährt, steht genau dieser Wagen vor dem Gebäude. Würde dann ein Held, nachdem er noch die Motorhaube dieses Wagens gestreichelt hat, ohne Waffe vollkommen unbedarft in das Gebäude gehen, und dann noch überrascht sein, wenn er von den Bösen überwältigt wird? In BULLET PROOF macht der Held sowas. Alle Protagonisten machen solche furchtbar dummen Sachen in BULLET PROOF, die ganze Zeit. Da wartet der Zuschauer vergeblich, dass Vinnie Jones schreit, „stoppt die Probe! Lasst uns nochmal über das Drehbuch reden!“

Bullet Proof 1 - Copyright METEOR FILM

 

Darsteller: Vinnie Jones, James Clayton, Lina Lecompte, Danny Mac, Cooper Bibaud, Glenn Ennis, Lori Triolo, Philip Granger, Janvier Katabarwa u.a.
Regie: James Clayton
Drehbuch: Cooper Bibaud, Danny Mac
Kamera: Ryan Petey
Bildschnitt: Zach Steele
Kanada / 2022
81 Minuten

Bildrechte: METEOR FILM
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